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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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teinschulen die z. T. weiträumigen Wanderungen der Singknaben. 2029 Wie sein großes<br />

Vorbild Bach, dessen Biographie Forkel später nachzeichnen sollte, zog es ihn<br />

nach Lüneburg, das durch seine Schulen, deren Kantoren und Chöre, durch seine<br />

Musikbibliothek und nicht zuletzt wegen seiner Verdienstmöglichkeiten im städtischen<br />

Umfeld für einen musikalisch interessierten Heranwachsenden ein attraktiver<br />

Ort war. 2030 Am 24. 10. 1766 wurde Forkel in die Prima des Johanneums und<br />

das heißt zugleich in den Chor aufgenommen. 2031 Wie der junge Bach in den Jahren<br />

1701 bis 1703 wird er vermutlich als Chorschüler zweimal wöchentlich von<br />

Tür zu Tür gesungen haben und wahrscheinlich hatte er vor allem beim alltäglichen<br />

liturgischen Gesang in den Kirchen der Stadt, sowie an den Figuralmusiken<br />

der Feiertage und bei den Beerdigungen mitzuwirken. Aber bereits am 28. 7. 1767<br />

erhielt er in Schwerin die Stelle eines Präfekten im Domchor. 2032 Dort soll er angeblich<br />

durch seine hübsche Stimme, wie durch sein schönes Harfenspiel bey der herzoglichen<br />

Familie sein Glück gemacht haben.<br />

Bach hatte seinerzeit kein Universitätsstudium absolviert, aber zu Forkels Zeiten<br />

empfahl es sich für einen ehrgeizigen Musiker, das Beobachtungs- und Imitationslernen<br />

in der Praxis durch ein Hochschulstudium zu erweitern. Warum Forkel<br />

allerdings die Georgia Augusta als Universität wählte, ist unklar. Von Schwerin<br />

oder von seiner thüringischen Heimat aus gesehen, lagen andere Alternativen<br />

näher. Es ist nicht auszuschließen, dass Forkel sich am Göttinger Konzertmeister<br />

Georg Philipp Kreß, der zuvor erster Violinist in der Mecklenburgischen Kapelle<br />

in Schwerin war, ein Beispiel genommen hat, um als Musicus ebenfalls sein Glück<br />

in <strong>Göttingen</strong> zu versuchen. Ebenso wenig ist sicher auszumachen, warum er die<br />

Juristerei als Studienfach wählte. Da eine Einschreibung in der Philosophischen<br />

Fakultät in der Regel nicht möglich war, zog er unter den ihm verbleibenden<br />

mehr oder minder unmusikalischen Alternativen die Rechtswissenschaft vermutlich<br />

der Theologie und Medizin vor. 2033 Die Göttinger Universitätsmusiker<br />

Schweinitz und Kress hatten ebenfalls die Matrikel der Juristischen Fakultät genommen.<br />

Daher ist die Angabe wenig plausibel, die herzogliche Familie habe<br />

diese Fakultätsentscheidung durch das Argument veranlasst, für Forkels spätere<br />

Anstellung in Schwerin sei ein Jurastudium von Vorteil. 2034 Forkels früher Le-<br />

2029 <strong>Tütken</strong>: Schulen (wie Anm. 474), S. 572 f. – Junghans (wie Anm. 2030), S. 11 f.<br />

2030 Junghans, W.: Johann Sebastian Bach als Schüler der Partikularschule zu St. Michaelis in Lüneburg<br />

oder Lüneburg eine Pflegestätte kirchlicher Musik. In: Programm des Johanneums zu Lüneburg.<br />

Ostern 1870. Lüneburg 1870, S. 3-43. – Geiringer, Karl: Johann Sebastian Bach. München<br />

1985, S. 7-12.<br />

2031 Junghans (wie Anm. 2030), S. 11.<br />

2032 Edelhoff (wie Anm. 2025), S. 16. – Zur Aufgabe eines Chorpräfekten an der Göttinger Stadtschule<br />

dieser Zeit vgl. Garbe/Wiechert (wie Anm. 2037), S. 79.<br />

2033 Zur Problematik der Einschreibung in der Philosophischen Fakultät vgl. oben Seite 206.<br />

2034 Rotermund (wie Anm. 1131), Bd. 2, S. 52. – Kreß und Forkel sind sich in Schwerin nicht begegnet,<br />

denn der erste verließ 1766 Schwerin endgültig in Richtung <strong>Göttingen</strong>, und Forkel traf in<br />

Schwerin erst im Folgejahr ein [Hart (wie Anm. 2038), S. 332, Anm. 2].

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