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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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tember 1737 war eine besonders anspruchsvolle Aufgabe, die Schweinitz am Anfang<br />

seiner Göttinger Tätigkeit zu meistern hatte.<br />

Als junger stadtfremder Organist hatte Forkel sich zunächst mit dem Göttinger<br />

Musikleben vertraut zu machen, und das hieß, innerhalb und außerhalb der Universität<br />

den öffentlichen und privaten Musikbedarf zu registrieren und seine Mitwirkungschancen<br />

und deren Grenzen aufzuspüren. Bei seinem musikalischen<br />

Engagement hatte er die Privilegien konkurrierender Personen und Einrichtungen<br />

zu beachten. Vor allem musste er sich mit dem Musikdirektor Schweinitz für jene<br />

zehn Jahre arrangieren, in denen beide vor Ort nebeneinander wirkten. Dank ihrer<br />

iurisdictio omnimoda besaß die Universität für ihren Bereich den Musikzwang oder<br />

die Musikhoheit. Seit 1736 bot sie unter der Leitung von Schweinitz samstags<br />

Konzerte an. Diese Entwicklung mündete in die Tradition der Akademischen<br />

Winterkonzerte ein, zu denen die Professoren mit ihren Familien und die Studenten<br />

Zutritt hatten. In der Zeit um 1765 fanden die Konzerte sonnabends von 17<br />

bis 19 Uhr statt und wurden seit 1767 durch einen Akademischen Konzertmeister,<br />

den Geiger Georg Philipp Kreß (1719-1779), geleitet. 2038 Nach dem Tode beider<br />

Universitätsmusiker wird Forkel zunächst das Amt von Kreß übernehmen und im<br />

Folgejahr 1780 den Titel des Musikdirektors erhalten.<br />

Schweinitz besaß mit dem Amt des Cantor figuralis an der Stadtschule – und damit<br />

außerhalb der Universität – eine weitere einflussreiche Position im Göttinger Musikleben.<br />

Als erster Kantor der Schule hatte er u. a. mit dem gehobenen Chorus<br />

symphoniacus die anspruchsvolle Figuralmusik in den Göttinger Kirchen zu bestreiten.<br />

2039 Er hatte aber auch die schlichten Kurrendesänger dieser Schule zu betreuen.<br />

Sie versuchten auf ihren Heischezügen singend oder auch plärrend vor den<br />

Häusern jener Bürger, die Currendestaat machen wollten, milde Gaben für ihren<br />

Unterhalt und den ihrer Familien einzusammeln. 2040 Die Titulierung dieser Prozession<br />

als Wedekindscher Viehseuchenchor lässt vermuten, dass die Kurrendaner während<br />

der Amtszeit des Stadtschuldirektors Wedekind nicht nur Wohllaut verbreiteten.<br />

Neben dem Musikdirektor und Kantor Schweinitz hatte Forkel im komplexen<br />

Musikleben der Stadt vor allem den Stadtmusikus mit seinen Gesellen und Lehrlingen<br />

zu beachten, der bis zum Jahre 1866 den Musikzwang der Stadt ausübte und<br />

über die Wahrung seiner einträglichen Privilegien wachte. Seine Zuständigkeit<br />

spannte sich von der Turmmusik über die Hochzeitmusiken der Bürger bis zum<br />

Aufspielen bei studentischen Kommersen in den städtischen Gasthäusern. 2041<br />

2038 Pütter: Gelehrtengeschichte (wie Anm. 20), Bd. 1, S. 309. – Hart, Günter: Georg Philipp Kreß<br />

1719-1779. In: Die Musikforschung 22/1969, S. 328-334.<br />

2039 Vgl. Garbe/Wiechert (wie Anm. 2037), S. 79-83.<br />

2040 Kunst (wie Anm. 85), S. 61. – Rudolf Wedekind war Direktor der Stadtschule und ao. Professor<br />

in der Philosophischen Fakultät.<br />

2041 Egdorf, Burkhard: Die Göttinger Stadtmusik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: GJ<br />

38/1990, S. 127-141. Hier: 129, Anm. 17. – Fährmann, Sigrid: Aspekte kulturellen Lebens in Göttin-

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