10.12.2012 Aufrufe

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

594<br />

dem ausdrücklich die Praktische Theologie ins Auftragbuch geschrieben wurde, und<br />

bis dahin hat die Fakultät sich weiterhin vor allem des Engagements der Geistlichen<br />

vor Ort bedient.<br />

Dass Gräffe neben seiner beachtlichen Leistung für die Georgia Augusta seine<br />

Pfarrgemeinde nicht vernachlässigte, hebt ein anonymer Führer durch die Stadt<br />

und die Universität im Jahr 1801 hervor:<br />

Als Pastor liebt er seine Gemeinde und alle Menschen, wie ein Vater seine Kinder<br />

liebt […]. Es ereignet sich kein Unglück in seiner Gemeine, das er nicht zu mindern,<br />

man findet keinen Verirrten und in Laster Gesunkenen, den er nicht wieder zurechtzuweisen,<br />

und zur Tugend zurückzuführen bemühte. Daß er dadurch wohl manches<br />

schwarze Herz wider sich erbittere, kann man leicht denken. Der Rechtschaffene wird<br />

ihn stets innig verehren. 1612<br />

Für einen Gotteslohn hatte Gräffe in der westphälischen Zeit auch eine andere –<br />

nunmehr säkularisierte Aufgabe – im staatlichen Auftrag zu verrichten. Für den<br />

Bericht zu Ostern 1812 notierte er, dass er in seiner Funktion als Geistlicher auch<br />

als Zivilstandsbeamter zu amtieren hatte. Seine Belastung umriss er mit den folgenden<br />

Angaben: er habe jährlich im Durchschnitt 60 Geburten, 50 Sterbefälle, 18<br />

Kopulations- und 18 Proklamationsurkunden in duplo, also insgesamt 292 Urkunden<br />

aufzunehmen. Durch königliches Dekret vom 22. 1. 1808 war die mit der<br />

Führung eines Kirchenbuches vertrauten Geistlichen provisorisch zu Zivilbeamten<br />

ernannt worden. Gemäß den umständlichen Vorschriften des Code Napoléon<br />

hatten sie von da an die Zivilstandsregister zu führen – eine belastende und ungeliebte<br />

Tätigkeit für alle Geistlichen. 1613 Am Ende des Jahres war ein Exemplar der<br />

doppelten Buchführung beim zuständigen Tribunalgericht zu hinterlegen.<br />

Trotz eines Sturzes am 26. 2. 1814, der zum Bruch des Hüftbeins führte, konnte<br />

Gräffe am Reformationstag dieses Jahres mit Hilfe und auf Krücken die Kanzel<br />

wieder besteigen und im Sitzen predigen. Auch wenn ihn danach wiederholte<br />

Schlaganfälle zusätzlich behinderten, war Gräffe weiterhin als Prediger, Superintendent<br />

und als Universitätslehrer in der Forschung und Lehre tätig. Als Rezensent<br />

hat er von 1793 bis 1816 an den Göttingischen gelehrten Anzeigen mitgearbeitet.<br />

1614 Noch im WS 1815/16, das in sein Todesjahr hinüberleitet, hat Gräffe neben<br />

der Wahrnehmung seiner Amtsaufgaben zwei umfangreiche Lehrveranstaltungen<br />

angeboten, mit denen er seinen beiden Lehraufträgen nachkam:<br />

� Setzt das homiletische Seminarium auf die Art fort, wie in seiner Schrift „Ueber<br />

den Werth academischer homiletischer Vorübungen nebst Beschreibung meines<br />

homiletischen Seminariums. Gött. 1812“ angegeben hat. Zu den Recensionen der<br />

gehaltenen Predigten ist die Abendstunde von 6 bis 7 montags festgesetzt.<br />

1612 Interessante Bemerkungen (wie Anm. 2072), S. 64.<br />

1613 UAG: Sek 315, Bll. 115/116. Vgl. auch Bll. 108/109. – Thimme (wie Anm. 67), Bd. 2, S. 238-<br />

240. – Schaar (wie Anm. 1249), S. 53 f.<br />

1614 Zu den letzten Jahren von Gräffe vgl. Trefurt: [Gräffe] (wie Anm. 1536), S. 197 ff. – Fambach<br />

(wie Anm. 109), S. 445.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!