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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Der Schwerpunkt von Ebells Lehrveranstaltungen lag bei der angewandten Mathematik<br />

mit der Vielfalt ihrer Aufgabenfelder, die damals wegen ihrer Mathematikhaltigkeit<br />

noch von dieser Schlüsseldisziplin aus betreut wurden. Sie umfasste u.<br />

a. die zivile Baukunst für die Errichtung bürgerlicher Wohnhäuser oder gutsherrlicher<br />

Wohn- und Wirtschaftsgebäude, wobei die Unterweisung von der Planung<br />

und Bauzeichnung über den Kostenanschlag bis zur Überwachung der Bauausführung<br />

reichte. Im Rahmen der Wasserbaukunst ging es neben der Anlage von<br />

Wasserstrassen um die Errichtung von Wassermühlen aber auch um die rechtliche<br />

Beratung bei Streitigkeiten um entsprechende Gerechtsame. Zum breiten Spektrum<br />

der mathematisch fundierten Kriegswissenschaften gehörten z. B. Planungen<br />

im Bereich des Fortifikationswesen, aber es waren auch die Flugbahnen bei einem<br />

Artilleriebombardement zu berechnen. Im zivilen Bereich galt es auch zu lehren,<br />

wie ein feuriges Spektakel nach den Regeln der Lustfeuerwerkskunst zu inszenieren<br />

war. 1863 Zur Hörerschaft der Lehrer in der angewandten Mathematik zählten u.<br />

a. alle Studierenden der Juristischen Fakultät, die eine Tätigkeit als Richter oder im<br />

Verwaltungsdienst der kurhannoverschen Lande anstrebten. Sie hatten sich auf die<br />

kameralistisch breit gelagerte Staatsprüfung vor diesen noch nicht getrennten<br />

Laufbahnen durch das Anfertigen von Baurissen, Aktivitäten der Feldmessung<br />

und der doppelten Buchführung vorzubereiten. 1864 Die Art, wie Ebell seine mathematischen<br />

Veranstaltungen ankündigte, lässt erkennen, dass er sich flexibel auf<br />

die sehr unterschiedlichen studentischen Voraussetzungen und Erwartungen einstellte.<br />

Reichte die Hörerzahl nicht für ein Kolleg, wurde aus der angekündigten<br />

Vorlesung ein Privatissimum für wenige oder einen einzelnen. Auch bei der Wahl<br />

der Lehrwerke verhielt er sich variabel: in der Regel legte er die Publikationen<br />

seines Lehrers Kästner zugrunde, aber es konnte auch Leonhard Euler oder mit<br />

Christian Wolff ein Mathematiker der voraufgegangenen Generation sein. Ebell<br />

wird dabei u. a. auch berücksichtigt haben, welche Bücher die Mehrzahl der sich<br />

anmeldenden Studenten besaß.<br />

Unter diesen Voraussetzungen war die Zahl aller mathematischen Lehrveranstaltungen<br />

im WS 1784/85 unverhältnismäßig groß. Im deutschsprachigen Lektionsverzeichnis<br />

dieses Semesters sind 43 Lehrveranstaltungen angekündigt. Die Summe<br />

der unter dem Rubrum der Theologischen Fakultät in diesem Semester angekündigten<br />

Lehrveranstaltungen betrug nur 27. Die Mathematik bemühte sich mit<br />

hoch individualisierten Lehrangeboten darum, den sehr unterschiedlichen mathematischen<br />

Voraussetzungen und Erwartungen ihrer in der Schule kaum vorgebildeten<br />

Klientel gerecht zu werden. Sie präsentiert sich daher in diesem Stadium<br />

ihrer historischen Entwicklung mit einer Vielzahl von Lehrveranstaltungen und<br />

einer heterogenen Personalstruktur (drei Professoren und die doppelte Anzahl an<br />

1862 GGA 1784, S. 1570-1572. – Johann Elert Bode war ein bekannter Astronom und seit 1786<br />

Direktor der Berliner Sternwarte. Bode gab dem erst später als Planeten identifizierten Uranus diesen<br />

Namen. Die von Ebell benutzte Publikation ließ sich nicht ermitteln.<br />

1863 Vgl. GGA 1780, S. 243.<br />

1864 Vgl. oben Seite 246.

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