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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Man müsse aber anerkennen, – so fährt Westfeld fort, – dass die Rossarzneischule<br />

in Hannover den gewünschten Erfolg gehabt habe. Aus Patriotismus<br />

sei zu wünschen, dass diese nützliche Anstalt dem Lande zur Bildung<br />

ausübender Tierärzte für immer erhalten werden möge. Nur dürfe<br />

dadurch der Lehranstalt für gelehrte Tierärzte auf der Universität <strong>Göttingen</strong><br />

kein Eintrag geschehen. Es würde ihr nicht allein an ihrer Vollständigkeit<br />

ein Großes abgehn, wenn sie nicht auch von diesem, seinem wahren Werthe nach so<br />

hochangesehenen Theile der Wissenschaften der Sitz bleibe, sondern es würde auch der<br />

Zufluß von Studierenden nach und nach um ein Großes mindern, wenn die vielen der<br />

Thier-Arzeney-Kunst, der Cameralistik und der Rechtsgelehrsamkeit beflissenen junge<br />

Männer, die nach <strong>Göttingen</strong> zuletzt kommen, um daselbst ihre Studia zu vollenden<br />

dort nicht die ganze Tierarzneikunde oder Teile von ihr dort im Lehrangebot fänden.<br />

Weder das Kuratorium noch die Universität haben Westfelds Vorschlag<br />

aufgegriffen, um das Spannungsverhältnis zwischen den Anstalten in<br />

Hannover und <strong>Göttingen</strong> im Sinne einer niveaudifferenzierten Arbeitsteilung<br />

zu entschärfen. Letzten Endes hat es auch Lappe versäumt, durch<br />

seine Leistungen als „Gelehrter“ im theoretischen Bereich die notwendigen<br />

Voraussetzungen für wissenschaftliche Aufwertung der Tiermedizin<br />

an der Georgia Augusta und ihren spezifischen Stellenwert im arbeitsteiligen<br />

Verbund der veterinärwissenschaftlichen Lehr- und Forschungseinrichtungen<br />

des Landes zu liefern.<br />

Einen kleinen Einwand hatte Westfeld auch gegen <strong>Göttingen</strong> vorzubringen,<br />

den er aber ins Positive zu wenden verstand. Wegen seiner geringen<br />

Größe biete die Stadt wenig Gelegenheit zur Ausübung der Tierarzneikunst,<br />

aber dagegen könne man das Argument stellen, daß es für universitätische<br />

Zwecke, die bey der Sache doch vorwalten müssen, nicht einmal sehr wünschenswerth<br />

sein werde, die Ausübung der Kunst zum Haupt-Geschäfte zu machen: indem<br />

dadurch nur die Lehrer von weiterer Erforschung der Wissenschaft und der Vervollständigung<br />

und Vervollkommnung des Vortrags derselben abgehalten, die Schüler aber<br />

zu sehr auf das Einzelne hingezogen und an der Umfassung des Ganzen in seiner<br />

Allgemeinheit gehindert werden würden. Der Universitäts-Anstalt könnte dieß denn<br />

aber sowenig zum Vorwurfe gereichen, als daß die Menschen-Aerzte nach der zweckmäßigsten<br />

Vollendung ihrer Studien auf der Universität noch einige Zeit in die Hospitäler<br />

in Wien oder in die Charité in Berlin gehen müssen. Der Uebergang vom theoretischen<br />

Studio zur wirklichen Ausübung kann fast bey keiner Wissenschaft füglich auf<br />

einer Universität selbst stattfinden; sondern er muß da geschehen, wo die Ausübung<br />

nicht mehr für die Schule sondern für die Welt selbst geschieht. Unter denjenigen,<br />

die die Tierarzneikunde in <strong>Göttingen</strong> studierten, wolle ohnehin der größte<br />

Teil den Arztberuf gar nicht ausüben und hätten an dem Universitätsunterricht<br />

schon völlig genug. Der Universität bliebe das Praktische also nur<br />

soweit vorbehalten, als es zur Erklärung des theoretischen Unterrichts,<br />

zur tiefen Erforschung der Wissenschaft und allenfalls für sehr schwere<br />

Fälle, in denen man sich ohne die vollständigste wissenschaftliche Kenntnis<br />

der Theorie zu handeln nicht getraute, erforderlich wäre.

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