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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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sich Forkel vergeblich beworben. 2081 Forkel hatte eine größere Zahl von Autographen<br />

Bachs gesammelt. Der aufklärerischen Fortschrittsvorstellung widerstreitend,<br />

sah Forkel in Bachs Werk einen Höhepunkt der Musikgeschichte, hinter den<br />

die Musik der Gegenwart – nach seiner Bewertung – zurückgefallen war. Für ihn<br />

verbanden sich in Bachs Genie eine Vielzahl musikalischer Fähigkeiten, die kaum<br />

zu übertreffen waren. Bach war für Forkel der erste Klassiker, der je gewesen ist, und<br />

vielleicht je seyn wird. Forkel schloss seine Schrift über Bach mit der nationalpatriotischen<br />

Aufforderung:<br />

Sey stolz auf ihn, Vaterland; sey auf ihn stolz, aber, sey auch seiner werth! 2082<br />

Mit seinem Engagement für Bach hat Forkel maßgebend zu dessen Wiederentdeckung<br />

beigetragen.<br />

Als Forkel 1818 starb, würdigte ein Anonymus in der National-Zeitung der Deutschen<br />

den Wissenschaftler als den größten musikalischen Theoretiker, Literator und<br />

Historiker unserer wie der bisherigen Zeit überhaupt.<br />

Doch waren Forkels Leistungen keineswegs unbestritten. 2083 Die Erfolge des Praktikers<br />

Forkel blieben unter dem Niveau seiner wissenschaftlichen Leistungen. Die<br />

widerstreitenden Urteile über diesen Teil des Tätigkeitsspektrums hat Staehelin<br />

abwägend gewürdigt, und sich dabei eine Erfolgsbilanz des Akademischen Musikdirektors<br />

und des Komponisten Forkel vor dem Hintergrund seiner im Umgang<br />

schwierigen und z. T. skurrilen Persönlichkeit gezogen. 2084 Als Musikdirektor hat<br />

Forkel die vor Ort aufgeführten Komponisten wohl z. T. einseitig gemäß seinen<br />

Vorlieben ausgewählt und nicht immer den Geschmack seines Publikums getroffen.<br />

Wer wie Forkel in Bach das Nonplusultra sah, stand vermutlich romantischen<br />

Zeitströmungen reserviert gegenüber. Die Kompositionen Forkels waren nach<br />

dem Urteil von Kennern von mäßiger Qualität, weder sehr professionell noch<br />

sonderlich phantasievoll. 2085 Sein Auftreten als Praktiker und Theoretiker der Musik<br />

war auch von persönlichen Charakterzügen mitbestimmt. Egoistisch veranlagt,<br />

neigte Forkel manchmal zu einseitiger Kritik, wobei er offenbar verfehlte Bewertungen<br />

wie z. B. seine Stellungnahme gegenüber Gluck mit einer ebenso kleinlichen<br />

wie manchmal ungehemmten Polemik vertreten haben soll. Bei Aufführungen<br />

drang Forkel auf Accuratesse. Seine wissenschaftliche Arbeitsweise zeichnet<br />

sich z. T. durch pedantisches Systematisieren aus. Mit der Rastlosigkeit seines<br />

Engagements entsprach Forkel dem Ethos eines zeitgenössischen Göttinger Professors,<br />

der in seiner Arbeitsfreudigkeit nicht leicht zu übertreffen war. Forkels<br />

Schüler Friedrich von Raumer berichtet, wie sein mit ihm ausreitender Lehrer<br />

2081 Edelhoff (wie Anm. 2025), S. 29 f. – Zum Konzert Friedemann Bachs vgl. Mittler (Hg.): 700<br />

Jahre Pauliner Kirche (wie Anm. 1761), S. 98 f. (Bielefeld/Grobe).<br />

2082 Zur Bach-Biographie vgl. Edelhoff (wie Anm. 2025), S. 79-84.<br />

2083 Eine abwägende Würdigung der zeitgenössischen Kritiken des Musikologen Forkel bei Staehelin<br />

(wie Anm. 2025), S. 17-19.<br />

2084 Vgl. Staehelin (wie Anm. 2025), S. 19-26.<br />

2085 Zu den Kompositionen Forkels vgl. Edelhoff (wie Anm. 2025), S. 105-110.

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