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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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tete dadurch ihre Rechte. Aber auch die Anwendung seiner Forschung über Mythologie,<br />

über die Natur der ältesten Poesie auf das alte Testament. 1546<br />

Für Gräffe hatte die philologische Grundausbildung Heynescher Ausrichtung eine<br />

lebensprägende Wirkung, denn seine Wendung zum Katechisieren wurde wahrscheinlich<br />

in großem Umfang auch von jenem exegetischen Interesse und der<br />

methodischen Kompetenz getragen, die er bei Heyne kennen und schätzen gelernt<br />

hatte. Der Rückgriff auf Platon und dessen Verfahren der Begriffsentwicklung<br />

half Gräffe eine in Gedächtnisroutinen erstarrte theologische Katechetik zu überwinden<br />

und deren Methode dynamischer zu gestalten. 1547 Während die meisten<br />

Schüler Heynes sich im Bereich der klassischen Altertumswissenschaften bewegten<br />

und viele von ihnen dem pädagogischen Engagement ihres Lehrers entsprechend<br />

in den Gelehrtenschulen tätig wurden, übertrug Gräffe Heynes exegetische<br />

Methode von den klassischen Profanschriftstellern auf die biblischen Bücher und<br />

theologischen Texte, und als Pfarrer entwickelte er die Katechese vor allem für<br />

volkspädagogische Anwendungsfelder und insbesondere für das Landvolk. Mit<br />

dieser pädagogischen Ausrichtung folgte Gräffe der theologischen Tradition des<br />

Katechisierens, an deren Göttinger Anfang Johann Lorenz von Mosheim steht,<br />

und die sich gern auf Sokrates, den abendländischen Lehrer unterrichtender und<br />

wahrheitskritischer Gedankenführung, berief. 1548<br />

Vermutlich hat Gräffe während seines Studiums eine akademische Karriere nicht<br />

ernsthaft in Betracht gezogen, denn sein fünfjähriges Studium beendete er ohne<br />

eine Magisterpromotion, und die Theologische Fakultät hat ihn dem Kuratorium<br />

nicht für eine Tätigkeit als Repetent vorgeschlagen. Wie so viele Theologen war<br />

auch Gräffe 1775 genötigt, sich zunächst als Hauslehrer zu verdingen. Er war<br />

mindestens bei vier Familien im Westfälischen und Hannoverschen tätig und unterrichtete<br />

insgesamt 17 pueros et juvenes. 1549 Diese im 22. Lebensjahr beginnende<br />

und nahezu acht Jahre währende Zeit war die schwierigste Phase in Gräffes Leben,<br />

über die wir kaum Informationen besitzen, da Gräffe sich nicht gerne an<br />

1546 Heeren (wie Anm. 108), S. 268. – Zum späteren Generalsuperintendenten und Konsistorialrat<br />

Johann Benjamin Koppe vgl. u. a. Ebel: Catalogus (wie Anm. 19), S. 35, Nr. 13 und unten Seite 580.<br />

1547 Vgl. etwa Gräffes in 13 Punkten gefasste wahre ächte Sokratik bei Schulz: Katechetik (wie Anm.<br />

1536), S. 59 f. – Zur Kritik an dieser nicht-christlichen Fundierung ebd. S. 199.<br />

1548 Bizer (wie Anm. 1536), S. 115-120.<br />

1549 Gräffe war u. a. beim Landrentmeister Isenbart tätig [Schulz: Katechetik (wie Anm. 1536), S. 9 ].<br />

– Zur Problematik der Hauslehrer-Phase im beruflichen Werdegang der Geistlichen vgl. Holze (wie<br />

Anm. 180), S. 81. Sie war im wesentlichen durch die späten Examenstermine bedingt (ebd. S. 64). –<br />

Diese Ursache für einen späten Berufseintritt wurde zeitweilig noch durch die zyklisch auftretenden<br />

Überfüllungskrisen verstärkt. Vgl.: Titze, Hartmut: Der Akademikerzyklus. Historische Untersuchungen<br />

über die Wiederkehr von Überfüllung und Mangel in akademischen Karrieren. <strong>Göttingen</strong><br />

1990, S. 33 -36 zur Überfüllungssituation unter den Theologen in der Landeskirche Hannover.

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