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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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für einen Hauslehrer fehlte wahrscheinlich das Geld. 1481 Zehn Kinder aufzuziehen<br />

und den Erwartungen einer standesgemäßen Ausbildung zu genügen, war angesichts<br />

der katastrophalen Vermögensverhältnisse eine große Belastung für die<br />

Eltern. Der Vater starb am 4. 3. 1806 und die erst 53 Jahre alte Mutter am 18. 6.<br />

1808.<br />

Der positive Index in einem sozialen Schichtenmodell, der einem Professorenkind<br />

in Sozialisationstheorien sicher ist, markiert nicht zugleich die Sicherheit einer<br />

geglückten Entwicklung. Über ihre Vernachlässigung hat sich z. B. auch Therese<br />

Heyne, die Tochter Christian Gottlob Heynes, beklagt, die ihrer Mutter vorwarf,<br />

ihr habe es an hausfraulichen Fähigkeiten und mütterlicher Fürsorge gefehlt:<br />

wir wurden in Schmutz und Unordnung erzogen, in so einem Grade, daß Ungeziefer<br />

uns plagte, und wir weder ganze Hemden noch Schuhe hatten.<br />

Der Betteljude Gumprecht und der Scharfrichter Göbel, der ihr sein Richtschwert<br />

zeigte, waren für Therese ein vertrauter Umgang.<br />

Weder Vater noch Mutter fragten: wo bist du gewesen? 1482<br />

Im Unterschied zu Therese Heyne hat zur unglücklichen Jugend Johann Georg<br />

Spangenbergs die langjährige ökonomische Notlage seiner Familie entscheidend<br />

beigetragen, über die Heyne im November 1802 ein Promemoria verfasste. Danach<br />

war die Armut bei den Spangenbergs so groß,<br />

daß immer Abends bald zu diesem bald zu jenem Nachbar geschickt, und um ein<br />

Brod, oder ein Gericht Kartoffeln gebeten wird, weil die ganze Familie den Tag über<br />

noch nichts zu essen gehabt hat, ietzt fehlt es an Holz und bey der Theuerung der Lebensmittel<br />

ist nicht abzusehen, wie diese Familie sich durchbringen soll […] Alle<br />

Habseligkeiten sind verkauft und verpfändet, ietzt hat Mann und Frau und Kinder<br />

nur ein einziges Kleid, das sie auf dem Leibe tragen, selbst die Leibwäsche ist auf dem<br />

Leihhause versetzt.<br />

Heyne konnte für den darbenden Familienvater nicht einmal den schlimmsten Fall<br />

ausschließen: denn schrecklich wäre es doch, wenn im eigentlichen Sinn ein Professor in <strong>Göttingen</strong><br />

verhungern sollte. 1483<br />

Die Verelendung der Spangenbergschen Familie war von einer langen Krankheit<br />

des Vaters begleitet und wohl auch mit verursacht, die mit dessen schmerzvollem<br />

Tod endete. 1484. Auf einem Höhepunkt dieser negativen Entwicklung richtete der<br />

Ordinarius Spangenberg am 19. 10. 1801 einen erschütternden Hilferuf an die<br />

1481 Hoffmann (wie Anm. 1469), S. 26. – UAG: Med. Dek. et Prom. 1810: prima litterarum rudimenta in<br />

paterno domo una cum fratribus didici. dein vero duodecimo aetatis anno Gymnasium nostrae urbis. – Vgl. auch:<br />

Geiger (wie Anm. 2057), S. 3 und S. 9.<br />

1482 Zu von Segners Taktik seine Kinder vor schlechtem Umgang zu bewahren vgl. Futaky (wie<br />

Anm. 76), S. 77.<br />

1483 UAG: Kur 4. III. b. 29, Bll. 27/28.<br />

1484 Hoffmann (wie Anm. 1469), S. 16.

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