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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Zweigen der höheren Mathematik und eine Stunde täglich Privatissima zu nehmen.<br />

1883 Focke kehrte dann nach <strong>Göttingen</strong> zurück, um hier noch 1 ½ Jahre zu<br />

studieren. Seine zweite Immatrikulation erfolgte am 9. 9. 1805. 1884<br />

Focke war jetzt unter den Studenten nicht mehr als Friseur, sondern als Mathematikerlehrer<br />

gefragt. Besonders häufig hatte er russischen Studenten in ihren Wohnungen<br />

Privatunterricht zu erteilen. Er galt als der Lehrer der Russen in <strong>Göttingen</strong>.<br />

1885 Als Focke während seiner Studentenzeit sich von einem Kommilitonen<br />

einen Tadel zuzog, weil er seine Geliebte verlassen hatte, entstand ein Streit, in<br />

dem ihn ein russischer Freund verteidigte. In einem folgenden Pistolenduell verletzte<br />

dieser seinen Gegner so schwer, dass er zwei Tage später starb und Fockes<br />

Verteidiger aus <strong>Göttingen</strong> flüchten musste. 1886 Fockes Beliebtheit als Mathematiker<br />

zeigt, dass der Autodidakt offenbar auch für andere ein pädagogisch geschickter<br />

Lehrer war. Vermutlich hat Heyne diese Stärke Fockes erkannt, jedenfalls lobte<br />

er ihn angeblich mit den Worten: Sie wissen die mathematische Sprache deutlich und lebendig<br />

zu machen, daher haben sie viel zu thun, Andere nichts [17 f.]. Für den Philologen<br />

Heyne war Mathematik eine Sprache.<br />

Am 2. 4. 1807 stellte Focke den Antrag auf ein Examen und seine Promotion,<br />

wobei er literas petitorias und curriculum vitae in einem Text zusammenfasste. Als<br />

Geburtsdatum nennt er postridie Calendas Decembres 1778 (2. 12. 1778), was völlig<br />

von den Angaben seiner späteren Selbstbiographie abweicht. Er geht kurz auf<br />

seinen ungewöhnlichen Lebensweg ein – A primis conabilis a parentibus meis ad artem<br />

addiscendam destinatus. Quam perplures annos exercui. – und wie in <strong>Göttingen</strong> seine<br />

Liebe zur Mathematik geweckt wurde. Focke erwähnt seine Förderung durch den<br />

Oldenburgischen Landesherrn und nennt als seine Lehrer Meier (Mayer), Thibaut<br />

und Seyffert (von Seyffer) sowie Pfaf (Pfaff). Aus dem Missiv des Dekans Eichhorn<br />

geht hervor, dass Focke wegen einer unergründbaren Eilbedürfigkeit darum gebeten<br />

hatte, sogleich im Anschluss an das Examen promoviert zu werden, wobei er<br />

auf Präzedenzfälle bei russischen Studenten hinwies, mit denen er engeren Kontakt<br />

hatte (von Freygang und Andrej Kajsarov). Eine Dissertation versprach Focke<br />

nachzuliefern. Die Fakultät hatte kein Bedenken den Kandidaten zum Examen<br />

zuzulassen, lehnte aber das Junktim von Examen und Promotion ab. Bei<br />

auswärtigen Studenten war eine angeblich dringend erforderliche Reise eine beliebte<br />

Finte, um nach dem Examen sich der Inauguraldisputationen zu entziehen.<br />

Bei dem einheimischen Focke vermochten Dekan und Fakultät offenbar diese<br />

Eilbedürftigkeit nicht zu erkennen. Da es außer der Mathematik nichts zu prüfen<br />

1883 Pfaff wurde mit 22 Jahren o. Professor der Mathematik in Helmstedt und nach Aufhebung<br />

dieser Universität 1810 nach Halle versetzt. (ADB 25/1897, S. 592 f.). – Vgl. Müller (wie Anm.<br />

2393), S. 84, Anm. 1.<br />

1884 Selle: Matrikel (wie Anm. 1134), S. 456, Nr. C 20 938.<br />

1885 Zu den russischen Studenten in <strong>Göttingen</strong> vgl. Lauer, Reinhard: Russische Studenten in <strong>Göttingen</strong><br />

im 18. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Mittler/Glitsch (wie Anm.<br />

637), S. 323-339.<br />

1886 Fockes einziger Sohn ging nach Abschluss seines Architekturstudiums nach Petersburg.

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