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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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mannschaften befohlen. 2007 Als Folge von Riedels erfolgreicher Denunziantentätigkeit<br />

gingen seine privatunterrichtlichen Einkünfte zurück, und er schadete sich<br />

in seiner Tätigkeit als Privatdozent. Riedels Bitte an den Generaldirektor von Leist<br />

vom 27. 6. 1811 um die Auszahlung einer bereits versprochenen Gratifikation<br />

zeigt, auf welch fragwürdige Finanzierungspraktiken sich ein unbesoldeter Privatdozent<br />

und fallweise alimentierter Adjunkt einlassen musste. Riedel weist in diesem<br />

Schreiben von Leist darauf hin, dass er sich als Privatdozent von den Repetitorien<br />

und juristischen Kollegien nur notdürftig ernähren könne, und er erwähnt<br />

noch einmal seine bisher finanziell nicht gewürdigten Erfolge als Adjunkt. Außer<br />

vielen andern von ihm entdeckten und angezeigten Vergehen der Studenten, habe<br />

er bestimmt fünf Duelle allein während des jetzigen Prorektorats entdeckt und<br />

durch eine Anzeige bei Prorektor Pott verhindert. Dabei wird die Basis eines Spitzelsystems<br />

deutlich, das sich einem voreilenden Gehorsam verdankt:<br />

Ich bin dabey ferner so uneigennützig gewesen, daß ich Spione, die ich mir aus eigenem<br />

Antriebe halte, auch aus meiner Tasche bezahlt habe, wenn sie mir was anzeigten, und<br />

an die Wiedererstattung nicht gedacht haben würde, wenn mich nicht Herr Hofrath<br />

Hugo gefragt hätte, der Herr Prorector würde mir meine Auslagen gerne wiedergeben,<br />

was denn auch inzwischen geschehen ist.<br />

Riedel äußert sodann die Vermutung, seine Anstellung als Adjunkt mindere auf<br />

diese Weise seine Einkünfte als Privatdozent. Er wisse, dass Studenten sehr böse sich<br />

über mich geäußert hätten, weil sie glaubten, er hätte die vielen Duelle zu Ostern denunziert.<br />

Die Studenten seien der Meinung, dass er ihre Bekanntschaft nutze, um<br />

ihre Geheimnisse auszuforschen und sie zu denunzieren. Vielleicht habe sich deswegen<br />

sein Unterricht in diesem halben Jahr derartig reduziert, dass er davon<br />

nicht mehr leben könne. Abschließend erwähnt er, dass seine jetzige Tätigkeit in<br />

der Verwaltung seinen Neigungen sehr entspreche. Aber Wohltaten seien ein zusätzlicher<br />

Ansporn. 2008 Der Vorgang zeigt einen absurden Konflikt. Der auf Erfolgsprämien<br />

angewiesene Adjunkt hält sich eigene Spitzel, um viele studentische<br />

Duellvergehen aufdecken zu können; aber mit seiner Denunziation der Studenten<br />

verprellte er zugleich jene Zielgruppe, auf deren Zuspruch er als Privatdozent<br />

angewiesen war. Nach Riedels Kommentierung dieses Vorgangs sah er seine Zukunft<br />

offensichtlich nicht im Bereich der Lehre, denn sein vorrangiges Interesse<br />

galt einer Verwaltungstätigkeit.<br />

2007 Zur außergewöhnlichen Häufung der Duelle im Jahr 1811 vgl. Helm (wie Anm. 313), S. 68. – Zu<br />

den Maßnahmen ihrer Unterdrückung vgl. Knoke: Schulwesen (wie Anm. 50), S. 72-74. – Prorektor<br />

Potts Eifer in dieser Sache war u. a. dafür ausschlaggebend, dass Generaldirektor von Leist sein<br />

Prorektorat verlängerte (ebd. S. 117 f.). – Im Prorektoratsbericht über das SS 1812 konnte Pott auf<br />

die sinkende Zahl der Duelle hinweisen. Er erwähnt in diesem Zusammenhang die Verdienste Riedels<br />

angesichts der Duellsucht im März 1811 [UAG: Sek 129].<br />

2008 UAG: Kur 3. e. 13, Bl. 24 f. – Riedel erhielt eine ungewöhnlich großzügige Gratifikation von<br />

200 rthlr. Bei weiterhin günstigen Berichten wurde ihm ein Freitisch in Aussicht gestellt (ebd. Bl.<br />

33). – Mit der Einrichtung der Freitische besaß die Universität auch die Möglichkeit, bedürftige<br />

Privatdozenten und Amtsgehilfen abzuspeisen.

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