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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Seyffer, Gräve statt Gräffe etc.) zeigt, dass der bejahrte Focke meinte, elementare<br />

Ansprüche an Genauigkeit großzügig außer Acht lassen zu können. Rechtschreibung<br />

war nie seine starke Seite. Als Mathematiker ging er wenig professionell mit<br />

seinen biographischen Daten um. In seinem Promotionsantrag des Jahres 1807<br />

präsentiert er sich sechs Jahre jünger als in seiner Selbstbiographie und mit einem<br />

andern Geburtsmonat. Ein mystifizierender Umgang mit den biographischen<br />

Daten ist nicht ausgeschlossen. Focke starb am Jahrestag seiner angeblichen Geburt.<br />

27. 4. 1. Der mühevolle Weg zur Georgia Augusta: Frisieren,<br />

Brauen und Studieren<br />

1816 hat Focke gegenüber dem Kuratorium angemerkt: er sei in seiner frühen<br />

Jugend aus Mangel an Mitteln nicht für das Fach der Gelehrsamkeit bestimmt<br />

gewesen, und er habe seinen Aufenthalt in <strong>Göttingen</strong> unter Bekämpfung nahmenloser<br />

Schwierigkeiten zur Erlernung der Mathematik benutzt, womit er einer angeborenen<br />

unüberwindlichen Neigung gefolgt sei. 1875 Für diesen frühen Teil seines Lebensweges<br />

gewährt die Selbstbiographie einen guten Einblick. Fockes früh verstorbener<br />

Vater war offenbar im niedern Verwaltungsdienst tätig. Bei seiner ersten Immatrikulation<br />

am 18. 9. 1802 hat Focke seine Mutter als Vormund genannt, als<br />

deren Beruf er – seine Herkunft beschönigend, – Secretairin i. Delmenhorst angab.<br />

Vermutlich ist die Angabe seiner Selbstbiographie zutreffender, wonach die Witwe<br />

ihren Lebensunterhalt als Knopfmacherin verdiente. Als Focke zehn Jahre alt war,<br />

heiratete seine Mutter in zweiter Ehe einen Landwirt. Der begabte Knabe fiel in<br />

dieser Umgebung auf, aber sein Stiefvater widersetzte sich einer angemessenen<br />

Schulbildung mit dem Argument: Hat denn sein Vater ihm Geld dazu hinterlassen? Ich<br />

muß ihn ernähren und er muß dafür arbeiten, was Fockes Tätigkeit in der Landwirtschaft<br />

bedeutete [S. 8].<br />

Mit 14 Jahren gelang es der Mutter, ihren Sohn in Bremen in eine Handwerkslehre<br />

zu bringen. Vor der Berufsalternative Nadelmacher oder Friseur stehend, folgte<br />

die Mutter dem umsichtigen Ratschlag einer alten Frau und gab ihren Sohn bei<br />

einem Friseur in die Lehre, da man in diesem Beruf Kontakt zu gebildeten Leuten<br />

habe. Focke hat in dieser Empfehlung einen schicksalhaften Wendepunkt seines<br />

Lebens gesehen. Da die Mutter kein Lehrgeld bezahlen konnte, musste sie in eine<br />

sechsjährige sog. freie Lehre für ihren Sohn einwilligen. Mit Fleiß nutzte dieser die<br />

begrenzten Lernmöglichkeiten seines Berufs, erwarb sich einen Ruf als Damenfriseur<br />

und konnte 1 ½ Jahre früher als geplant, den Status eines Gesellen erreichen.<br />

Durch die Aufmerksamkeit einer andern älteren Frau wurde der Kontakt zu <strong>Göttingen</strong><br />

hergestellt. Sie veranlasste einen Friseur, der während seiner Wanderjahre<br />

beim Friseur Borheck in <strong>Göttingen</strong> gearbeitet hatte, Focke eine Stelle in dessen<br />

Betrieb zu vermitteln, die Focke zu Ostern 1795 antrat [S. 12]. 1876 Borheck ge-<br />

1875 UAG: Kur 4. V. c. 32, Bl. 1 f.<br />

1876 Vielleicht der Perückenmacher Borheck, der bei Koch: Göttinger Honoratiorentum (wie Anm.<br />

1472), S. 173, Anm. 158 erwähnt wird.

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