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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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578<br />

band. Der Abt von Loccum hatte Gräffe seinem Kollegen Luther als einen rechtschaffenen<br />

und geschickten Mann empfohlen. Seine Zeit als Landpfarrer beschreibt<br />

Gräffe in seinem Curriculum vitae von 1794 als eine ungemein glückliche Lebensspanne.<br />

Er sah sich in einer fruchtbaren und schönen Landschaft, deren Bewohner<br />

er für ihre Haltung und Offenheit lobt, in der er die Früchte seiner Freundschaften<br />

genoss, die Liebe seiner Frau fand und die Anregungen der Universitätsbibliothek<br />

nutzen konnte, die ihm das Entgegenkommen Heynes und Feders<br />

erschlossen. 1553<br />

Feliciter hic vixi, multorum commodorum quae vitam jucundissimam reddunt affluentia<br />

circumdatus. Regio fertilissima floribus, pratis, rivulis, arboribus, fructibus, nemoribus<br />

ornata; coeli temperies saluberrima viribus corporis et animi corroborandis aptissima,<br />

auditores homines bonae indolis obsequium praestantes; amicorum vicinitas jucundissima;<br />

res familiaris tanta, quanta sufficeret; uxor ea, quam nunquam satis laudare<br />

possum; librorum copia, quibus procurandis mihi succurebant Viri illustres Heyne et<br />

Feder, benignitate moti: sanctus et vis inexhausta et stabilis; o quot quantique pretii<br />

bona ! O me fortunatum, quem divina providentia tot benificiis cumulavit, auxit, beavit<br />

!<br />

Gräffes Diktion verrät eine Bereitschaft zu emotional bestimmten Stellungnahmen<br />

in Wort und Schrift. Er war in seinem Verhalten kein trockener Katechet.<br />

Zweifel an seiner philosophischen und theologischen Position, die durch eine<br />

1786 anonym erschienene Schrift von Thomas Wizenmann geweckt wurden, veranlassten<br />

Gräffe zum intensiven Studium der Schriften Kants und zu der Entscheidung,<br />

seine philosophische Position im Anschluss an den Königsberger Philosophen<br />

zu sichern. 1554 Platonische und kantische Ansätze kombinierend entschied<br />

er sich als Aufklärer, die Wirkung der Predigt durch die katechetische Methode<br />

der Vermittlung zu erweitern. Nur mit ihr glaubte er bei den ihm anvertrauten<br />

Gläubigen jene Klarheit und Wahrheit bewirken zu können, die seiner rationalistisch<br />

geprägten Meinung nach zur religiös-moralischen Besserung der Menschheit<br />

notwendig war. Seine Annahmen über das lernende Individuum und die darauf<br />

basierenden Folgerungen für die Entwicklung seiner sokratischen Lehrmethode<br />

waren stark von kantischen Grundsätze bestimmt. Die religiöse Unterrichtung<br />

seiner jungen und alten Gemeindemitglieder in Obernjesa und Dramfeld diente<br />

Gräffe dazu, seine methodischen Konzepte zu entwickeln und zu erproben.<br />

Vielleicht war die Zeit in Obernjesa doch nicht nur die bukolische Idylle als die sie<br />

Gräffe in seinem Curriculum vitae 1794 nachträglich zeichnete. Vier vergebliche<br />

1553 Zur Einführung in Obernjesa vgl. Ev.-luther. Kreiskirchenarchiv <strong>Göttingen</strong>: Spez. Obernjesa II<br />

1 a. – Gräffe war verheiratet mit Marie Sophie Friderike Culemann, Tochter des Pastors Christoph<br />

Friedrich Benedict Culemann aus Hintbergen im Lüneburgischen, dessen jüngere Kinder Gräffe als<br />

Hauslehrer unterrichtet hatte [Trefurt: [Gräffe] (wie Anm. 1536), S. 189]. – Die Ehe blieb kinderlos.<br />

1554 Zum schwäbischen Theosophen Thomas Wizenmann (ADB 43/1898, S. 678-680). – Nach<br />

Trefurt: [Gräffe] (wie Anm. 1536), S. 189 f. war es die Schrift: Resultate des Jacobischen und Mendelsohnschen<br />

Denkens: Kritisch untersucht von einem Freywilligen. Leipzig: Göschen 1786.

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