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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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501<br />

Eine bis jetzt kaum zu überwindende Aengstlichkeit im Reden bei feierlichen Gelegenheiten<br />

nöthigt mich um gnädige Dispensation von der zu haltenden Rede ehrerbietig<br />

nachzusuchen, und um Erlaubniß zu bitten, die beiden Abhandlungen die ich als Programm<br />

und Rede geschrieben habe, vereint zum Antritt meiner außerordentlichen Professur<br />

drucken zu lassen. 1262<br />

Offenbar war es üblich, durch ein gedrucktes Programm auf eine Antrittsvorlesung<br />

hinzuweisen. Osianders gestörte Kommunikationsfähigkeit bei öffentlichen<br />

Anlässen, die schon einige Male zu registrieren war, ist wahrscheinlich die entscheidende<br />

Ursache dafür, dass seine weitere berufliche Karriere hinter seinen<br />

eigenen Erwartungen und denen seiner Umwelt zurückbleiben sollte. Ein Professor<br />

hatte sich nicht nur als Forscher und Schriftsteller sondern auch im Hörsaal<br />

als Kommunikator von Wissenschaft zu beweisen. Die Reserve der Landesregierung<br />

angesichts des väterlichen Wunsches für eine Nachfolgeentscheidung ist<br />

daher verständlich.<br />

Osianders Antrittsvorlesung als ao. Professor erschien unter dem folgenden Titel:<br />

� In docenda et discenda medicina atque arte Obstetricia methodum activam potiorem<br />

in facienda expectationem saepe non alienam esse ostendit, et observationes<br />

quasdam de papillis mammarum numero et structura variis. Munus professoris<br />

medicinae extraordinarii in Academia Georgia Augusta adeundi causa. Communicat<br />

Ioannies Fridericus Osiander, Med. et Chir. Doctor; Musei Acad. i. e. sectionis<br />

Zoolog. et Ethnogr. Custos; Societas Reg. scient. Gott. Assessor; Societatumque<br />

Med. Erlangensis, Parisiens. et Montpelliensis Correspondens. Gottingae,<br />

Typis J. C. Baier, typogr. Acad. MDCCCXVI. [29 S.] 1263<br />

Die Schrift beschäftigt sich u. a. mit verschiedenartigen Konzeptionen für die<br />

Ausübung der Heilswissens und ihres Unterrichts. Unter dem Schlagwort: active<br />

und exspectierende Methode griff Osiander ein umstrittenes Thema auf. Zur Polarisierung<br />

im Bereich der Geburtshilfe hatte nicht zuletzt sein Vater mit seiner operativen<br />

und instrumentebetonten Ausrichtung beigetragen. Osiander jun. gab ebenfalls<br />

der aktiven Heilmethode für die Praxis und für den medizinischen Unterricht<br />

den Vorzug, und er tadelte das Bestreben, die Autokratie der Natur zum Prinzip<br />

der Therapie zu erheben und die Verwendung von Hilfsmitteln gering zu schätzen.<br />

In dieser Einstellung wird sich Osiander jun. später entschieden von der väterlichen<br />

Vorgabe lösen. Die im Buchtitel verzeichneten Mitgliedschaften in wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften lassen erkennen, dass Osianders wissenschaftliche<br />

Leistungen bereits in seinen frühen Jahren von angesehenen medizinischen Akademien<br />

gewürdigt wurden.<br />

Im folgenden Jahr hielt sich Osiander acht Monate in Wien auf, ein berühmter<br />

Schauplatz der Heilkunst und unter Lucas Boër der Vorort einer natürlichen Geburtshilfe.<br />

1264 Osianders Reisebericht erschien unter dem Titel:<br />

1262 UAG: Kur 4. IV. b. 45, Bl. 20.<br />

1263 Rezension in: GGA 1817, S. 1481 f.<br />

1264 Fehling (wie Anm. 1238), S. 2 f.

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