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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Wörter, die sie bey diesem Spiel behalten hatten, falsch. Gleich gab er dies zu verstehen,<br />

und ließ nicht eher nach, bis er zu mir gebracht, und ihm das rechte Wort gesagt war.<br />

Was er einmal gehört, gesehn oder empfunden hatte; das blieb ihm unvergeßlich [S.<br />

34]. Er erkannte gleich in dem 4ten Monathe seines Lebens alle Gegenstände, die ich<br />

ihm in meinem Zimmer, und Hause gezeigt hatte, an jedem andern Orte und in ganz<br />

anderer Gestalt. Bei den Ausdrücken horologium; la clef; pileus etc. wies er so<br />

wohl auf die Wand- als Taschen-Uhr; auf den Stuben- und Uhr-Schlüssel; den runden<br />

und dreieckigen Huth: [S. 39}<br />

Für die früh entwickelte Abstraktionsfähigkeit des Kindes spricht auch folgende<br />

Episode:<br />

Ich zeigte ihm einen Blitzableiter im Kupfer [d. h. auf einem Kupferstich], und<br />

stellte ihm die Absicht, soviel, wie möglich, sinnlich dar. Kurz darauf gieng ich vor dem<br />

hiesigen Johannisthurme vorbei, von dessen Galerie ein Seil nach des Stadtmusikanten<br />

Hause geht. Er bemerkte die Aehnlichkeit, und fing sogleich an, den Blitz und Donner<br />

nachzuahmen. [S. 40]<br />

In einem erstaunlichen Umfang lernte das Kind aus Büchern. So bald er stehen konnte<br />

wurde mein Canapee sein Studiertisch, worauf er seine Kupferbücher ausgebreitet hatte, und<br />

wohin er jeden Ankommenden führte (S. 61). Der Knabe war unermüdlich beim Blättern<br />

in dickleibigen Folianten und beim Betrachten von Kupferstichen. Auf diese<br />

Weise sammelte er viele historische und naturgeschichtliche Merkwürdigkeiten: über<br />

die Eroberung Englands durch den Normannen Wilhelm und die große Moskowitische<br />

Revolte unter Alexei (S. 49), aber der Knabe kannte auch sämtliche Tiere in Raffs<br />

Naturgeschichte und Täntzers Jagdgeheimnissen und wusste deren Stimmen, Gebärden<br />

und ihren Gang nachzuahmen 1795 (S. 44). Mit besondern Interesse betrachtete er<br />

die Sammlung physikalischer Instrumente seines Paten Kästner. Von Luft, Oscillation,<br />

Gleichgewicht, Electricität etc. hatte er richtigere Vorstellungen, als mancher erwachsene<br />

Knabe (S. 51).<br />

Aber der Knabe lernte auch in Wechselwirkung mit seiner realen Umwelt. Die<br />

Namen der Sterne und der Himmelsgegenden brachte ihm ein Opticus bei, der ihm<br />

manches auf dem Observatorium zeigte. Bei diesem lernte er auch schleifen und<br />

drechseln (S. 65). Der kleine Gotthelf verstand die Abläufe in der Grätzelschen<br />

Fabrik und kannte die meisten Handwerke (S. 46). Ihn erstaunte die Brechung<br />

eines ins Wasser getauchten Holzstabes, und er wollte dies Phänomen erklärt<br />

haben. Bei Allem, was er sah, befriedigte er sich nie mit dem Äußern, sondern wollte immer<br />

weiter (S. 38). Selbstverständlich kannte der Knabe die Buchstaben, Zahlen sowie<br />

die mathematische Figuren und Körper:<br />

1795 M. Georg Christian Raff, Konrektors und ordentlichen Lehrers der Geschichte und Geographie auf dem Lyceum<br />

zu <strong>Göttingen</strong> Naturgeschichte für Kinder zum Gebrauch auf Stat- und Landschulen. Mit vier Kupfer-Tafeln. <strong>Göttingen</strong>,<br />

bei Johann Christian Dieterich, 1781. [518 S.]. – Täntzer, Johann: Der Dianen Hohe und Niedere<br />

Jagdgeheimnisse: Darinnen die gantze Jagd-Wissenschaft ausführlich zu befinden [...]. Leipzig 1734

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