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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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604<br />

als Rädelsführer nach dem missglückten Aufstand ins Ausland flüchten mussten<br />

oder wie jene juristischen Berufsgenossen, die wegen ihrer aktiven Teilnahme an<br />

den Göttinger Unruhen lange auf einen Prozess zu warten hatten und zu erheblichen<br />

Kerkerstrafen verurteilt wurden. Die Anwälte und besonders die brotlosen<br />

Advokaten spielten in der Opposition des Vormärz eine zentrale Rolle. Die Überfüllungskrise<br />

in ihrem Berufsstand machte sich auch in <strong>Göttingen</strong> bemerkbar, wo<br />

damals an die 50 Advokaten ihre materielle Existenz zu sichern versuchten. Durch<br />

ihre Klientel standen sie den Verlierern der wirtschaftlichen Entwicklung und den<br />

rechtlichen Restriktionen dieser Jahre nahe, was ihre Bereitschaft zum politischen<br />

Engagement förderte.<br />

Im Februar 1831 trat eine stark von den Göttinger Honoratioren getragene Gruppe<br />

hervor, die eine von Professor Dr. Jakob Saalfeld verfasste Petition an den<br />

König unterstützte, mit der versucht wurde, die negativen Konsequenzen der<br />

Januarunruhen für die Stadt und für deren damals engagierte Bürger und Einwohner<br />

zu mildern. Quentin machte sich zum Wortführer eines zweiten Entwurfs, der<br />

sich für eine Amnestierung der inhaftierten Göttinger einsetzte und u. a. eine breiter<br />

angelegte Mitsprachemöglichkeit für mehr Göttinger Bürger forderte. Da dieser<br />

Entwurf die Mehrheit der Bürger hinter sich brachte, verboten Magistrat und<br />

Polizeikommission die Sammlung weiterer Unterschriften als illegal. 1637 Zu den<br />

aktiven Unterstützern des Quentinschen Entwurfs gehörte auch der Privatdozent<br />

Dr. med. Ludwig August Kraus [Nr. 15]. Im späteren Verfahren gegen Quentin<br />

wird ihm zwar sein politisches Verhalten nicht vorgeworfen, aber man wird nicht<br />

vergessen haben, auf welcher Seite er im Konflikt des Jahres 1831 Stellung bezogen<br />

hatte. Der ungleich prominentere Prof. Saalfeld wurde 1833 wegen seines<br />

früheren Einsatzes aus politischen Gründen vorzeitig pensioniert und verließ das<br />

Königreich Hannover. 1638<br />

Wiederholt hebt Quentin im Zuge seiner Verteidigung hervor, dass ihn die auf<br />

seine Entlassung zielende Aktion des Jahres 1836 völlig überraschend traf. Er war<br />

inzwischen über 60 Jahre alt, hatte sich bemüht, seine Schulden abzutragen, und er<br />

hatte sich auf sein Familienleben zurückgezogen. Voll Empörung wandte er sich<br />

deshalb dagegen, dass angesichts seiner begrenzten Lebenserwartung erst jetzt<br />

sein früheres Leben gegen ihn ins Feld geführt werde. Es träfe einen alten, kränklichen,<br />

schwachen und greisen Mann, der, von Unglücksfällen niedergebeugt, sein friedliches<br />

Leben schätze und in Ehren sein Leben beschließen wolle.<br />

Aber vermutlich war nicht allein das Begleichen alter Rechnungen der Auslöser,<br />

sondern Quentins jüngste Gepflogenheit, seine Esslust aus Sparsamkeit in gemeinen<br />

Wirtshäusern zu befriedigen und dadurch den bürgerlichen Anstand zu verletzen,<br />

der sich auch im Abstand vom gemeinen Göttinger Volk zu beweisen hat-<br />

1637 Lampe: Politische Entwicklungen (wie Anm. 66), S. 77 f. und S. 78, Anm. 143. – Vgl. auch<br />

Meinhardt, Günther: <strong>Göttingen</strong> in der Revolution von 1848/49. In: GJ 22/1974, S. 193-214, Hier:<br />

S. 196. – In <strong>Göttingen</strong> sollen nach Willis, Geoffrey Malden: Ernst August König von Hannover.<br />

Hannover 1961, S. 201 in dieser Zeit etwa 50 brotlose Advokaten tätig gewesen sein.<br />

1638 Lampe: Politische Entwicklung (wie Anm. 66), S. 90.

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