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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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879<br />

Als die Konzeption und der enorme Umfang dieses Werkes sich deutlicher abzuzeichnen<br />

begannen, hat Bouterwek vergeblich versucht, den Autor von dessen<br />

Ausführung abzuhalten. Hinweise auf grundlegende Schwächen der Konzeption<br />

fruchteten nichts; Verweise auf Mängel der langatmigen Ausführung etwa von<br />

Reden und Gebeten hatten eher zur Folge, dass der empfindsame Dichter sich<br />

zurückzog. Er lebt vom Verlieben und geht Schattenbildern nach, hat sein Freund Josias<br />

Bunsen über Schulzes letzte Lebensjahre festgestellt. 2484<br />

Schulze begann im Januar 1813 mit dem ersten Gesang der Cäcilie. Er schonte<br />

seine Gesundheit nicht und verlor viel von seiner früheren Heiterkeit während der<br />

Erarbeitung des umfangreichen Werkes. Von dem etwa halbjährigen militärischen<br />

Intermezzo unterbrochen, nahm die Arbeit an diesem Versepos Schulze etwa drei<br />

Jahre in Anspruch. Er vollendete es dank der ihm eigenen Leichtigkeit des Versemachens<br />

im Dezember 1815 mit dem 20. Gesang. Schulze überbrachte die handschriftliche<br />

Fassung seiner zwanzig Gesänge den Eltern Cäciliens und erfüllte auf<br />

diese Weise sein arbeitsreiches Vermächtnis gegenüber ihrer toten Tochter. Bouterwek<br />

hat diese Fassung dem von ihm posthum herausgegebenen zweiteiligen<br />

Abdruck zugrunde gelegt. 2485 Im Unterschied zu den andern Werken Schulzes<br />

wird seine moderne Cäcilien-Legende in ihrer historischen Kostümierung und<br />

auch wegen ihres Umfangs bei Lesern unserer Tage nur auf ein begrenztes Interesse<br />

stoßen. 2486<br />

Schulzes poetisches Schaffen in der ihm verbleibenden kurzen Lebensspanne galt<br />

noch einem zweiten Versepos, das ebenfalls erst posthum erscheinen sollte. Im<br />

Unterschied zum Cäcilien-Epos wird es dem toten Dichter einen ungeahnten<br />

Erfolg bescheren und ihn europaweit bekannt machen. Auslöser war ein Ausschreiben<br />

des Leipziger Verlegers Brockhaus. In dem von ihm herausgegebenen<br />

Taschenbuch Urania lobte er im April 1816 für drei vernachlässigte Textgattungen<br />

einen Preis aus. Zu ihnen zählte auch die poetische Verserzählung. Schulze fühlte sich<br />

durch die ihm zusagende Aufgabe herausgefordert und dichtete in seinem letzten<br />

Lebensjahr sein handlungsarmes Rosenepos: die in eine Rose verzauberte Königstochter<br />

Klotilde wird durch das Lied des Sängers Alpino erlöst. In dessen abschließenden<br />

Versen spricht der Sänger der Rose – als der Schulze im 19. Jahrhundert<br />

bekannt wurde, – noch einmal seine unglückliche Liebe zu Cäcilie an:<br />

So ruht auch jetzt schon unter kühlem Moose,<br />

Die freundlich mir die kurze Lust verliehn,<br />

Und mir ist nichts aus jener Zeit geblieben<br />

Als nur dies Lied, mein Leiden und mein Lieben.<br />

Die rege Teilnahme am Preissauschreiben führte zu vielen Einsendungen, unter<br />

denen Schulzes Werk einstimmig der Preis zuerkannt wurde. Die Nachricht er-<br />

2484 Nippold (wie Anm. 1758), S. 45, Anm.<br />

2485 Zur Vorgeschichte des Cäcilien-Epos vgl. Bouterwek: Biographische Vorrede (wie Anm. 2418).<br />

Hier: S. XXIII f.<br />

2486 Müller: Buchausgaben (wie Anm. 2416), S. 63.

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