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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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Nunmehr galt es die große Reise (grand tour) für den lippischen Erbprinzen zu<br />

organisieren und auch dafür einen zuverlässigen Begleiter zu gewinnen, denn der<br />

Erbprinz hatte sich in <strong>Göttingen</strong> wenig verändert:<br />

Er schläft gränzenlos, er fatiguiert sich zuweilen gern auf der Jagd, er reitet einmaal<br />

gern rasch, fährt mit großem Vergnügen selbst und tanzt, so lange es ihm nicht sauer<br />

wird. Er entschließt sich selten zum Schreiben, bläset die Flöte lieber als er lieset, und<br />

kann stundenlang sitzen, gehn, nichts thun. Er hat viel negative Tugenden. Er spricht<br />

so wenig aus Schüchternheit und Faulheit zugleich, dann gegen seinen Bruder, v. Funk<br />

und leider auch für die Bedienten hat er Unterhaltung. O! mein Gott, wann einst mein<br />

Sohn auch nichts würde als ein solcher Fruges consumere natus und auch dieses<br />

zerreißende Weh von mir erlebt werden müßte,<br />

schreibt die Mutter, die nach dem Ende ihrer Regentschaft das Schlimmste für<br />

ihren Sohn und das Land befürchtete. Wieder half ein Göttinger der Fürstin in<br />

ihrer Not: erleichtert vertraute sie Johann Friedrich Ludwig Hausmann, in Beckmanns<br />

Nachfolge Professor für Mineralogie und Technologie, die Begleitung des<br />

Prinzen auf seiner Reise nach Italien an. Er wird an der Seite seines Schützlings<br />

am südlichsten Punkt ihrer Reise einen Ausbruch des Vesuvs beobachten können.<br />

22. 2. 2. Tätigkeit im lippeschen Justizwesen<br />

Bereits während seiner Göttinger Zeit wurde Ballhorn 1815 zur Mitarbeit an der<br />

Justizreform des Landes Lippe herangezogen, die er durch ein umfangreiches<br />

Gutachten zur Neuordnung des desolaten lippischen Gerichtswesens entscheidend<br />

beeinflusste. 1432 Die Abschlussredaktion dieses Textes fand in <strong>Göttingen</strong><br />

statt. Für die Fürstin zählte die Justizreform zu den herausragenden Verdiensten<br />

ihrer Regentschaft. 1433 Angesichts dieser Aufgaben ist es verständlich, dass Ballhorn<br />

vom SS 1815 an, keine Lehrveranstaltungen mehr ankündigte. Er blieb aber<br />

bis 1817 Beisitzer des Spruchkollegiums. Am 22. 1. 1817 beantragte Ballhorn beim<br />

Staatsministerium in Hannover, ihn zu Ostern 1817 von seinen Pflichten als Beisitzer<br />

des Spruchkollegiums zu entbinden. Fürstin Pauline habe ihm die Stelle<br />

eines Vizedirektors bei der Justizkanzlei in Detmold angetragen. Das Ministerium<br />

entsprach am 31. 1. 1817 seinem Wunsch. 1434<br />

Ostern 1817 übersiedelte Ballhorn mit seiner Frau und vier Kindern nach Detmold.<br />

Mittlerweile 43 Jahre alt, hatte er keine Chancen auf eine Berufung im<br />

Rahmen einer akademischen Karriere. Sein Gang durch zwei Fakultäten und seine<br />

berufliche Tätigkeit in unterschiedlichen Feldern hatten Zeit gekostet und in seiner<br />

mageren Veröffentlichungsliste fehlten Publikationen, die ihn an andern Universitäten<br />

hätten bekannt machen können. Eine auskömmliche, geachtete und<br />

interessante gelehrte Tätigkeit in der Praxis entsprach wahrscheinlich eher seiner<br />

Lebensplanung als eine Karriere an einer Universität. In Detmold wurde Ballhorn-<br />

1432 Stache-Weiske (wie Anm. 1386), S. IX.<br />

1433 Kiewning (wie Anm. 1385), S. 483-495.<br />

1434 UAG: Kur 4. III. d1. 27, Bll. 15 und 16 f.

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