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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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21. Sechs Rufe als Professoren an die Universitäten<br />

Rostock, Bonn, Kiel, <strong>Göttingen</strong> und Berlin<br />

Nur sechs der 32 Privatdozenten des Jahres 1812 erreichten das von den meisten<br />

erhoffte Ziel, als Gelehrte im Professorenstatus an einer Universität zu forschen<br />

und zu lehren. Vermutlich haben derartige Proportionen zwischen den wenigen<br />

Erfolgreichen und den vielen Zurückgebliebenen den Göttinger Altertumswissenschaftler<br />

C. O. Müller am 26 1. 1830 veranlasst, seine Eltern nachdrücklich zu<br />

warnen, als er von den Plänen seines jüngeren Bruders erfuhr, an der Universität<br />

Breslau eine Dozenten-Karriere beginnen zu wollen. Sein brüderlicher Rat gehe<br />

dahin,<br />

sich doch ja nicht dieser wahrhaft perfiden Carrière zu vertraun. Ein Amt ist eine vortreffliche<br />

Sache, aber ohne Amt seine Kenntnisse ausbieten zu müssen, wie der Dr. legens<br />

thut, eine fatale Sache. Unter zehn Docenten gedeiht hier in <strong>Göttingen</strong> etwa Einer,<br />

und ich kenne keine Laufbahn, die so oft in wahrhaft trostlose Lagen führte als<br />

diese. 1123<br />

Mit seiner geschätzten Erfolgsquote von 1/10 hat C. O. Müller – im Anschluss an<br />

Michaelis – übertrieben. Von den Göttinger Privatdozenten des Jahres 1812 erreichten<br />

immerhin etwa 1/5 eine Universitätsprofessur. Aber vielleicht hat C. O.<br />

Müller die schwer fassbare Dunkelziffer jener mit in seine Rechnung aufgenommen,<br />

die bereits in einer frühen Studienphase ihre Hoffnungen auf eine akademische<br />

Kariere entmutigt aufgaben.<br />

Die abschreckende Wirkung derartiger Warnungen und augenfälliger Misserfolgsquoten<br />

war offenbar gering, und so verfehlte auch C. O. Müllers brüderlicher Rat<br />

seine Wirkung. Für ernsthaft Entschiedene ging von der Vorstellung eines Gelehrtenlebens<br />

eine große Faszination aus, und Julius Müller hatte mit seinem berühmten<br />

Bruder ein ambivalentes Beispiel vor Augen: zwar warnte ihn dieser, aber mit<br />

seiner Blitzkarriere stand er auch für die außergewöhnlichen Chancen, die das<br />

Universitätssystem den Hochbegabten bot: C. O. Müller trat seine Göttinger Pro-<br />

1123 Kern, Otto/Kern, Else (Hg.): Carl Otfried Müller. Lebensbild in Briefen an seine Eltern mit<br />

dem Tagebuch seiner italienisch-griechischen Reise. Berlin 1908. S. 195. – Müllers Einschätzung der<br />

Erfolgsquote geht vielleicht auf Michaelis zurück: Und zu einem guten Professor wird so mancherley erfodert,<br />

daß vielleicht kaum einer unter zehn Privatdocenten diese Eigenschaften beysammen hat. [Vgl. [Michaelis] (wie<br />

Anm. 1), Bd. 3, S. 129].

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