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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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477<br />

Dass Brinkmann in diesem Jahr der Wende als Privatdozent für den Code Napoléon<br />

eintrat, verrät eine gegen den Trend laufende ungewöhnliche Selbständigkeit bei<br />

der rechtlichen Bewertung einer nunmehr vielfach verfemten Schrift. Abgesehen<br />

von dem noch zu erörternden Inhalt verrät das Werk auch durch seinen Editionsort<br />

ein großes Selbstbewusstsein des Verfassers. Es ist der erste Band einer Reihe,<br />

die zur Erörterung von Grundsatzfragen der Rechtswissenschaft und Gesetzgebung<br />

dienen sollte, und deren Herausgeber der gerade promovierte Doktor<br />

Brinkmann war. Weitere Bände sind nicht zu verzeichnen. Es gelang Brinkmann<br />

nicht, seine projektierte Reihe zum Forum der grundsätzlichen juristischen Reformüberlegungen<br />

in dieser Situation des Umbruchs und des Orientierungsbedarf<br />

zu machen. Die Reformfreudigkeit war offenbar in dieser restaurativen Wendezeit<br />

nicht so groß, wie Brinkmann sie sich erhofft hatte, und die für das Zivilrecht<br />

bedeutsame Grundsatzdiskussion dieses Jahres 1814 wurde nicht von Brinkmanns<br />

Buch sondern von den Publikationen zweier Koryphäen der zeitgenössischen<br />

Rechtswissenschaften beherrscht, die an den Universitäten Berlin und Heidelberg<br />

lehrten, deren Juristische Fakultäten die Rechtswissenschaftler der Georgia Augusta<br />

demnächst überflügeln sollten.<br />

Die Aufsehen erregenden und weiterwirkenden Beiträge dieses Jahres zu dem von<br />

Rehberg eröffneten sog. Kodifikationsstreit lieferten einmal der Heidelberger Zivilrechtler<br />

Justus Thibaut mit seiner kleinen Schrift Über die Nothwendigkeit eines allgemeinen<br />

bürgerlichen Rechts für Deutschland. 1189 Er war Brinkmann auch mit einer umfangreichen<br />

Kritik der Rehbergschen Schrift in den Heidelberger Jahrbüchern zuvorgekommen.<br />

Die Gegenschrift im Kodifikationsstreit veröffentlichte K. F. von<br />

Savigny, der seit 1810 an der neugegründeten Universität Berlin lehrte: Vom Beruf<br />

unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. 1190 Um die rechtliche Einheit des<br />

untergegangenen deutschen Reiches gegenüber dem Rechtspartikularismus im<br />

Zivilrecht zu erhalten, trat von Savigny für einen Rückgriff auf die historisch gewachsene<br />

Struktur des römischen Rechts ein. Lehrend und publizierend trug er<br />

dazu bei, dieser Rechtstradition im fünfteiligen Pandektenrecht für das 19. Jahrhundert<br />

noch eine späte – aber auch umstrittene – Geltung in der Rechtswissenschaft<br />

und der Juristenausbildung zu verschaffen. 1191 Von Savigny verhalf mit<br />

seiner exzellenten Schrift im Bereich der Rechtswissenschaften der Restauration<br />

zum Durchbruch. Thibaut hingegen wollte die Rechtsprechung aus den Händen<br />

der am römischen Recht gebildeten Juristen befreien, die sie als eine dem Volk<br />

unverständliche Geheimwissenschaft handhabten, und er traute seiner Zeit die<br />

1189 Wiederabdruck u. a. in: Hattenhauer, Hans: Thibaut und Savigny. Ihre programmatischen Schriften<br />

mit einer Einführung von Professor Dr. Hans Hattenhauer. München 1973. S. 61-94. – Hinweis<br />

auf Thibauts Rezension des Rehbergschen Buches ebd. S. 40 f. – Thibauts Bruder Bernhard war von<br />

1805 bis 1832 o. Professor für Mathematik an der Georgia Augusta.<br />

1190 Wiederabdruck u. a. ebd. S. 95-192. – Zum Kodifikationsstreit vgl. Hattenhauer (wie Anm.<br />

1189), S. 40-51.<br />

1191 Vgl. auch Wesel, Uwe: Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zum Vertrag von<br />

Maastricht. München 1997, S. 434-437.

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