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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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878<br />

Homer war sein Lieblingsdichter, den er fast immer bei sich trug. 2478 Nach seiner<br />

Entlassung kehrte Schulze nach <strong>Göttingen</strong> zurück, wobei er auf dieser Wanderung<br />

Ende September 1814 seinen poesieträchtigen Weg durch das Wesertal nahm, der<br />

zu einem Gedichtzyklus führte:<br />

� Reise durch das Weserthal. In: Ernst Schulze`s sämmtliche poetische Schriften.<br />

Dritter Band. Leipzig: F. A. Brockhaus. 1819. [S. 205-220].<br />

Nach der Darstellung von Bouterwek wollte Schulze durch die Fortführung seiner<br />

Lehrtätigkeit in <strong>Göttingen</strong> auch seine Chancen auf eine Professur zu wahren. 2479<br />

Der einflussreiche Geheime Kabinettsrat August Wilhelm Rehberg hatte ihm<br />

allerdings in Hannover alle Hoffnungen auf eine Anstellung genommen. 2480<br />

Die viereinhalb Lebensjahre, die Schulze nach dem Tod Cäciliens noch blieben,<br />

waren vor allem der poetischen Kraftanstrengung gewidmet, in großen Versepen<br />

das Versprechen einzulösen, das er angesichts der aufgebahrten Toten abgegeben<br />

hatte: So lange meine Lieder leben, sollst auch du nicht sterben. 2481 Überschattet wurde<br />

diese Schaffensphase von Schulzes wachsender Liebe zu Adelheid Tychsen. In der<br />

Verlassenheit seines Herzens verschmolzen für Schulze beide Schwestern und er hoffte,<br />

nach der Entsagung bei der einen Erfüllung bei der anderen zu finden. Von<br />

Adelheid und der Familie Tychsen wurden diese Versuche mit Befremden aufgenommen,<br />

so dass der Verliebte sich in einer zweiten entsagungsvollen Beziehung<br />

zermürbte. Angesichts seiner vergeblichen Hoffnungen hat Schulze in einem Brief<br />

vom 25./26. Mai 1816 mit wundem Herzen sich schließlich von Adelheid losgesagt.<br />

Er hatte dabei das Gefühl, zum zweiten mal seine Liebe begraben zu müssen.<br />

Es sind nun drei Jahre, daß ich mich in trostloser Liebe um Sie verzehre, schreibt Schulze,<br />

und er charakterisiert sein Leben in dieser Zeit als eine einzige Kette von Schmerz, eine<br />

langsame Vernichtung. 2482<br />

Während dieser schwierigen Zeit arbeitete Schulze besessen an der Aufgabe, ein<br />

bleibendes poetisches Denkmal für Cäcilie fertig zu stellen. Vor deren Leichnam<br />

hatte er den Entschluss gefasst, großen Vorbildern folgend ihr Andenken durch<br />

ein großes Versepos zu ehren – wie Dante seine Beatrice oder Petrarca seine Laura. 2483 Er<br />

griff als historisches Thema die Auseinandersetzung des siegreichen Christentums<br />

mit den nordischen Anhängern der heidnischen Götterwelt auf und wob in diese<br />

Darstellung seine ganz persönliche Legende hinein, wonach eine Cäcilie neben<br />

dem historischen Personal der nordischen Missionsgeschichte und Mythologie<br />

letztlich durch ihr Erscheinen den Sieg des Christentums herbeiführte. In der<br />

vierbändigen Gesamtausgabe der poetischen Werke Schulzes, die zwischen 1818<br />

und 1820 erschien, füllte das Epos zwei Bände mit insgesamt 743 Seiten:<br />

� Cäcilie. Ein romantisches Gedicht in zwanzig Gesängen von Ernst Schulze.<br />

2478 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 22.<br />

2479 Bouterwek: Biographische Vorrede (wie Anm. 2418), S. XIV.<br />

2480 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 256.<br />

2481 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 156.<br />

2482 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 295 f.<br />

2483 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 164 f.

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