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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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27. 1. 3. Kirsten als gelehrter Schulmann und Privatdozent<br />

Erst 1803 konnte Kirsten die vermutlich früher erhoffte Nachfolge Eyrings als<br />

Direktor des Gymnasiums antreten. In dieser Funktion entwickelte er ein besonders<br />

enges Verhältnis zu Heyne, der als Inspektor des Gymnasiums gleichsam sein<br />

Berater und Aufseher wurde. Zwischen beiden entwickelte sich ein freundschaftliches<br />

Verhältnis. Beide verband die Gemeinsamkeit einer entbehrungsreichen Jugend<br />

aber auch das bürgerliche Erfolgsgefühl, durch eigene Leistung ihren „persönlichen<br />

Stand“ in der sich auflösenden altständischen Gesellschaft erreicht zu<br />

haben. Seinen Schülern stellte Kirsten immer wieder Leben und Leistung Heynes<br />

als Beispiel vor Augen: sie hatten den darbenden Sohn eines armen Webers in die<br />

Position eines Spitzenwissenschaftlers seiner Zeit geführt. Während seiner Amtzeit<br />

als Direktor wohnte Kirsten im Direktoratshaus (Nr. 320) im Komplex der<br />

Lehrerwohnungen auf der Rückseite des Gymnasiums an der Roten Straße, während<br />

sein Vorgänger Eyring das Kämmereihaus am Neuen Markt, die sog. alte<br />

Münze, von Ostern 1773 bis Michaelis 1803 bewohnt hatte. 1802<br />

Kirstens Lehrtätigkeit als Altphilologe war stark durch sein Leipziger Studium bei<br />

Ernesti bestimmt. Da das Studium des Griechischen damals noch nicht seinen<br />

späteren neuhumanistischen Stellenwert hatte, erhielt Kirsten vor allem eine Ausbildung<br />

als Lateiner, der in Wort und Schrift diese Sprache hervorragend beherrschte.<br />

Unter ihm wurde das Lateinische an der Göttinger Stadtschule zum<br />

Zentrum des Lehrplans. Als Lehrer erklärte er vornehmlich die römischen Klassiker,<br />

allen voran seinen Lieblingsautor Cicero mit seinen Reden und philosophischen<br />

Schriften. Den Griechischunterricht überließ er andern Lehrern der Schule.<br />

Neben der Erklärung der römischen Schriftsteller legte er Wert auf praktische<br />

Übungen im Schreiben und korrigierte fleißig die lateinischen Aufsätze seiner<br />

Schüler. Damit wurden Übungen im Sprechen verbunden, etwa durch das Rezitieren<br />

lateinischer Dichtungen. Auf Anregung Heerens führte Kirsten auch Disputierübungen<br />

an der Stadtschule ein. Nach Heerens Meinung waren sie das zweckmäßigste<br />

Mittel zur frühen Geistesentwicklung und zur Vorübung im eigenen<br />

Vortrag. Neben dem lateinischen Sprachunterricht hatte sich Kirsten den historischen<br />

Unterricht in alter und mittlerer Geschichte für die beiden oberen Klassen<br />

vorbehalten. Als Theologe erteilte er ihnen auch den Unterricht in Religion und<br />

Moral. Nach einem Lektionsverzeichnis für das Sommerhalbjahr 1809 beschränkte<br />

sich das Lehrangebot Kirstens im Umfang von zwölf Wochenstunden auf die<br />

Prima und die Sekunda und umfasste folgende Themen: Religiöse Moral, lateinische<br />

Stilübungen, Enzyklopädie, neuere Geschichte, alte Geschichte und mittlere<br />

Geschichte. 1803<br />

Nach Heerens Einschätzung zeichnete sich Kirstens Lehrmethode durch große<br />

Klarheit und Deutlichkeit aus. Vor dozierender Einseitigkeit bewahrte er seine<br />

1802 STA-GÖ: AA Schulsachen Nr. 115.<br />

1803 Nekrolog (wie Anm. 1008), S. 628. – In den Interessanten Bemerkungen (wie Anm. 2072), S. 106<br />

heißt es von Kirsten: Er hat würklich einen vortrefflichen Vortrag. – Knoke: Schulwesen (wie Anm. 50), S.<br />

383-385.

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