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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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488<br />

Als Kritiker der Georgia Augusta spricht Brinkmann zunächst die Zurücksetzung<br />

an, die Georg August Spangenberg, o. Professor für Rechtswissenschaft (1764-<br />

1806) erfuhr. Nach Georg Christian Gebauers Tod hatte Spangenberg die Göttinger<br />

Edition des Corpus iuris civilis fortgesetzt. Brinkmann ist der Auffassung, Spangenbergs<br />

unbedeutende Besoldung habe dazu geführt, dass er und seine Familie<br />

elementare Lebensbedürfnisse nicht hinreichend befriedigen konnten. Das Unrecht,<br />

welches Spangenberg widerfahren, wird sich niemals ausgleichen lassen (S. 7). 1219<br />

Brinkmanns Sympathie für Außenseiter verrät auch die Bemerkung: Dichter erhalten<br />

keine Aufmunterung; der unvergeßliche Bürger ist in <strong>Göttingen</strong> fast verhungert (S. 10). Die<br />

gängige Kritik an der Einseitigkeit einer ausufernden Schriftstellerei Göttinger<br />

Professoren greift Brinkmann mit der Nebenbemerkung auf, daß sich die Göttingischen<br />

Professoren, wie wohl gesagt ist, an Kompendien zu Rittern schreiben (S. 10). Hugo –<br />

(einst) Ritter der westphälischen Krone – wird sich wahrscheinlich über diese<br />

Bemerkung geärgert haben. Karl Rosenkranz, Nachfolger Herbarts auf dem Lehrstuhl<br />

von Kant, wird 1840 die Georgia Augusta als Universität der citierenden Wiederkäuer<br />

charakterisieren, wobei er einen erklärenden Zusammenhang zwischen<br />

dem reichen Bücherbestand der Universitätsbibliothek und dem reproduzierenden<br />

Wissenschaftsstil mancher Nutzer herstellte. 1220<br />

Auf das politische Feld überwechselnd kritisiert Brinkmann zunächst die schäbige<br />

Behandlung des Franzosen Charles de Villers, o. Professor der Philosophie (1811-<br />

1814), durch die wieder etablierte kurhannoversche Landesregierung, und er moniert<br />

das wegduckende Verhalten der Georgia Augusta zu diesem Vorgang (S. 13-<br />

18). Diese Haltung der Universität hatte seinerzeit vor allem engagierte Göttinger<br />

Studenten und Privatdozenten befremdet. Einem Brief Friedrich Lückes an Jacob<br />

Grimm vom 4. 1. 1852 lässt sich entnehmen, dass Lücke als Repetent dem Verfemten<br />

die Leichenpredigt hielt:<br />

Ein interessanter Zug unsers Antigöttingianismus war unsere Verehrung gegen Villers<br />

und unsere Tapferkeit gegen die Feigheit fast aller hiesigen Professoren öffentlich aufzutreten,<br />

als der Mann von der Regierung gemißhandelt wurde. Sein Leichbegräbniß betrieben<br />

wir und machten es recht glänzend; ich hielt die Leichenrede, da kein Besserer<br />

da war. 1221<br />

Die Wendung Antigöttingianismus deutet an, dass Brinkmann mit seiner kritischen<br />

Haltung gegenüber dem Establishment der Georgia Augusta in seinen Göttinger<br />

Jahren nicht allein stand, sondern sich im Lager der oppositionellen jüngeren Ge-<br />

1219 Nähere Einzelheiten über Spangenberg im Kapitel 22. 4, das sich mit einem seiner Söhne, dem<br />

Privatdozenten Dr. med. Johann Georg Spangenberg – später Generalstabsarzt und Leibmedicus<br />

des Königs – beschäftigt. – Der verzweiflungsvolle Brief des Vaters vom 19. 10. 1801 weiter unten<br />

Seite 558.<br />

1220 Rosenkranz, Karl: Geschichte der Kant‘schen Philosophie. Leipzig 1840, S. 261.<br />

1221 Christophersen (wie Anm. 773), T. 2, S. 410. – Vgl. Krapoth, Hermann: Charles de Villers und<br />

die Universität <strong>Göttingen</strong>. In: Kern, Bärbel/Sickermann-Bernard, Monique/Krapoth, Hermann<br />

(Hg.): Charles de Villers (1765-1815). Mittler zwischen deutscher und französischer Kultur. <strong>Göttingen</strong><br />

1991, S. 41-51. – Ferner: Marino (wie Anm. 30), S. 21-25 u. ö. – Sander (wie Anm. 1166), S. 35 f.

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