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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Zeit ist es, daß man den Staat mit den Bedürfnissen der Unterthanen bekanntmacht.<br />

Schriften, in dieser Beziehung geschrieben, können dem ächten Staatsmann gar nicht<br />

unwillkommen seyn. Ich wüßte daher nicht, was ich zu fürchten hätte, indem ich es unternommen,<br />

meine Ansichten mitzutheilen. [S. X]<br />

Freimütiges Denken war nach Brinkmanns Meinung eine Pflicht der Zeit, zu der er<br />

sich besonders als akademischer Jurist aufgerufen fühlte, da die meisten Schriften<br />

der Rechtswissenschaftler nicht einmal ahnen ließen, in welchem Umfang Verbesserungen<br />

auf die Tagesordnung gehörten. Erforderlich sei ein Kampf gegen die Verkehrtheit,<br />

mit welcher man die Rechtswissenschaft fast allgemein behandelt. Es ist mein Wunsch,<br />

dazu mitzuwirken, dass wir zu den natürlichen Ansichten zurückkehren. (S. XI)<br />

Seiner neuen Buchreihe wies Brinkmann die Aufgabe zu, notwendige Entwicklungen<br />

in den einzelnen Rechtsbereichen aufzuzeigen. Die reformunwilligen Traditionalisten<br />

prangerte er mit einer Anekdote an (S. XII f.): In einem nicht entfernten<br />

Ländchen sei die Freude über die Rückkehr der alten Ordnung, wohin auch<br />

Schandpfähle mit Halseisen gehörten, so groß gewesen, dass ein angesehener<br />

Präsident sich nicht enthalten konnte, die in der Nachbarschaft seiner Wohnung<br />

aufgepflanzten neuen Schandpfähle näher zu betrachten. Der Präsident habe sich<br />

dann mit ungemeinem Wohlgefallen zur Probe ein Eisen um den Hals gelegt. So<br />

mögen denn sich alle diejenigen selbst an den Pranger stellen, welche daran eine Freude haben,<br />

daß alle alten Verhältnisse ohne Sonderung des Unbrauchbaren und Verderblichen zurückkehren,<br />

lautet Brinkmanns Kommentar (S. XIII).<br />

Von seiner innovativen rechtspolitischen Zielsetzung bestimmt, war es für Brinkmann<br />

selbstverständlich, dass die Rechtswissenschaft und die legislativen Gremien<br />

bei der Reform der Gesetzgebung von den neuesten Werken auszugehen haben.<br />

Daher plädierte er in seiner Schrift: Ueber den Werth des bürgerlichen Gesetzbuchs der<br />

Franzosen dafür, den Code Napoléon weiterhin in den rechtswissenschaftlichen Diskurs<br />

einzubeziehen, ihn auf Stärken und Schwächen hin zu prüfen und die positiven<br />

Ergebnisse in die legislativen Prozesse aufzunehmen. Bei Hugo, dem angesehendsten<br />

Göttinger Rechtswissenschaftler, konnte Brinkmann nicht viel an Unterstützung<br />

erwarten, denn nach dem Ende des Königreichs Westphalen entfiel für<br />

diesen jede äußere Veranlassung, mit seiner Kritik des ungeschichtlichen Rationalismus<br />

des Vernunftrechts und seiner Gesetzgeber hinter dem Berg zu halten. 1199 Im Kodifikationsstreit<br />

stand er auf der Seite von Savignys, der Hugos Pionierleistung für die<br />

Historische Rechtsschule zu schätzen wusste.<br />

Am Ende des Vorwortes bringt Brinkmann seine Lagebeurteilung und seine Reformerwartungen<br />

auf den Punkt: Wir haben die Freiheit und die angestammten<br />

Fürsten wieder erlangt. Diese wünschen unsern Bedürfnissen abzuhelfen, über<br />

unsere Bedürfnisse und über Missbrauch können wir frei unsere Meinung sagen<br />

kurz, [...] ein neues politisches Leben beginnt, welches uns mächtig gegen innere und äußere<br />

Feinde stärken und erheben soll (S. XIV). Die Reformbereitschaft der Fürsten und die<br />

Gültigkeit ihrer Verfassungszusage hat Brinkmann allerdings in seinem Enthu-<br />

1199 Wieacker (wie Anm. 1073), S. 381.

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