10.12.2012 Aufrufe

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

702<br />

in der Arithmetik, dem Buchstabenrechnen und der Geometrie in das gedruckte<br />

Lektionsverzeichnis für das Halbjahr Michaelis 1812 bis Ostern 1813 aufzunehmen.<br />

Zur feierlichen Einführung Fockes, die sein Lehrer Thibaut am 10. 9. 1812<br />

vornahm, lud Direktor Kirsten den Maire Tuckermann einen Tag zuvor ein und<br />

regte an, den Adjunkt Campen mitzubringen, um zu zeigen daß man sich für die Mathematik<br />

interessiert. 1896 Das Prestige dieses Faches ließ noch zu wünschen übrig.<br />

Der Mathematikunterricht an der Stadtschule war zu diesem Zeitpunkt keineswegs<br />

beispielgebend. In seinem Gutachten vom 11. 10. 1811 über eine Neuordnung<br />

des Göttinger Gymnasiums hatte Wunderlich den Mathematikunterricht als<br />

völlig unzureichend dargestellt. 1897 Für die vier oberen Klassen waren insgesamt<br />

nur sechs Stunden eines klassenübergreifenden Mathematikunterrichts angesetzt,<br />

d. h. im rechnerischen Durchschnitt fanden nur 1 ½ Stunden Mathematikunterricht<br />

in jeder Klasse statt. Nur selten verließ ein Schüler das Gymnasium mit relevanten<br />

mathematischen Kenntnissen, und viele Eltern ließen ihren Kindern Privatunterricht<br />

in der Mathematik erteilen. Wunderlich lastete dies auch dem Mathematiklehrer<br />

(Magister) F. Herbst an, dessen didaktische Fähigkeiten nicht seiner<br />

Fachkompetenz entsprachen. Zudem hatte dieser durch seine häuslichen Verhältnisse<br />

bei Bürgern und Schülern an Autorität eingebüßt. Unter den Schülern setzt<br />

ihn zuweilen dem Gelächter seine völlige Unwissenheit der alten Sprache aus. In Wunderlichs<br />

Bemerkung macht sich das naserümpfende Vorurteil der Philologen gegenüber<br />

Lehrern der Mathematik bemerkbar, die als generelle Meinung in der abwertenden<br />

Sentenz Mathematicus non est collega auch noch im 19. Jahrhundert verbreitet war.<br />

Mit dem Eintritt Fockes in das Kollegium war der Mathematikunterricht des Göttinger<br />

Gymnasiums für kurze Zeit weitgehend in der Hand von drei Privatdozenten:<br />

Ebell, Herbst und Focke.<br />

Der Regimewechsel des folgenden Jahres hat dazu geführt, dass die projektierte<br />

landesweite Reform des Mathematikunterrichts – wie so manche fortschrittliche<br />

Initiative des Königreichs Westphalen – der Restauration zum Opfer fiel. Nur bei<br />

der Reform des Kasseler Schulwesens ist Thibauts Vorschlag berücksichtigt worden.<br />

Auch seine weiterreichenden Anregungen für die Lehre der Mathematik an<br />

der Universität selbst kamen über die Papierform nicht hinaus und sind erst 1850<br />

realisiert worden. 1898 In einem Brief vom 10. 8. 1812 hatte Thibaut der Generaldirektion<br />

vorgeschlagen, in Analogie zum Seminarium philologicum ein mathematisches<br />

Seminar an der Georgia Augusta zu gründen. Es würde ein Bedürfnis des neuen<br />

1896 Thimme (wie Anm. 67), Bd. 2, S. 268. – STA-GÖ: MPG Nr. 212. Dort das Verzeichnis. Der<br />

Präfekt rügte am 19. 9. 1812, dass dieses Stundenverzeichnis vieles zu wünschen übrig lasse. Er<br />

beauftragte den Maire Tuckermann, zusammen mit Kirsten und Wunderlich, schon für das Winterhalbjahr<br />

Verbesserungen in den unteren Klassen vorzunehmen, über die am meisten Klagen geführt<br />

würden, sonst sei nicht zu verhindern, daß sich zur Schande unserer öffentlichen Schulanstalten hier Privat-<br />

Institute bilden.<br />

1897 Knoke: Schulwesen (wie Anm. 50), S. 391.<br />

1898 Neuenschwander, Erwin/Burmann. Hans-Wilhelm: Die Entwicklung der Mathematik an der<br />

Universität <strong>Göttingen</strong>. In: Schlotter (wie Anm. 528), S. 146.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!