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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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667<br />

Am 22ten starben mit diesem Kinde die grösten Erwartungen, und ein nicht kleiner<br />

Theil der Ruhe seiner Aeltern und Verwandten hin. [S. 69]<br />

Ein weiterer Schicksalsschlag traf Kirsten, als am 20. April 1796 völlig unerwartet<br />

seine Frau nach der Geburt des dritten Sohnes starb (S. 102). Lichtenberg notierte<br />

über ihr Begräbnis Auf dem Garten den 27sten April 1796 in einem Brief an seinen<br />

Verleger J. C. Dieterich in der Stadt: Die gute Madam Kirsten, präsumptive Tochter des<br />

alten Kästners, ist in den Wochen gestorben.[…] Auch dieser Tod ist mir sehr nahe gegangen; es<br />

war eine vortreffliche Person, ich habe das Begräbnis aus dem Kammerfenster am 23ten mit<br />

angesehen! 1800<br />

Weil der plötzliche Tod seiner Frau ihm verwehrt hatte, ihr seinen Dank auszudrücken,<br />

setzte Kirsten ihr ein schriftliches Denkmal (S. 71). In den Gedenkworten<br />

für seine Frau hat Kirsten Prinzipien ihrer partnerschaftlichen Ehe angedeutet.<br />

Sie war offensichtlich von wechselseitigem Respekt bestimmt:<br />

Ehe unter gebildeten Menschen ist Freundschaft, die nie in Familiarität ausarten darf.<br />

Eheleute, die sich im Reden und Handeln Alles erlaubt halten; berauben sich, wenn<br />

sie darüber einstimmig denken, des Vergnügens, das der feine Umgang gewährt.<br />

[S. 88 f.]<br />

Mit dem Schlusswort seiner Gedenkschrift ist Kirsten eine Art Verpflichtung<br />

gegenüber seiner Frau eingegangen:<br />

Ich glaube Ihr meinen Dank, meine Achtung und Freundschaft nicht besser und sicherer<br />

beweisen zu können, als durch treue unermüdete Pflege der Kinder, die Ihr mehr als<br />

Alles in diesem Leben am Herzen lagen. Dadurch hoff´ ich Sie noch dereinst zu überzeugen,<br />

daß Sie Ihre Liebe, Zärtlichkeit und Freundschaft an keinen Unwürdigen verschwendet<br />

hat. [S. 103]<br />

Kirsten hat nicht wieder geheiratet.<br />

Kästner hat in einem undatierten Brief an die erkrankte Frau des Medizinprofessors<br />

Ernst Gottfried Baldinger seine Beunruhigung über deren Erkrankung mit<br />

der Bemerkung begründet, dass sie seine Freundin sei, und weil ich aus Erfahrung<br />

weiß daß meine Freundschaft tödtlich ist. 1801 Diese Einschätzung konnte sich damals nur<br />

auf den frühen Tod seiner Frau beziehen. Als Kirstens Sohn und Frau starben,<br />

fand Kästner diese verhängnisvolle Tendenz erneut bestätigt, er hat sich aber nicht<br />

zu dem öffentlichen Bekenntnis durchgerungen, dass er mit beiden Verstorbenen<br />

seine Tochter und seinen Enkel verlor.<br />

1800 Lichtenberg (wie Anm. 985), Bd. IV, S. 944. – Zwei Jahre vorher hielt Lichtenberg Distanz in<br />

der ihm zusagenden Beobachterrolle beim Begräbnis seines befreundeten Kollegen Bürger: Der gute<br />

Bürger ist mir in diesen Tagen wenig aus dem Sinn gekommen. Ich habe sein Begräbnis durch das Perspektiv mit<br />

angesehen. Als ich den Leichenwagen mit einer Art Anlauf durch das Kirchhof-Tor rollen sah: so hätte nicht viel<br />

gefehlt, ich hätte laut ausgeweint. Das Abnehmen vom Wagen konnte ich unmöglich mit ansehen, und ich musste mich<br />

entfernen. Es begleitete ihn niemand als Professor Althof mit farbigem Kleide, Dr. Jäger und des Verstorbenen armer<br />

Knabe (Brief an Heyne, ebd. S. 882). – Zu den stillen Begräbnissen vgl. Futaky (wie Anm. 76), S. 72.<br />

1801 Baasner (wie Anm. 808), S. 155.

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