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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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608<br />

Zweifel an der erhabenen Unpartheiligkeit des hohen Königlichen Ministerio waren nach<br />

Quentins Auffassung angebracht, weil man ihm den Inhalt des Reskripts nicht<br />

mitgeteilt und vorgelesen habe. Er wisse nicht, wie weit das Kuratorium selbst hier<br />

einschreite. Quentins Verfahrensrügen sind berechtigt, denn das Kuratorium<br />

konnte in dieser Sache als zuständiges Organ der Staatsverwaltung tätig werden<br />

oder – gemäß dem Privileg vom 7. 12. 1736 – in jurisdiktioneller Hinsicht als Oberinstanz<br />

(secunda instantia) der universitären Gerichtsbarkeit eingreifen.<br />

Von der Vermutung ausgehend, man greife mit der Schuldenangelegenheit alte<br />

Vorgänge auf, kritisiert Quentin in seiner Verteidigung das Pflichtversäumnis der<br />

Behörden, nicht sofort eingegriffen zu haben. Angesichts seiner überraschenden<br />

Zitierung vor Gericht monierte er, dass man nicht gradatim verfahren sei und dass<br />

eine dem Verfahren vorausgehende Warnung und Bedrohung gefehlt habe. Niemand<br />

habe ihn in den 37 Jahren als Doktor der Rechte, Advokat und Privatdozent<br />

in Untersuchungen über sein Leben und Handeln zur Rechenschaft gezogen. In<br />

diesen langen Jahren habe er nie vor der Polizei gestanden, und er habe redlich<br />

und unbestechlich vor Gericht gehandelt. [10] Angesichts der ihm unklaren Vorwürfe<br />

rüffelte Quentin die isolierten unverbundenen Anwürfe in allgemeinen unbestimmten<br />

Ausdrücken. Er habe wie jeder, der unter dem Schutz des Gesetzes stehe,<br />

das unstreitige Recht einen auf das genaueste in Thatsachen, nach Zeit und Ort, Personen<br />

und Umständen bestimmte und gewiße Anklage zu begehren und bestritt unter Hinweis auf<br />

diesen Mangel, dass man schon in ein gesetzliches Verfahren eingetreten sei. Das<br />

Vorgehen gleiche einer üblen Praxis des täglichen Lebens, wo diese Methode fortwährend<br />

zur Verkleinerung anderer, gleich einer unvordenklichen Sitte geübt wird, denn leicht<br />

verstecken sich darunter Animosität, Vorgefasste Meinungen, vermeintlich beleidigter Dünkel<br />

und Eitelkeit, oder wie die menschlichen [6/378 b] Schwächen alle heißen mögen. Die Beschuldigungen<br />

gegen ihn müssten durch Menschen entstanden sein, die zu Klatschereien<br />

und Angebereien neigten, und gern Beiträge zur chronique scandaleuse der<br />

Universitäten und ihrer öffentlichen und Privatlehrer lieferten. Auch durch die<br />

Lästerchronik <strong>Göttingen</strong>s werde man leicht ein Opfer gehässiger Nachrede,<br />

denn man braucht nur nicht mit dem Strom fortzuschwimmen, um der Sonderbarkeit<br />

beschuldigt zu werden, und sich üble Nachreden zuzuziehen. [7]<br />

Es ist nicht erkennbar, ob das Universitätsgericht der Auffassung war, ein besonderes<br />

Anstaltsrecht der Georgia Augusta mache die Beachtung der angemahnten<br />

allgemeinen Rechtsvorschriften überflüssig.<br />

Bereits in einem Brief an Bergmann hatte Quentin am 23. 2. 1837 auf die Besonderheiten<br />

des Status eines Privatdozenten hingewiesen. 1645 Sie seien keine Staatsbeamte<br />

und bekämen keine Besoldung. Da sie in der Regel von ihrem Honorar<br />

nicht leben könnten, müssten sie zugleich auf eine andere anständige Weise ihren<br />

Lebensunterhalt verdienen. Auch in seinem Fall müsse der Advokat den Privatdozenten<br />

in ihm ernähren. Durch kein Dienstverhältnis behindert, könne er daher<br />

als freier Mann leben und seine Handlungsweise nach eigener Einsicht bestim-<br />

1645 UAG: Kur 3. n, Bll. 374-375.

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