10.12.2012 Aufrufe

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

616<br />

Arzt aber auch als akademischer Lehrer nützlich zu machen. 1654 Die Kombination<br />

war demnach auf Dauer gewollt und nicht als Durchgang geplant. Eine Pro loco-<br />

Disputation hat Winiker nicht absolviert. Wie die andern sechs medizinischen<br />

Privatdozenten der Stichprobe des SS 1812 lehrte er als Doctor med. legens.<br />

1800 schrieb Winiker nach seinen Angaben eine kleine Abhandlung in Röschlaubs<br />

Magazin, womit wahrscheinlich das von Andreas Röschlaub herausgegebene Magazin<br />

zur Vervollkommnung der theoretischen und practischen Heilkunde gemeint ist. 1655 Da<br />

diese Publikation in der <strong>SUB</strong> <strong>Göttingen</strong> nicht vorhanden ist, ließ sich der Titel des<br />

Beitrages und seine inhaltliche Ausrichtung nicht feststellen. Der Publikationsort<br />

lässt vermuten, dass Winiker bereits zu diesem Zeitpunkt mit der Erregungstheorie<br />

jenes Thema aufgegriffen hat, das seine Einstellung als Mediziner längere Zeit<br />

bestimmen sollte, denn Röschlaub war ein geradezu fanatischer Vertreter der von<br />

ihm weiter entwickelten Erregungstheorie von John Brown. Der junge Arzt Winiker<br />

hatte sich damit für eine zeitweilig weit verbreitete medizinische Richtung<br />

entschieden, die aber dem Wissenschaftsverständnis der maßgebendem Professoren<br />

seiner Fakultät widersprach. Diese legten Wert auf empirische Solidität und<br />

begegneten als Befürworter einer klinischen Ausbildung theoretisch-spekulativen<br />

Systementwürfen mit Reserve, wie sie z. B. auch die Anhänger der romantischen<br />

Naturphilosophie vertraten. 1656<br />

John Brown (1735-1788) hatte ein System der Heilkunde entworfen, dass insbesondere<br />

die jungen Mediziner seiner Zeit bewegte und die lehrenden und praktizierenden<br />

Ärzte entzweite. Für Brown war Leben ein Zustand der Erregung, der<br />

durch die Wechselwirkung zwischen dem organischem Geschehen und von außen<br />

kommenden Reizen verursacht wurde. Krankhafte Zustände der Erregbarkeit<br />

wurden von Brown durch zu schwache oder zu starke Reize erklärt und waren<br />

dementsprechend relativ einfach zu therapieren. Der radikale theoretische Ansatz<br />

hatte also weitgehende Konsequenzen für die von Brown vernachlässigte Tradition<br />

der praktischen Heilkunde. Zwar hatte bereits der in <strong>Göttingen</strong> lebende philosophische<br />

Arzt und politische Schriftsteller Christoph Girtanner in seiner Göttinger<br />

Publikation Ausführliche Darstellung des Brownischen Systems der praktischen Heilkunde,<br />

nebst einer vollständigen Literatur und einer Kritik derselben (1797/98) gemeint, die<br />

unrichtigen, unbestimmten, nichts erklärenden Ausdrücke: Erregbarkeit und Erregung, [sollten]<br />

auf immer aus gründlichen medizinischen Schriften verbannt werden, und er hatte bedauert,<br />

dass mancher Schriftsteller sich dieser Ausdrücke bediene, um seine Unwissenheit<br />

dahinter zu verbergen. 1657 Aber A.. Röschlaub, der spätere Herausgeber<br />

der sämtlichen Werke Browns in deutscher Sprache, entwickelte dessen System<br />

1654 UAG: Sek 315, Bl. 135 f.<br />

1655 Zu A. Röschlaub vgl. ADB 29/1889, S. 166 f.<br />

1656 Vgl. Tröhler (wie Anm. 138), S. 35-38.<br />

1657 Girtanner, Christoph: Ausführliche Darstellung des Brownischen Systems der praktischen Heilkunde,<br />

nebst einer vollständigen Literatur und einer Kritik derselben. 2 Bde. <strong>Göttingen</strong> 1797/98.<br />

Hier: Bd. 1, S. VI f. Die Kritik in Bd. 2, S. 587-624.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!