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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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sel Unterricht in der Theorie und Praxis des westphälischen Zivilgerichts erteilt,<br />

worüber demnächst ein von ihm verfasstes Lehrbuch im Druck erscheinen werde.<br />

Wie bei späteren Befragungen, weist er – jeweils unaufgefordert, – auf nahe bevorstehende<br />

Publikationen hin. Vermutlich wollte er dadurch dem Eindruck mangelnder<br />

Gelehrsamkeit begegnen. Ich habe nicht feststellen können, dass Quentin<br />

je etwas veröffentlicht hat. Der von ihm erwähnten Konzentration auf seine Praxis<br />

als Prokurator entspricht, dass er im Angebot des SS 1812 nur mit einem<br />

Lehrangebot vertreten ist:<br />

� Die Theorie des Westfäl. bürgerlichen Processes Hr. Tribunal-Procur. Dr. Quentin,<br />

4 Stdn. wöch. um 7 Uhr. 1629<br />

Kaum ein juristischer Privatdozent, der 1812 nicht Veranstaltungen in den Bereichen<br />

Prozeßrecht des Königreichs Westfalen bzw. Code Napoléon anbot. Die Umstellung<br />

des Rechtssystems und die damit verbundene enorme Rechtsunsicherheit erforderte<br />

erhebliche Lehranstrengungen der Georgia Augusta, und der Wechsel im<br />

Rechtssystem fand nicht zuletzt in den Privatdozenten bereitwillige Kommentatoren.<br />

Die Vorbildlichkeit des bis dahin von Quentin vertretenen preußischen<br />

Rechts verblasste in dieser Zeit im Vergleich mit dem Code Napoléon.<br />

Nach der umfangreichen Verteidigungsschrift Quentins vom 27. 8. 1837 zu urteilen,<br />

war die Zeit des Königreichs Westphalen für ihn in seiner Position als Prokurator<br />

eine Phase anerkannter öffentlicher Wirksamkeit. Seiner Darstellung nach<br />

waren damals die wichtigsten Sachen, welche das größte Zutrauen erforderten, in<br />

seinen Händen. Er war General-Anwalt und Consulent des Landgrafen von Hessen-Homburg.<br />

Ohne ihn hätten die Rothenburgischen Beamten nichts tun dürfen.<br />

Quentin war ferner Anwalt der Königlichen und Kaiserlichen Domänen-<br />

Direktion, Stadtconsulent für <strong>Göttingen</strong>, welcher in allen Rechtssachen Beisitzer<br />

der Mairie war, und zu allen Sitzungen des Stadtregiments zugezogen wurde. Auch<br />

alle übrigen Städte hatten – nach Quentins Angaben – ihn zu ihrem Anwalt gemacht.<br />

Eine Menge hoher Militairs und Zivil-Staatsdiener, sowie ein großer Teil<br />

des Adels vertrauten ihm damals ihre Rechtsangelegenheiten an, und zum Teil<br />

habe er sie noch in seinen Händen. Sehr berühmte, allgemein bekannte Sachen<br />

habe er seinerzeit durchgefochten und insgesamt viele tausend Sachen geführt.<br />

Von Übertreibungen abgesehen, wird diese Bilanz wahrscheinlich weitgehend<br />

zutreffen, denn Quentin zog dieses Fazit für das Universitätsgericht und damit vor<br />

juristisch sachverständigen Zeitzeugen. Drei Mitglieder des Universitätsgerichts –<br />

Prorektor Prof. Bergmann, Universitätsrat Dr. Oesterley [Nr. 7] und Universitätssekretär<br />

Dr. h. c. Riedel [Nr. 9] – hatten etwa zeitgleich mit Quentin als juristische<br />

Privatdozenten in <strong>Göttingen</strong> ihre Karriere begonnen und Quentins Entwicklung<br />

verfolgen können.<br />

Offenbar hat Quentin das Ende der französischen Besatzung ohne große Einbußen<br />

in seinem praktischen Tätigkeitsbereich überstanden, denn er berichtet, dass<br />

er nach 1817 vom Magistrat der Stadt <strong>Göttingen</strong> der Regierung neben dem derzeitigen<br />

Magistratsdirektor Ebell zur Syndikusstelle präsentiert wurde. Für Berufun-<br />

1629 GGA 1812, S. 462.

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