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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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764<br />

Wohnortes nicht mehr. Haben also Ew. Excellenz keine Gnade, Billigkeit und – Gerechtigkeit<br />

für einen Mann, der sein Leben einer der edelsten Künste mit dem redlichsten<br />

Eifer und nicht ohne öffentliche Anerkennung als Lehrer und Ausüber gewidmet<br />

hat, so muß er seinem Grabe bey den ihm jetzt bewilligten 120 rthlr. doch mit den drückendsten<br />

Nahrungssorgen entgegen gehen.<br />

Auch bei andern hoffnungsvollen Privatdozenten ist dieses Dilemma<br />

festzustellen: Wer vom Wissenschaftsstandort <strong>Göttingen</strong> weiterhin profitieren<br />

wollte, hatte seine Karriereerwartungen abzuschreiben. Nutzung<br />

der lokalen Bibliotheksressourcen und eine Aufwärtsmobilität am Ort<br />

standen in der Regel im Widerstreit. Einen Ruf an eine andere Universität<br />

musste man als manifesten Erfolgsindikator mindestens ausspielen können.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Argumente wiederholte Forkel seine Bitte, dass die<br />

Exzellenzen ihm für die wenigen übrigen Jahre seines Lebens die so kleine, bescheidene<br />

Besoldung von 300 rthlr. doch gnädigst bewilligen mögen. 2099<br />

Das Kuratorium versah den Vorgang mit der Bemerkung Vorerst ad acta. Dort lag<br />

er noch, als die Universität am 24. 3. 1818 dem Kabinettsministerium mitteilte,<br />

dass der Musikdirektor Magister J. N. Forkel am 20. d. M. verstorben sei. 2100 Für<br />

das kommende SS 1818 hatte Forkel noch seine Lehrdienste mit der gewohnten<br />

Formulierung angeboten. Musikdirektor Johann August Günther Heinroth trat im<br />

WS 1818 mit der gleichen Wendung Forkels Nachfolge in der Lehre an. 2101 Indem<br />

der Mediziner Karl Gustav Himly den promovierten Schulmeister Heinroth als<br />

Nachfolger empfahl, fing er gutachtend – ohne Forkel namentlich zu erwähnen, –<br />

im Rückspiegel zugleich die Stärke des Verstorbenen und die Schwächen seiner<br />

letzten Jahre ein:<br />

Ein schon berühmter Theoretiker würde für die sehr kleine Gage nicht herkommen, ein<br />

schon gemachter Mann seinen Ort schwerlich überhaupt mit <strong>Göttingen</strong> verwechseln,<br />

weil der Verfall der Musik hieselbst zu groß und zu bekannt ist. […] Mit einem gelehrten<br />

Musiker, der nicht auch die Praxis recht in den Zug brächte, wäre uns nur zur<br />

Parade für den Druck gedient. 2102<br />

Nach der Auffassung des Mediziners Himly waren musiktheoretische Veröffentlichungen<br />

zwar geeignet, die Druckbilanz wissenschaftlicher Publikationen der<br />

Georgia Augusta anzureichern, in der universitas literarum ihrer Lehr- und Forschungsfelder<br />

aber konnte die Universität seiner Meinung nach auf Gelehrsamkeit<br />

im musikalischen Bereich verzichten. Als Nachfolger Forkels war nach Himlys<br />

Präferenz ein Praktiker gefragt, der dem Musikleben in Stadt und Universität auf-<br />

2099 UAG: Kur 7. g. 5, Bl. 35.<br />

2100 UAG: Kur 7. g. 5, Bl. 33 und UAG: Sek 315, Bl. 184.<br />

2101 GGA 1818, S. 1510. – Konrad, Ulrich: Johann August Günther Heinroth. Ein Beitrag zur Göttinger<br />

Musikpflege und Musikwissenschaft im 19. Jahrhundert. In: Staehelin (wie Anm. 2025), S. 43-<br />

77.<br />

2102 Konrad (wie Anm. 2101), S. 49. – Dort auf S. 50 zum Zustand des Göttinger Musiklebens beim<br />

Tod Forkels.

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