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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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sein wird, hat Kirstens Kollege Lünemann [Nr. 26] seine Entscheidung zwischen<br />

schulischer Lehr- und wissenschaftlicher Publikationstätigkeit anders gewichtet.<br />

Das Privatleben des Witwer Kirsten war durch einfachen Zuschnitt und Regelmäßigkeit<br />

im Tageslauf gekennzeichnet. Kirstens Erholung war ein täglicher Spaziergang,<br />

am Abend besuchte er manchmal Freunde. Die übrige Zeit verbrachte er in<br />

seinem Zimmer oder in der Schule, wo er auch den Privatunterricht als Schullehrer<br />

und Privatdozent erteilte. Nach von Gwinner nahm auch der Student Schopenhauer<br />

bei ihm im zweiten Semester lateinische Privatstunden. Heeren hebt die<br />

große Reinlichkeit hervor, die Kirsten bei seiner Kleidung beachtete. In späteren<br />

Jahren sorgten die beiden Söhne für ihren Vater. Sie studierten beide die Rechtswissenschaften<br />

an der Georgia Augusta und blieben danach in <strong>Göttingen</strong>. 1810 Der<br />

ältere, August Wilhelm Gotthelf Kirsten, war später Stadtgerichtsdirektor in <strong>Göttingen</strong>.<br />

Er wohnte bis zum Tod des Vaters im Elternhaus. Der jüngere, Franz<br />

Adolph Kirsten, auch Doktor der Rechte, praktizierte als Rechtsanwalt in seiner<br />

Heimatstadt und war u. a. als Prokurator an der Justizkanzlei <strong>Göttingen</strong> tätig. Der<br />

Anwalt Kirsten spielte während der Göttinger Unruhen von 1831 als Angehöriger<br />

des weitgehend politisierten Advokatenstandes und Mitglied des revolutionären<br />

Gemeinderates eine aktive Rolle. 1811 Nach Lampe wurde er nach langer Haftstrafe<br />

erst am 18. 2. 1843 vom König begnadigt. Auch dieses Urteil zeigt die gnadenlose<br />

politische Justiz einer gern als Biedermeier beschriebenen Epoche, die aber nur als<br />

unpolitische Idylle geduldet wurde. Der Bruder agierte in seiner Rolle als städtischer<br />

Senator zurückhaltender und wurde 1833 zum Gerichtsdirektor ernannt. 1812<br />

Die Bindung beider Söhne an den Vater und die Vaterstadt zeigt, dass Kirsten<br />

offensichtlich das Versprechen gegenüber seiner toten Frau wahrzumachen<br />

verstand, ihr Andenken durch eine besondere Sorge für die Kinder zu ehren.<br />

1828 hatte Kirsten die Freude, sein 50jähriges Magisterjubiläum feiern zu können.<br />

Sein Kollege Lünemann widmete ihm die Schrift:<br />

� Ueber den hohen Werth des Alters. Zur Feier des funfzigjährigen Magister-<br />

Jubiläums des Herrn Joh. Friedr. Ad. Kirsten, Direktors des Gymnasium zu<br />

<strong>Göttingen</strong>. Von G. H. Lünemann, Rektor. Am 21sten Februar 1828. [12 S.]<br />

1810 Zur reinlichen Kleidung als ökomomischer Tugend vgl. Maurer, Michael: Alltagsleben. In: Handbuch<br />

der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. II - 18. Jahrhundert. München 2005. S. 53. – Matrikeleintragungen<br />

der Söhne: August Wilhelm Gotthelf Kirsten, Leine-Dep., jur.; ob merita patris gratis<br />

inscriptus. V: Director am Gymnasio zu <strong>Göttingen</strong> [Selle: Matrikel (wie Anm. 1134), S. 506, Nr. 22<br />

967]. Erneuert am 5. 11.1814 (ebd. S. 546, Nr. 24 518). – Adolph Kirsten, <strong>Göttingen</strong>, Forstw.; propter<br />

merita patris gratis inscriptus. V: Direct. a. Gymnasium zu <strong>Göttingen</strong>. 5. 1. 1812 (ebd. S. 515, Nr.<br />

23 299). – Erneute Einschreibung am 11. 5. 1813 (ebd. S. 525, Nr. 23 713). – Am 12. 7. 1814 Einschreibung<br />

in der Juristischen Fakultät (ebd. S. 537, Nr. 24 169). – Erneuerte Einschreibung, mit<br />

Wohnortangabe Hannover am 14. 11. 1817 (ebd. S. 594, Nr. 26 464).<br />

1811 Nach Brethauer, Karl: Der Orientalist Professor Dr. Ferdinand Wüstenfeld erlebt die „Göttinger<br />

Revolution“ (6. bis 17. Januar 1831). In: GJ 22/1974, S. 160 war er neben Eggeling einer der führenden<br />

Advokaten in diesem Aufstand. Wüstenfelds Angaben sind allerdings nicht immer zutreffend.<br />

1812 Lampe: Politische Entwicklungen (wie Anm. 66), S. 100, ferner S. 68, 69, 70 und 89, Anm. 212<br />

bzw. S. 85. – Benz/Benz (wie Anm. 80), S. 260 und S. 369.

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