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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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tungen zur Unterrichtung in der lateinischen und griechischen Sprache ist er nicht<br />

zu finden. Das Interesse des jungen Privatdozenten galt zunächst der Literatur<br />

weniger dem nüchternen Regelwerk der alten Sprachen, was sich allerdings bald<br />

ändern sollte.<br />

30. 5. 4. Der Privatdozent und Cäcilie Tychsen<br />

Kurz nach seiner Promotion lernte Schulze die damals kaum 17jährige Tochter<br />

Cäcilie des Orientalisten und Theologen Thomas Christian Tychsen kennen, der<br />

damals in der Gothmarstraße Nr. 3 wohnte. 2462 Er führte nach der Einschätzung<br />

von Schulze das glänzendste Haus in <strong>Göttingen</strong>. 2463 Cäcilie und ihre Schwester Adelheid<br />

erregten durch ihre Schönheit und Bildung Aufmerksamkeit in der Göttinger<br />

Gesellschaft. Besonders Cäcilie fiel durch ihre Talente im Zeichnen und Malen<br />

auf. Ihre musikalischen Fähigkeiten auf der Harfe und dem Klavier galten vor<br />

allem ihrem Lieblingskomponisten J. S. Bach, zu dem sie sicher der Musikdirektor<br />

Forkel [Nr. 19] geführt hatte. Beide Schwestern wurden auch von andern Privatdozenten<br />

umschwärmt. Der mit Schulze eng befreundete juristische Privatdozent<br />

Johann Nepomuk von Wen(n)ing-Ingelheim, der die häufig gesungene Romanze<br />

von Schulze vertonte, war maßlos in Adelheid verliebt. 2464 Friedrich Thiersch hatte<br />

seinerzeit Cäcilie bewundert, und auch er wurde durch ihren Tod schwer getroffen.<br />

Noch zu ihren Lebzeiten hatte er ihr eine Gedichtsammlung zugedacht, die<br />

von Friedrich Richter vertont und der Königin Caroline von Bayern gewidmet<br />

wurde. 2465<br />

Im Laufe ihrer einjährigen Bekanntschaft veränderte die Liebe zu Cäcilie Schulzes<br />

Leben grundlegend und gab seinem Dichten eine neue Richtung. Er begann auch<br />

die Beziehung zu Cäcilie in den von ihm erfolgreich praktizierten Rollen als medisanter<br />

Spötter und poesievoller Galan.<br />

Wenn ich bedenke, daß ich mit dieser Lieb gescherzt habe wie mit meinen frühern<br />

Verhältnissen […] daß ich ein Heuchler war gegen mich selbst aus Eitelkeit und Gewohnheit.<br />

[…] Vorher war ich kalt wie Eis und höhnisch wie ein Verdammter,<br />

so geißelt er mit starken Worten rückblickend nach Cäciliens Tod den als oberflächlich<br />

verurteilten Anfang dieses Verhältnisses. 2466 Aber aus der tändelnden<br />

Leichtigkeit rascher Empfindeleien wurde unerwartet Ernst. So habe ich noch nie<br />

geliebt und werde auch so nie wieder lieben können; der ganze Schatz meines Gefühls verzehrt<br />

2462 Cäcilie wurde am 18. 3. 1794 geboren. – Eine Tafel mit den Lebensdaten am Haus Gotmarstr. 3.<br />

2463 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 153.<br />

2464 Draws-Tychsen (wie Anm. 2415), S. 193 f. und S. 234 f. (Notenbeispiel).<br />

2465 Thiersch: Leben (wie Anm. 34), Bd. 1, S. 46: Cäcilie, zwölf Gedichte von Fr. Th. Componirt und der<br />

Königin Caroline von Bayern gewidmet von Friedrich Richter. (Oeuvre IV. Leipzig). Die Behauptung von<br />

Thiersch, Schulze sei mit Cäcilie verlobt gewesen, wird von ihm nicht belegt und ist unwahrscheinlich.<br />

– Zur Reaktion von Schulze auf diesen schon nicht mehr in <strong>Göttingen</strong> weilenden poetischen<br />

Nebenbuhler vgl. Marggraff (wie Anm. 2418), S. 144.<br />

2466 Marggraff (wie Anm. 2418), S. 162.

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