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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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men, mit jedem rechtlichen Mann umgehen und sich selbst die Orte seiner Erholung<br />

wählen. Gesetzliche Vorschriften, wie er sich zu verhalten habe, gebe es für<br />

den Privatdozenten nicht. Was er meiden solle, sei bisher nie erwähnt worden; nie<br />

sei das Leben der Privatdozenten einer Rüge unterzogen worden, wenn sie durch<br />

ihr Betragen nur keine gesetzliche Vorschriften verletzt hätten. In seiner umfassenden<br />

Verteidigungsschrift vom 27. 8. 1837 wird Quentin mit dem Stolz eines<br />

Freiberuflers gegenüber den beamteten Staatsdienern und ihrer Sinekure hinzufügen:<br />

Ich stehe ferner, wie diese Herren in keinem öffentlichen Dienste, erhalte keinen Gehalt<br />

und muß meinen Unterhalt unter Schwierigkeiten erwerben, wovon der reichlich besoldete<br />

oder verwöhnte Staatsdiener keine Idee hat. [8]<br />

Für seine Tätigkeit als Privatdozent meinte Quentin eine positive Bilanz ziehen zu<br />

können. So weit es seine Lage ihm erlaube, habe er sie mit großem Eifer und großer<br />

Liebe zu den Wissenschaften betrieben und noch jetzt ist mein Eifer derselbe, nur dieses stete<br />

Studiren giebt mir Erholung von den Wirren des Lebens und Freude, so lange ich lebe. [18]<br />

Noch in diesem Augenblick gebe ich vier Studierenden Unterricht im Kirchenrecht. Als Verdienste<br />

zählt er auf, dass er noch immer der erste und einzige sei, der das Preußische<br />

Landrecht und den Preußischen Prozess in Aufnahme gebracht habe. Mit<br />

noch größerem Eifer habe er einen sehr großen Teil seiner Zeit der hannoverschen<br />

Geschichte und dem gesamten Recht seines Vaterlandes gewidmet. Eine<br />

vollständige Geschichte über das Königreich Hannover sei zum Druck für die<br />

Säkularfeier [1837] bestimmt. Er habe ferner Abhandlungen verschiedenen Inhalts,<br />

namentlich über das noch nie bearbeitete Prinzip des Arrestes geschrieben<br />

und vollständige Materialien zu einem Kommentar über die Prozessordnung für<br />

die Untergerichte gesammelt. Als seine größte Leistung will er seine vollständige<br />

Sammlung zu einem Wörterbuch des Römischen Rechts gewertet wissen, dem er<br />

mit wahrer, inniger Liebe 25 Jahre seines Lebens gewidmet habe. Ihm fehle nur noch<br />

ein sorgenfreies halbes Jahr, um dies Werk dem Druck zu übergeben. Wie auch in<br />

andern Bereichen seines Lebens überstiegen die publizistischen Vorsätze Quentins<br />

allerdings entschieden seine Kraft zu deren Realisierung. Die Universitätsbibliothek<br />

führt jedenfalls in ihren Katalogen keine selbständige Buchveröffentlichung<br />

unter seinem Namen. Bei dem Chaos unter den Akten seiner Kanzlei darf man<br />

annehmen, dass die Zettelkästen des Wissenschaftlers Quentin sich seiner notorischen<br />

Unordnung kaum entziehen konnten und dass seine Konzepte weit mehr<br />

als ein halbes Jahr von ihrer Veröffentlichungsreife entfernt waren, sofern sie<br />

nicht nur eine fiktionale Existenz führten und eher die guten Vorsätze markieren,<br />

mit denen Quentin sein Ich-Ideal als Rechtswissenschaftler aufrecht erhielt.<br />

In moralischer Bewertung des Untersuchungverfahrens fügte Quentin an anderer<br />

Stelle hinzu: Gegen alle, die nach Stand und Reichtum sich hoch und wichtig<br />

dünkten, brauche er an geistigen und Herzens-Eigenschaften sich nicht zurücksetzen.<br />

Wer bloß vom Verdienten lebt, kommt in manche Verlegenheiten, aber diese machen<br />

mich nicht schlecht, oder schänden mich oder machen jene Beglückteren zu besseren<br />

Menschen, als ich bin; die eigensüchtige Welt entscheidet freilich über den Werth der

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