10.12.2012 Aufrufe

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

839<br />

die Freunde das Problem, ob es möglich sei, eine Inschrift zu entziffern, von der<br />

weder Schrift noch Sprache noch Inhalt bekannt sind. 2342 Als Grotefend dies für<br />

denkbar erklärte, forderte Fiorillo ihn auf, dafür den Beweis anzutreten und schlug<br />

ihm vor, dies an den damals noch unentzifferten altpersischen Keilschrift zu versuchen.<br />

An ihr hatte sich u. a. Grotefends Lehrer, der Orientalist und Theologe<br />

Thomas Christian Tychsen, schon vergeblich versucht. Fiorillo versorgte seinen<br />

Freund aus der Universitätsbibliothek mit den notwendigen Unterlagen. Die wichtigste<br />

Quelle war Carsten Niebuhrs Beschreibung seiner Reise nach Arabien und<br />

andere umliegende Länder. 2343 Sie enthielt u. a. Inschriften aus Persepolis, von<br />

denen Grotefend – auch mit der Unterstützung Niebuhrs – innerhalb von sechs<br />

Wochen eine Inschrift des Königs Dareios an seinem Palast auf der Terrasse von<br />

Persepolis im Ansatz entziffern konnte. Auf Geheiß dieses Königs war erst eine<br />

auf die persische Sprache zugeschnittene Variante der Keilschrift entwickelt worden.<br />

Mit der Entschlüsselung einiger der insgesamt 37 Zeichen legte Grotefend<br />

die Grundlage für Erschließung dieses Keilschriftsystems, die allerdings erst 1847<br />

durch andere abgeschlossen wurde. Tychsen hat die sensationellen Ergebnisse<br />

Grotefends am 4. 9. 1802 in der Göttinger Sozietät der Wissenschaften in einem<br />

ersten von vier Berichten vorgetragen. 2344<br />

Als 1803 in der Universitätsbibliothek ein angeblich begünstigter Accessist mit<br />

Besoldung angestellt wurde, bat Fiorillo um eine Gehaltsvermehrung. Da diese<br />

abgelehnt wurde, forderte er im September dieses Jahres seinen Abschied, den er<br />

erhielt. 2345 Heyne stellt in einem Pro memoria vom 12. 3. 1804 zur Entlassung Fiorillos<br />

den Fall mit einer abweichenden Datierung ähnlich dar: Der Bibliothekssekretär<br />

Fiorillo habe schon am 20. Februar angezeigt, dass er bereits im 7. Jahr bei der<br />

Universitätsbibliothek sei und immer auf eine Gehaltsverbesserung gewartet habe.<br />

Da diese Hoffnung fehlgeschlagen sei, müsse er sein Glück weiter versuchen, und er wolle<br />

als Privatdocent auftreten. Fiorillo habe für die Universitätsbibliothek einen besonderen<br />

Eifer bewiesen und Hoffnung erweckt, dass er sich der Universitätsbibliothek<br />

ganz widmen wolle. Da sich bei den jetzigen – politischen – Umständen auf eine<br />

Gehaltsverbesserung nicht antragen lasse, könne er nichts anders tun, als Fiorillos<br />

Gesuch pflichtmäßig weiterzugeben. Durch einen wenig vorbereiteten Schritt<br />

Fiorillos entstehe bei der Seltenheit von Bibliothekssubjecten und bei dem ohnehin<br />

geringen Personal bei der Universitätsbibliothek eine große Verlegenheit. Es blei-<br />

2342 Der Bericht Grotefends an die Sozietät der Wissenschaften beginnt mit der Bemerkung: Mense<br />

Julio, quam amicus meus Fiorillo, Bibl. Reg. a secretis, inter ambulandum mecum disputaret (Meyer, Wilh.: G.<br />

Fr. Grotefend´s erste Nachricht von seiner Entzifferung der Keilschrift. Sonderdruck aus:<br />

Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu <strong>Göttingen</strong> 1893, S. 573-<br />

616. Hier: S. 573).<br />

2343 Vgl.: C. Niebuhrs Reisebeschreibung nach Arabien und andren umliegenden Ländern. Zweyter<br />

Band. Reprint 1994 der Edition Copenhagen 1778, S. 121-163. – Ferner: Eck, Reimer: Christlob<br />

Mylius und Carsten Niebuhr. Aus den Anfängen der wissenschaftlichen Forschungsreise an der<br />

Universität <strong>Göttingen</strong>. In: GJ 34/1986, S. 18-43. Hier: S. 38 f.<br />

2344 GGA 1802, S. 1481-1487.<br />

2345 UAG: Sek 315, Bl. 147.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!