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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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894<br />

Wohl eine Voreingenommenheit des Dekans Eichhorn vermutend, wiederholte<br />

Kern sein Promotionsbegehren erst etwa ein Jahr später am 22. 7. 1803, als Dekan<br />

Tychsen seinen Dienst antrat. Wiederum legte er nur einen deutsch geschriebenen<br />

aber ungemein ausführlichen Antrag vor. Anstelle des Examens verwies er auf<br />

sein inzwischen gedrucktes Manuskript, das er aber nicht anlegte: die Fakultät<br />

könne das Werk in jeder soliden Buchhandlung erwerben. In seinem Antragschreiben<br />

kreidete er der Fakultät u. a. fehlerhafte und kleinmütige Entscheidungen<br />

in seinem Falle an. Es ist von einer arroganten Selbstüberschätzung getragen<br />

und mit provokativen Äußerungen gespickt. Er rügte z. B., dass die Fakultät einem<br />

Konrektor in einem benachbarten Städtchen ohne Examen und Disputation<br />

die Doktorwürde erteilt habe. Man mache also zum Doktor, wer einen netten Papagei<br />

abgiebt und das Gehörte und Gelesene erträglich aufsagen kann und einem Doctor der Doctoren<br />

sollen sie diesen Titel abschlagen? Die Deklaration als Doctor der Doctoren verrät eine<br />

unbeirrbare Selbsteinschätzung des Antragstellers. Kern verwies in puncto Examensforderung<br />

der Fakultät ihre Buchstabengläubigkeit gegenüber den Statuten.<br />

Ihn examinieren zu wollen, sah er als schülerhafte Erniedrigung an. Aus einem<br />

Examen könnten nur die Mitglieder der Fakultät belehrt herausgehen. Seine Publikation<br />

war in Kerns Augen ein hinreichender Qualifikationserweis: Besinne Dich<br />

Facultaet gerade zum Examen wurde ja eine Schrift eingereicht, examinir, examinirt!! Warum<br />

wird die Schrift zurückgeliefert, statt examinirt? Sein Buch stehe eine Stufe höher als ein<br />

Examen.<br />

Verdienste und nur Verdienste allein sollen und müssen gelten! Es ist besser, daß man<br />

sterbe, als daß man krieche.<br />

Kern lehnte daher auch alle äußere Nachhülfe wie Schmeicheleien und Gebühren ab.<br />

Rein sei das Interesse der Wissenschaften, u. edel und liberal die Behandlung derselben sowohl,<br />

als der Diener derselben! Für den Fall erneuter Ablehnung drohte der Idealist wahlweise<br />

mit dem Verlassen der Georgia Augusta, mit der Anrufung der Regierung<br />

und sogar mit Napoleon Bonaparte. 2541<br />

Miro ausu et rara arrogantia Doctoris philosophiae nomen ab Ordine non rogare sed<br />

extorquere conatus est Michael Kern,<br />

vermerkte Dekan Tychsen über diesen Akt der Erpressung in den Annalen der<br />

Fakultät als er Anfang Juli 1804 sein Dekanatsjahr abschloss. 2542 Die Philosophische<br />

Fakultät sah es unter ihrer Würde, Kern zu antworten und gab den Fall wegen<br />

Fakultätsbeleidigung an den Prorektor und das Universitätsgericht ab. Am 28.<br />

7. 1803 musste Kern vor diesem Gericht erscheinen. Der Prorektor verwies ihm<br />

sowohl die Absurditaet seines Begehrens […] als die Anzüglichkeiten insonderheit seines<br />

zweiten Schreibens nachdrücklichst. Es wurde ihm mit Verachtung zurückgegeben. Das<br />

2541 UAG: Phil. Dek. 87, Nr. 10. (Erheblicher Wasser- und Pilzschaden).<br />

2542 UAG: Phil. Fak. III., Bd. 1, S. 141.

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