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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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619<br />

Die salvatorische Vorrede Winikers war angebracht, denn der hochangesehene<br />

und einflussreiche Professor A. G. Richter war ein entschiedener Gegner von<br />

medizinischen Theoretikern, die sich der Sucht zur Bildung von Systemen hingaben.<br />

Im Zusammenhang mit dem Brownschen System fand sich in seinem Nachlass<br />

die wenig differenzierte Anmerkung:<br />

Es bleibt indessen etwas sehr bequemes, Systeme zu fabriciren. Erfindungen machen,<br />

neue Wahrheiten entdecken, Wissenschaft vervollkommnen, erfordert Kopf, Talent,<br />

Anstrengung. Systeme hingegen, wie sie im Umlauf sind, kann man in der Stube bei<br />

einem Pfeifchen Tabak machen und ausputzen. Sicherlich kennt der die Natur nicht,<br />

der sich mit Systemen abgibt. Ich sehe es daher jederzeit als einen Beweis eines sehr eingeschränkten<br />

Kopfes an, wenn er Systeme macht. 1662<br />

Richters Vorgehen gegen die Cappelsche Klinik und auch der Fall Kestner zeigen,<br />

dass seine Bereitschaft, andere Lehrmeinungen zu tolerieren, begrenzt war und<br />

dass er insbesondere die auch von andern Medizinern kritisierte Systemsucht bekämpfte.<br />

Als auf Bitten Goethes der Göttinger Historiker Georg Sartorius sich<br />

bemühte, Empfehlungen für Theodor Kestner – den Sohn der Lotte – unter den<br />

Göttinger Professoren zu erhalten, stieß er auf Schwierigkeiten. Einmal hatte der<br />

Privatdozent Kestner während seines Göttinger Medizinstudiums den Missmut<br />

mancher Professoren durch die Art seines Studierens erregt, und zum andern<br />

hatte er seine Zugehörigkeit zu einer der herrschenden Familien in Venedig-Hannover<br />

herausgekehrt. Die hübschen Familien Hannovers waren also nicht nur der freundschaftliche<br />

Anlass für ein Konubium, wie die Verbindung Brandes-Heyne-<br />

Blumenbach zeigt. Den alten Empiriker Richter hatte Kestner zudem gegen sich<br />

eingenommen, indem er in der Terminologie der Natur-Philosophie redete. 1663<br />

Der Privatdozent Winiker begann seine Lehrtätigkeit im SS 1803 mit vier Veranstaltungen,<br />

von denen zwei sich ausdrücklich mit der Erregungstheorie beschäftigten:<br />

� Diätetik, wöchentlich einmal um 1 Uhr.<br />

� Grundsätze der Erregungstheorie, 3 SWS um 9 Uhr.<br />

� Arzneimittellehre, mit Hinsicht auf die neueste Bearbeitung der Medizin<br />

und nach eigenem Entwurfe, um 8 Uhr.<br />

� Pathologie und Therapie nach den Grundsätzen der Erregungstheorie,<br />

täglich um 7 Uhr. 1664<br />

Im Bericht über die Privatdozenten zu Ostern 1812 erklärte Winiker rund zehn<br />

Jahre später, er habe sich als praktischer Arzt aber auch als akademischer Lehrer<br />

1662 Kumsteller (wie Anm. 1080), S. 39. – Vgl. auch ADB 28/1889, S. 451. – Bromann, Thomas:<br />

Bildung und praktische Erfahrung. Konkurrierende Darstellungen des Medizinischen Berufes und<br />

der Ausbildung an der frühen Berliner Universität. In: JbUG 3/2000, S. 19-35.<br />

1663 Monroy (wie Anm. 48), S. 29. – Zum Privatdozenten Theodor Friedrich Arnold Kestner vgl.<br />

Pütter: Gelehrtengeschichte (wie Anm. 20), Bd. 3, S. 248 f. und Ebel: Catalogus (wie Anm. 19), S.<br />

91, Nr. 37.<br />

1664 GGA 1803, S. 494 f.

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