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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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482<br />

siasmus falsch eingeschätzt und den Widerstand der inneren und äußeren Reformgegner<br />

entschieden fehlinterpretiert. Innerhalb weniger Jahre werden einige<br />

gekrönte Häupter Heilige Allianzen zur Absicherung des monarchischen Prinzips<br />

schmieden, und die Staaten des deutschen Bundes werden mit dem Repressionsinstrument<br />

der Karlsbader Beschlüsse die enttäuschten Reformwilligen in das<br />

kleine Oppositionslager des Vormärz treiben. Diesen Bruch des Verfassungsversprechens<br />

werden die Oppositionellen den Regenten bis zum Jahre 1848 immer<br />

wieder ankreiden.<br />

Von seiner Aufgabe überzeugt, hat Brinkmann auch durch ein exponiertes Lehrangebot<br />

im bewegenden SS 1815 für seine Position zu werben versucht. Damals<br />

las er am Samstag einstündig und unentgeltlich zum Thema:<br />

� Ueber die Nothwendigkeit ein allgemeines Gesetzbuch in Deutschland einzuführen.<br />

Angesichts der in den Territorien sich verfestigenden Restauration angestammter<br />

partikularistischer Herrschaft und der entsprechenden regional verankerten<br />

Rechtssysteme war diese Vorlesung in den Augen mancher Traditionalisten sicher<br />

eine sehr unzeitgemäße Betrachtung. 1200 Brinkmanns Position brachte ihm wegen<br />

der Kollegenschelte nicht nur die Gegnerschaft der konservativer Professoren ein,<br />

auch im Lager der Reformer hatte er sicher bei deren national-patriotischer Fraktion<br />

mit Widerspruch zu rechnen. Die Deutschtümelei vieler Burschenschafter<br />

und der verstiegene Franzosenhass, wie ihn Ernst Moritz Arndt propagierte, sind<br />

Beispiele für „fortschrittliche“ Kritiker der Restauration, die Brinkmann sicher bei<br />

seiner differenzierten Bewertung eines fremdländisches Rechtssystem nicht folgen<br />

konnten. Deutschdumm pflegte Hegel diese Variante des Deutschtums zu kritisieren.<br />

1201 Aus verschiedenartigen Gründen befand sich Brinkmann daher 1814/15<br />

an einem kritischen Punkt seiner Karriere. Seine Briefe zeigen auch die psychischen<br />

Probleme eines jungen Reformers, der registrieren musste, dass der Zuspruch<br />

für sein rechtspolitisches Engagement geringer ausfiel, als von ihm erwartet<br />

wurde und dass ihn viele Neider und Feinde umgaben. Ob die Berufung von G.<br />

A. Heise im SS 1814 für Brinkmann ein Problem war, lässt sich nicht feststellen.<br />

Heise zog schnell die Göttinger Jurastudenten in die Pandektenscheune. Von ihm<br />

erwartete Rehberg, dass er die Wendung gegen den verderblichen Code Napoléon<br />

vollziehen werde. 1202<br />

Die Phase zwischen der Promotion und der disputatio pro loco ist bei Brinkmann<br />

ungewöhnlich lang und durch wiederholte Anträge um Fristverlängerung wegen<br />

Arbeitsüberlastung und Krankheit gekennzeichnet. Verschiedene Vorkommnisse<br />

verraten ein gespanntes Verhältnis zur Fakultät. Dekan Hugo, der offensichtlich<br />

seine Aufgabe darin sah, Versäumnisse der westphälischen Zeit auszubügeln, setzte<br />

die Privatdozenten Brose, von Weyhe [Nr. 10] und auch Brinkmann unter<br />

1200 GGA 1815, S. 1461. Daneben bot er folgende Lehrveranstaltungen an: Einleitung in das Rechtsstudium<br />

überhaupt (4 SWS) und ferner: Die Institutionen um 11 Uhr, verbunden mit mündlichen<br />

Prüfungen, wozu die Mittwochsstunde bestimmt ist.<br />

1201 Hosfeld (wie Anm. 2571), S. 87.<br />

1202 Braunewell (wie Anm. 96), S. 54 und oben Seite 415.

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