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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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822<br />

Danach hatte die Philosophische Fakultät zu Erlangen Schrader Fragen aus der<br />

Physik und Mathematik übersandt, die er zufrieden stellend beantwortet hatte. Er<br />

hatte ferner ein Manuskript zur zivilen Baukunst vorgelegt und für beide Fälle<br />

eidlich versichert, diese Arbeiten selbständig – proprio marte – verfasst zu haben.<br />

Schraders Schwager, der Gymnasialprofessor Hildebrand, unterstützte ihn bei<br />

seiner Erlangener Promotion. Der Philosophischen Fakultät zu Erlangen reichten<br />

diese in absentia erbrachten Leistungen und die Entrichtung der finanziellen<br />

praestanda, um dem Antragsteller das Doktordiplom zuzuschicken.<br />

Dekan Beckmann setzte am 25. 9. 1801 ein Missiv an seine Facultisten in Umlauf,<br />

in dem er die Nostrifikation Schraders und den von Schrader erbetenen Erlass der<br />

Disputation nach Zahlung der 20 rthlr. Nostrifikationsgebühr befürwortete. Es<br />

herrsche jetzt kein Überfluss an Dozenten in der Baukunst, für die Schrader eine<br />

Venia beantragt hatte. Zudem habe Schrader Hoffnung auf eine Zivilbedienung.<br />

Heyne, Senior der Fakultät, hatte keine Bedenken, Schrader die Disputation zu<br />

erlassen, und dieser Bewertung schlossen sich die übrigen Facultisten an. Vermutlich<br />

ging man bei dem großzügigen Dispens, von der Annahme aus, dass ein etwa<br />

39jähriger Mann, der seit seinem 16. Lebensjahr beim Militär gedient hatte, in<br />

einer lateinischen Disputation zum Scheitern verurteilt war. Indem man flexibel<br />

auf diese Forderung verzichtete, wurde zugleich auch die Ehre der Fakultät gewahrt,<br />

die bei einem blamablen öffentlichen Auftritt hätte Schaden nehmen können.<br />

Von einer weiteren Disputation – der disputatio pro loco für eine statutengerechte<br />

Erteilung der Venia ist – ist erst recht keine Rede. Eine akademische Karriere<br />

hat niemand von Schrader erwartet, und einige Facultisten haben auf dessen<br />

Absprung in eine zivile Bedienung gehofft. Dass Schrader als etwa 80jähriger<br />

Privatdozent sein Leben im Dienst der Georgia Augusta beenden würde, hat wohl<br />

niemand vermutet. Schrader hatte zudem in späteren Jahren das Glück, dass er<br />

nicht mehr unter das kuratoriale Reskript vom 5. 3. 1802 fiel, mit dem eine Promotion<br />

und eine Pro loco-Disputation als unerlässliche Voraussetzungen für eine<br />

Venia in Erinnerung gebracht wurden. Vielleicht war sein Fall aber ein Auslöser<br />

für diese Einschärfung der Statutenregelung. 2272<br />

Als Magister legens ist Schrader mit seinen Ankündigungen zuerst im Lektionsverzeichnis<br />

des SS 1802 vertreten. 2273 Er zählte in diesem Semester zu den insgesamt<br />

sechs Privatdozenten im Fach Mathematik. Nach dem Tod des Seniors Kästner<br />

im Jahre 1800 war die Mathematik nicht mehr mit einem Facultisten in der Honoren-Fakultät<br />

vertreten. Erst mit der Berufung von Gauss im Jahre 1807 konnte<br />

das Fach sich wieder eine Koryphäe sichern, doch war mit dessen Ruf nicht der<br />

Einzug in die Honorenfakultät verknüpft. 2274<br />

2272 Vgl. oben Seite 240. – Am Ende seines Dekanates notierte Meiners in den Dekanatsannalen: 1.<br />

Nostrificati sunt M. M. Ide, Winkelmann et Schrader. (UAG: Phil. Fak. III., Bd. 1, S. 139).<br />

2273 GGA 1802, S. 538 f. – Schrader schreibt in seinem Gesuch des Jahres 1821, er sei nunmehr seit<br />

22 Jahren Privatlehrer (UAG: Kur 4. V. c. 35, Bl. 1 f.) – eine der vielen Unstimmigkeiten in Schraders<br />

eigenen biographischen Angaben.<br />

2274 Vgl. Neuenschwander/Burmann (wie Anm. 1898), S. 142 f.

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