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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Aber sich die lateinische Grammatik nun endlich einmahl angelegen seyn zu laßen,<br />

nichts als Kleinigkeit anzusehen, und sich nicht durch die Gaukeleyen seiner Imagination<br />

von seinen Geschäften wegführen zu laßen, dies ist´s was ich ihm anzuempfehlen<br />

habe. Dies letzte muß ich, womöglich noch nachdrücklicher Ernst Schulze Empfehlen,<br />

den seine Imagination in Tändeleyen und Träumereyen einwigt, und es ihm nicht möglich<br />

läßt, für die Vorträge seiner Lehrer aufmerksahm zu seyn. 2429<br />

Mit Hilfe der Schule gelang es, etwas Ordnung in Schulzes Leben zu bringen.<br />

Gesellschaftliche Kontakte trugen dazu bei, dass er sein scheues Verhalten ein<br />

wenig überwinden lernte.<br />

Der nach dem Urteil seiner Lehrer talentierte aber wenig fleißige Lateinschüler<br />

konnte sich bereits mit 17 Jahren, am 24. 10. 1806, in der Theologischen und der<br />

Philosophischen Fakultät der Georgia Augusta einschreiben. 2430 Man darf vermuten,<br />

dass diese von der Vernunft regulierte Gelehrtenrepublik, dem noch unausgereiften<br />

phantasievollen Jüngling einerseits Freiräume und neuartige Anregungen<br />

bot. Andererseits hat sie vermutlich den wenig polierten und unsichern Naturburschen<br />

mit ihrer sozialen Komplexität überfordert. Wahrscheinlich hat die Vielfalt<br />

der Konventionen und artifiziellen Anpassungszwänge und die Göttinger Gepflogenheit<br />

jener Jahre die Geselligkeit als „Spiel“-Kultur zu praktizieren, Schulze<br />

dazu verleitet, mit wechselnden Charaktermasken dieser herausfordernden Vielfalt<br />

zu begegnen. Er hoffte sich dahinter verbergen zu können, aber sie trugen u. a.<br />

auch dazu bei, ihn sich selbst zu entfremden. 2431<br />

Nach Schulzes Curriculum vitae, das sich bei seinen Promotionsakten befindet, war<br />

er sacris litteris destinatus, denn mit seiner Lebensfremdheit war er für ein Studium<br />

der Juristerei oder der Medizin nach dem Urteil seiner Eltern weder geeignet noch<br />

war Schulze an diesen Disziplinen interessiert. Wie manch ähnlich motivierter<br />

Theologiestudent verlagerte er bereits im ersten Semester seinen Schwerpunkt in<br />

die Philosophische Fakultät und gab 1808 mit Zustimmung seines Vaters das<br />

Theologiestudium ganz auf. 2432<br />

In der Auflistung seines Lebenslaufs über die Studiengebiete und Professoren<br />

erwähnt der Promotionskandidat Schulze u. a. Heeren und Herbart; bei Bouterwek<br />

hat er elegant in seiner Muttersprache schreiben gelernt; Eichhorn hörte er<br />

mit seinen Erklärungen des Neuen Testaments und des Hebräischen; bei Tychsen<br />

beschäftigte er sich mit den Propheten und ebenfalls mit der hebräischen Sprache.<br />

Daneben ging Schulze auch studierend seinem Interesse an der Poesie nach. Er<br />

beschäftigte sich mit den lateinischen Poeten und der Entwicklung der Poesie von<br />

2429 Müller: Vertonungen (wie Anm. 2413), S. 112. – Schulze würdigt ausführlich im Curriculum vitae<br />

seines Promotionsantrags die vielseitigen Anregungen, die er von diesem Lehrer erhielt.<br />

2430 Selle: Matrikel (wie Anm. 1134), S. 465, Nr. 21315: Ernst Schulze, Celle, th. und phil., V: Bür-<br />

germeister und Syndicus.<br />

2431 Zur Geselligkeit als Spielkultur mit Verweis auf Schleiermacher vgl. Schwering (wie Anm. 2423),<br />

S. 514.<br />

2432 Schulzes Lebenslauf, aus dem hier öfter zitiert wird, ist Teil seines Promotionsantrages [UAG:<br />

Phil. Dek. 96 (a), Nr. 18/19].

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