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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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471<br />

Ob und wie lange Freytag die im Titel der Dissertation genannten Funktionen<br />

ausgeübt hat, ist nicht erkennbar. 1815 zog er jedenfalls mit den siegreichen alliierten<br />

Truppen als Divisionspfarrer in Paris ein, was – privat gesehen – auch für den<br />

Arabisten ein optimales Kriegsziel war. Paris hatte zu dieser Zeit Wien mit seiner<br />

seit 1674 bestehenden orientalischen Lehrkanzel überflügelt und war im ersten<br />

Drittel des 19. Jahrhunderts das überragende Zentrum für die Disziplinen der<br />

morgenländischen Literaturen und Sprachen. 1171 Der Göttinger Orientalist Eichhorn<br />

zählte noch zu den Wiener Orientalisten, während seine beiden Schüler<br />

Mahn und Freytag sich die entscheidenden Fortschritte von der französischen<br />

Orientalistik erhofften. Weil er sich von Eichhorn nicht mehr gefördert fühlte,<br />

hatte E. A. Ph. Mahn [Nr. 29] 1812 vergeblich die Mittel für einen dreijährigen<br />

Studienaufenthalt in Paris beantragt. 1172 Im französischen Mutterland der Aufklärung<br />

war nicht nur die Emanzipation der Orientalistik von der Theologie weiter<br />

fortgeschritten, die junge Republik hatte auch starke politische und wirtschaftliche<br />

Interessen im Orient, wie nicht nur der Ägyptenfeldzug von Napoleon zeigt. Sie<br />

unterstützte deshalb das Studium der „lebenden“ orientalischen Sprachen, und auf<br />

Beschluss der Nationalversammlung vom 30. 3. 1795 wurde die École spéciale des<br />

langues orientales vivantes in Paris mit mehreren Lehrstühlen errichtet. Den Lehrstuhl<br />

des Arabischen erhielt Antoine Isaac Silvestre de Sacy, der nicht nur durch seine<br />

genialen Fähigkeiten sondern auch durch seine Persönlichkeit eine internationale<br />

Schülerschaft – und darunter besonders viele deutsche Orientalisten – an sich zog.<br />

Freytag widmete sich in Paris mit preußischer Unterstützung arabischen, persischen<br />

und türkischen Studien und zählte zu de Sacys tüchtigsten Schülern. Unter<br />

den frühen Veröffentlichungen Freytags ist vor allem die folgende hervorzuheben:<br />

� […] Selecta ex historia Halebi, e codice Arabico Bibliothecae Regiae Parisiensis<br />

edidit, latine vertit et annotationibus illustravit. G. W. Freytag, Dr. Ph. […]<br />

Lutetiae Parisiorum, E Typographia Regia. 1819. [LVI + 56 S. + 174 S.]<br />

Sie erschien im Jahr seiner Berufung an die 1819 gegründete preußische Universität<br />

Bonn. Ursprünglich war für Bonn als Orientalist der stärker sinologisch ausgewiesene<br />

Heinrich Julius Klaproth vorgesehen, der ebenfalls in Paris arbeitete, und<br />

den Wilhelm von Humboldt bereits im Dezember 1815 dem Staatskanzler von<br />

Hardenberg vorgeschlagen hatte. Aber angesichts intriganter Querschüsse gelang<br />

es nicht, den Außenseiter Klaproth durchzusetzen. Karl Freiherr von Stein zum<br />

Altenstein, der ab 1817 für zwei Jahrzehnte die preußische Kulturpolitik bestimm-<br />

mit, »daß der Zulassung zur theologischen Lehrtätigkeit nichts im Wege stände, sobald der Bewerber den Grad eines<br />

theologischen Lizenziaten erwürbe; wozu [...] das Bestehen einer Prüfung bei der Fakultät, die öffentliche Verteidigung<br />

von Thesen, welche diese gebilligt, unter Vorsitz des Dekans und zwei Vorlesungen, eine öffentliche lateinische<br />

und eine deutsche in der Fakultätssitzung, verlangt würden«. Lücke erfüllte die Prüfungsanforderungen, und am 26.<br />

6. 1816 wurde er zum Lizentiaten promoviert, womit seine Habilitation zum Privatdozenten einherging. Zu den<br />

bis dahin geltenden Regelungen vgl. die Mitteilung Schleiermachers an Lücke ebd. S. 23, Anm. 68.<br />

1171 Fück, Johann: Die arabischen Studien in Europa bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts. Leipzig<br />

1955, S. 140-166. Auf S. 166 ein kurzes Kapitel über Freytag.<br />

1172 Vgl. Kapitel 21. 5.

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