10.12.2012 Aufrufe

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

871<br />

� Disquisitionis de fabularum apud veteres ortu et progressu specimen. 2454<br />

Erstaunt musste der Dekan feststellen, dass die noch von der Fakultät zu zensierende<br />

Dissertation über die Fabeln der klassischen Zeit schon gedruckt worden<br />

war, und im Titel hatte Schulze mit der Wendung quod summi ordinis philosophorum<br />

consensu etc. bereits das Ergebnis der noch ausstehenden Überprüfung vorweggenommen.<br />

Auf Vorhalten des Dekans begriff Schulze seine übereilte Ordnungswidrigkeit<br />

und wurde angewiesen, kein Exemplar des gedruckten Textes weiter zu<br />

geben, bis die Fakultät über diesen Fall entschieden habe.<br />

Der Dekan legte in diesem Zusammenhang der Fakultät zwei Fragen vor:<br />

• Ob die Fakultät das in Celle ohne Zensur gedruckte Specimen, das nach<br />

der Bewertung des Dekans nicht als ein specimen eximiae eruditionis zu bewerten<br />

war, überhaupt als dissertatio inauguralis annehmen könne?<br />

• Ob Schulze die Erlaubnis zur öffentlichen Verteidigung der eingereichten<br />

Thesen erteilt werden solle?<br />

Zur ersten Frage merkte der Dekan noch an, dass Schulze sicher keine böse Absicht<br />

verfolgte, als er die Bitte um eine Zensur unterließ. Schulze werde – so seine<br />

Einschätzung – auch wohl nicht imstande sein, ein besseres specimen eruditionis<br />

einzureichen.<br />

Im Umlauf votierte Heyne dafür, die eingereichte Schrift zu unterdrücken, wobei<br />

er Schwächen im Lateinischen und einen schwer verständlichen Stil monierte. Er<br />

schlug vor, dem Verfasser die Vorlage einer Dissertation zu erlassen und ihm zu<br />

erlauben, über Thesen zu disputieren. Auf diese Weise würde seiner und der Ehre<br />

der Fakultät Rechnung getragen. Im Votum Heynes wird deutlich, dass für die<br />

Bewertung einer Dissertation vor allem das Gütekriterium galt, ob die Fakultät mit<br />

ihr Ehre einlegen konnte. Wie bei den handwerklichen Zünften und Gilden war<br />

auch für die Zunft der Akademiker maßgebend, dass Mitglieder und Eintrittswillige<br />

mit ihrem Verhalten und ihrer Leistung zur Ehre der Korporation beitrugen.<br />

Es berührt sympathisch, dass neben der Ehre der Institution von Heyne auch die<br />

des zu prüfenden Individuums in Anschlag gebracht wurde.<br />

Auch Tychsen – der Vater von Cäcilie – fand die Schrift über die Fabeln unreif<br />

und verworren in Gedanken und Ausdruck. Sie solle nicht mit Zustimmung der<br />

Fakultät als Inauguraldissertation angekündigt werden. Die Unbesonnenheit des<br />

Verfassers, der eine Unwahrheit auf den Titel gesetzt habe, sei nach seinem Wissen<br />

ohne Beispiel. Ob ihm die Fakultät die Dissertation erlassen könne, wenn er<br />

hier als Dozent auftreten wolle, wagte Tychsen zu bezweifeln. Soviel ihm bekannt<br />

sei, verlange das Reskript der Generaldirektion eine Dissertation, womit sich<br />

Tychsen allerdings irrte. Der Altphilologe Christoph Mitscherlich war der großzügigen<br />

Meinung, man solle die Dissertation mit einem Achselzucken durchgehen<br />

lassen,<br />

2454 Nach Müller: Bibliographie (wie Anm. 2416), S. 89 mit der Angabe: Cellis 1811: Schulzesche Buch-<br />

handlung.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!