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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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bammen am Ort tätig seien, und die Witwe bat unter Hinweis auf ihre Lage um<br />

eine Unterstützung. 1744<br />

Das Kuratorium forderte das Universitätsgericht auf, zum Antrag der Hebamme<br />

Stellung zu nehmen, der am 23. 9. 1851 erstattet wurde. Danach war die Witwe<br />

aus <strong>Göttingen</strong> gebürtig und mit 38 Jahren erheblich jünger als der Verstorbene.<br />

Sie hatte bei Kraus schon einige Jahre als Dienstmagd gelebt, bevor sie ihm ehelich<br />

verbunden wurde. Nach Meinung des Universitätsgerichts, werde der Witwe<br />

die Überhebung über ihren Stand, die ihr damals wohl als Glück erschienen sei, jetzt<br />

zur großen Last. Sie könne sich ihren Lebensunterhalt nicht auf die sonst gewohnte<br />

Art erwerben, obgleich sie kinderlos und sehr eingeschränkt lebe. Wahrscheinlich<br />

ließ die „feine“ Göttinger Gesellschaft die Frau Doctorinn Kraus in der einen<br />

und der andern Weise spüren, dass man noch um ihre Herkunft wusste und dass<br />

ihr die Mittel zum standesgemäßen Auftreten fehlten. Die Witwe, so berichtete<br />

das Universitätsgericht weiter, habe ihr geringfügiges Erbe nach und nach zusetzen<br />

müssen. Ihr Verdienst als Hebamme sei wegen deren großer Zahl an Konkurrentinnen<br />

gering. Als Anfängerin sei sie zudem meist nur bei ärmeren Leuten<br />

beschäftigt. Die Witwe solle vor allem auf einen Verdienst aus Patengeschenken<br />

angewiesen sein. Da sie keine Verwandten besitze, die sie unterstützen könnten,<br />

sei sie in einer wirklich bedürftigen Lage. Sie verdiene aber Anerkennung, weil sie<br />

bestrebt sei, rechtlich durchzukommen. Es träfe sie sehr hart, dass ihr Mann nicht<br />

wenigstens ao. Professor gewesen sei. Er habe daher ihr nicht durch einen geringen<br />

Beitrag die Pension von jährlich 250 rthlr. sichern können. Abschließend<br />

empfahl das Universitätsgericht eine Unterstützung von etwa 12 bis 20 rthlr. auf<br />

zunächst drei bis sechs Jahre. 1745 Das Kuratorium aber lehnte dieses ab, und es<br />

blieb auch bei den folgenden Anträgen der Witwe aus den Jahren 1852, 1854,<br />

1855, 1861 und 1862 bei dieser Entscheidung. Im zuletzt erwähnten Jahr wurde<br />

das Gesuch der Witwe abgelehnt, in der akademischen Entbindungsanstalt angestellt<br />

zu werden. 1746 Wer als unbesoldeter Privatdozent nicht für seine Hinterbliebenen<br />

gesorgt hatte, überließ sie an seinem Lebensende der Not.<br />

Als die Witwe von Kraus sechs Jahre nach dem Tod ihres Mannes sich Hilfe suchend<br />

an das Kuratorium wandte, warf sie – wie bereits erwähnt, – die auch hier<br />

nicht zu lösende Frage auf: Warum wurde er nicht Professor? Sie ist vermutlich von der<br />

enttäuschten Selbsteinschätzung des Verstorbenen getragen und ist wahrscheinlich<br />

auch von andern gestellt worden – insbesondere, wenn man die Karriere des Professorensohnes<br />

Osiander [Nr. 17] in einen Vergleich einbezieht. Kraus war ein<br />

erfolgreicher Lehrer und nicht nur im Bereich der materia medica ein geschätzter<br />

Schriftsteller, wie die wiederholten Auflagen seiner Publikationen und deren<br />

Raubdrucke beweisen. Seine über <strong>Göttingen</strong> hinausreichende Anerkennung belegen<br />

u. a. das ihm 1809 von der Universität Helmstedt verliehene Diplom als Doktor<br />

der Philosophie, seine Rufe an andere Universitäten und seine Mitgliedschaft<br />

1744 UAG: Kur 10. e. K. 4, Bll. 1-4.<br />

1745 UAG: Kur 10. e. K. 4, Bl. 6 f.<br />

1746 UAG: Kur 10. e. K. 4, Bll. 8, 9 f., 13 und 26.

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