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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Die Angebotssituation dieses Semesters spiegelt eine schon seit geraumer Zeit<br />

wirksame Veränderung wieder, durch die Kraus mächtige Konkurrenten erwachsen<br />

waren. In der Materia medica boten die Medizinprofessoren K. F. H. Marx und<br />

Chr. G. Th. Ruete neben dem Chemiker Professor F. Wöhler (Pharmacie) regelmäßig<br />

Lehrveranstaltungen an. Insgesamt sind in dem Angebot dieses Semesters fünf<br />

Anbieter in der Materia medica zu verzeichnen, die alle um eine abnehmende Zahl<br />

von Studenten konkurrierten. Zu den Konkurrenten zählte seit 1836 auch der für<br />

die Entwicklung der Pharmakognosie bedeutsame Privatdozent Heinrich August<br />

Ludwig Wiggers. Den drastischen Rückgang der Frequenz in den nächsten Semestern<br />

sollte Kraus nicht mehr erleben.<br />

Als König Ernst August 1845 die Georgia Augusta besuchte und seine Zufriedenheit<br />

mit ihr u. a. auch durch Rang- und Besoldungserhöhungen zum Ausdruck<br />

brachte, erhielt Prorektor R. Wagner vom begleitenden Minister den Auftrag,<br />

Kraus eine Gratifikation von 30 rthlr. zu überreichen. 1740 Seine Not veranlasste<br />

Kraus noch im selben Monat über seinen Freund Langenbeck das Kuratorium um<br />

eine weitere Gratifikation zu bitten. Langenbeck benutzte für diese Bitte, einen<br />

Brief an von Stralenheim, der von der dritten Abteilung des 5. Bandes seiner Chirurgie<br />

begleitet war und in dem er sich für die ihm zu Teil gewordene jüngste<br />

Gnadenbezeugung des Königs bedankte. Dabei gab er an, dass Kraus gänzlich<br />

gelähmt sei und durch ihn um eine Gratifikation ersuche. Das Kuratorium gab die<br />

Anweisung, 30 rthlr. über Langenbeck an Kraus auszuzahlen. 1741 Am 5. 10. 1845<br />

erlöste der Tod Kraus von seinem Leiden und aus seiner Notsituation. 1742<br />

Wie so häufig konnte das Kuratorium die Personalakte eines lebenslangen Privatdozenten<br />

nicht mit seinem Tode schließen, denn bereits zu Lebzeiten in Not geraten,<br />

hinterließen diese Privatdozenten in der Regel unversorgte Angehörige. Die<br />

Witwe des offenbar kinderlosen Kraus, Dorothea geb. Klinge, wandte sich erst<br />

rund sieben Jahre nach dem Tod ihres Mannes mit einem Unterstützungsgesuch<br />

an das Kuratorium. 1743 Ihre Eingabe vom 26. 8. 1851 wiederholt zur Würdigung<br />

des Toten im wesentlichen jene Verdienste, auf die der Verstorbene selbst immer<br />

wieder vergeblich hingewiesen hatte. Ihr Mann habe uneigennützig der Wissenschaft<br />

und dem Beruf gelebt und sei wegen der schwächlicher Konstitution pflegebedürftig<br />

gewesen. Aus dem Verkauf seiner zersplitterten und fast verschleuderten<br />

Bibliothek hätten die Kosten seines langwierigen Krankenlagers bestritten<br />

werden müssen. Am Ende seiner Würdigung stellt sie dem Kuratorium die Frage:<br />

Warum wurde er nicht Professor? Nach dem Tod ihres Mannes habe sie die Geburtshilfe<br />

erlernt, um nur einen einigermaaßen anständigen Erwerbszweig zu haben. Sie sei zwar<br />

als Hebamme angestellt, könne sich aber nur notdürftig ernähren, da neun He-<br />

1740 UAG: Kur 4. IV. b. 64, Bl. 21 (Schreiben Wagners an den Minister vom 2. 7. 1845).<br />

1741 UAG: Kur 4. IV. b. 64, Bll. 26 und 27. Hier wird der Betrag der Auszahlungsanordnung als der<br />

gültige angesetzt.<br />

1742 Ebel: Catalogus (wie Anm. 19), S. 91, Nr. 50.<br />

1743 Möhle, Sylvia: Göttinger Hebammen zwischen Autonomie und Aufsicht. In: GJ 51/2003, S. 11.

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