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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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fessur bereits mit 22 Jahren an. Trotz der Misserfolgsprognose seines älteren Bruders<br />

steht der jüngere Müller für die Zeit von 1832 bis 1834 sogar im Verzeichnis<br />

der theologischen Privatdozenten der Georgia Augusta. Über kurz bemessene<br />

Zwischenstationen in <strong>Göttingen</strong> und an der Universität Marburg erreichte er bereits<br />

1835 eine o. Professur der Theologie an der Universität Halle. 1124 Auch Insider<br />

leisteten sich prognostische Fehlurteile.<br />

Der erlösende Ruf war ein bewegendes Ereignis in der Karriere eines jungen Gelehrten.<br />

Die damit verknüpften Ängste und Hoffnungen hat der Göttinger Althistoriker<br />

und Archäologe Ernst Curtius zum Anlass genommen, ein Lustspiel mit<br />

dem Titel Der Ruf zu schreiben, das in seinem gastfreien Haus an der heutigen<br />

Theaterstraße (Altes Kuratorium) im Februar 1861 von Studenten aufgeführt<br />

wurde. Der Autor war über den Erfolg dieser Variante des Göttinger Fastnachtstheaters<br />

überrascht: Es waren einige sechzig Personen als Zuschauer da und alle sagten, so etwas<br />

wäre in <strong>Göttingen</strong> noch nicht da gewesen. Die dargestellte Begebenheit spielt an der Universität<br />

Salamanca, deren z. T. blutige Promotionsbräuche Curtius wohl nicht<br />

bekannt waren. Dort wurde der Promovierte erst voll anerkannt, wenn er in einer<br />

corrida, dem paseo doctoral, einen Stier getötet und mit dessen Blut seinen Namen<br />

auf eine Hauswand geschrieben hatte. 1125<br />

Im Göttinger Fastnachtsspiel lenkt der Student Enrico, ein bereits bemoostes Haupt<br />

einen Werber der Universität Coimbra von einem Hofrat seiner Universität Salamanca<br />

ab und bringt mit Erfolg seinen Freund, den doctor legens Rodrigo, ins Spiel,<br />

der schon lange die Not eines Privatdozenten zu ertragen hatte:<br />

O Schicksal, jedem gabst du was er braucht.<br />

Dem Ätna einen Gipfel, welcher raucht,<br />

Dem Weibe Schönheit, Eitelkeit dem Tropf,<br />

Dem Leutnant Taille, dem Chinesen Zopf,<br />

Dem Stier das Horn, dem Roß den schnellen Huf,<br />

Nur mir nicht das, was ich bedarf: den Ruf!<br />

Der ursprünglich ausersehene Hofrat ist zum Glück für den Privatdozenten Rodrigo<br />

ein quietistischer Wahrer seines Status quo, der für die Sesshaftigkeit eines<br />

gesetzten Standesvertreters um Verständnis wirbt:<br />

Doch bedenkt:<br />

Ich bin auch Mensch, bin Gatte, Vater, bin<br />

Geheimer Hofrath, Senior der Fakultät,<br />

Comthur und Hausbesitzer, Präsident<br />

Der Auditoriencommission und sämmtlicher<br />

Ausschüsse.<br />

Für den Privatdozenten Rodrigo war die Alternative Salamanca-<strong>Göttingen</strong> oder<br />

Coimbra kein ernsthafter Abwägungsfall. Seine rollentypische Chance lag im geistigen<br />

Nomadentum. Das allseits befriedigende Fazit der Werbungsaktion lautet:<br />

1124 Ebel: Catalogus (wie Anm. 19), S. 44, Nr. 47 und S. 40, Nr. 20.<br />

1125 Frijhoff (wie Anm. 635), S. 287.

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