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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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ren Vorteil in der Nachfrage der Studenten verschafften. Wer über Klinikbetten<br />

verfügte, konnte den Studenten Patienten zur Betreuung zuweisen und auf diese<br />

Weise deren praktische Kompetenz fördern.<br />

Prof. Arnemann hatte seit 1791 zur Unterstützung seiner Vorlesungen zwei wiederholt<br />

aufgelegte Publikationen geschrieben, von denen sich die eine als Praktische<br />

Arzneimittellehre an die Mediziner mit dem für sie charakteristischen Schwerpunkt<br />

der inneren Medizin wandte (eigentliche materia medica). Mit einer zweiten Publikation<br />

zur Chirurgischen Arzneimittellehre hatte Arnemann die sog. Wundärzte mit ihrer<br />

anderen und kürzeren Ausbildung im Auge, für die vor allem eine Information<br />

über die äußerlich anwendbaren Heilmittel wichtig war (materia chirurgica). Der<br />

empirisch orientierte Arnemann beklagt in den Vorworten der verschiedenen<br />

Auflagen seiner Publikationen, dass die materia medica weit von einer streng wissenschaftlichen<br />

Bearbeitung entfernt sei. Es existiere ein ungeheurer Wust der so genannten<br />

Erfahrungen und Beobachtungen, in dem wahre, genaue und zuverlässige Beobachtungen<br />

fehlten. Bei der Dosierung sei eine sklavische Bindung der Ärzte an die<br />

Vorschriften der Arzneimittellehrer festzustellen. Arnemann sah folgende Wege<br />

zur Besserung: einmal müssten die Erfahrungen der praktischen Ärzte gesammelt<br />

und geprüft werden und an die Schriftsteller (zurück-) gelangen. Neben diesem<br />

Kreislauf wissenschaftlich zu optimierender Praktikererfahrungen, erwähnt er<br />

zwei Erfolg versprechende Forschungsansätze: die Bemühungen der Chemiker,<br />

die Bestandteile der Arzneimittel aufzufinden, und die Versuche der physiologischen<br />

Ärzte, über eine genauere Kenntnis des Lebensprinzips der Wirkung der<br />

Heilmittel näher zu kommen. 1721<br />

Arnemann ist der zuletzt erwähnten physiologischen Schule zuzuordnen. Nach<br />

seiner Bewertung ergab die chemische Analyse über die Wirkungsart der Mittel<br />

bisher wenige oder gar keine Aufschlüsse, aber die Chemie bleibt immer die beste Gefährtin<br />

der Arzneimittellehre. Die Erfahrung zeige zunehmend, daß die Arzneimittel eigentlich<br />

nicht selbst agiren, sondern die animalische Materie in Action sezen. Kraus hat sowohl<br />

die zweigeteilte thematische Ausrichtung der Publikationen von Arnemann aufgenommen<br />

und weiterentwickelt als auch dessen naturphilosophische – physiologische<br />

– Einstellung mit ihrer Wertschätzung der Lebenskraft (solidum vivum) beibehalten.<br />

Arnemann, der das Haus von Michaelis von dessen Erben erworben hatte, entfernte<br />

sich 1802 völlig verschuldet über Nacht aus <strong>Göttingen</strong> und ging nach<br />

Hamburg. Dort geriet er in ähnliche Schwierigkeiten und erschoss sich 1806. 1722<br />

Kraus führte jeweils mit den fünften von ihm erheblich veränderten und erweiterten<br />

Auflagen in den Jahren 1811 und 1813 die erfolgreichen Publikationen Arnemanns<br />

fort:<br />

� Dr. Justus Arnemann´s, ehmaligen Professors der Medicin zu <strong>Göttingen</strong>, praktische<br />

Arzneimittellehre. Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage von Ludewig<br />

1721 Zu Fragen der Rezeptur und der Arzneimittel in den Göttinger Kliniken dieser Zeit einige allgemeine<br />

Feststellungen bei Kumsteller (wie Anm. 1080), S. 88 -91.<br />

1722 Kumsteller (wie Anm. 1080), S. 37 f.

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