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Johannes Tütken - SUB Göttingen - GWDG

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lesungen zu begleiten. Sie erklärte sich im Gegenzug bereit, dem engagierten Freimauer<br />

Ballhorn die Einführung ihrer Söhne in die Göttinger Loge Augusta zum<br />

goldenen Zirkel zu erlauben. Als Logenhaus diente damals der Hardenberger Hof, in<br />

dem sich heute das Städtische Museum befindet. Von 1813 bis 1832 war der Privatdozent<br />

G. H. Oesterley [Nr. 7] Meister vom Stuhl. 1429<br />

Der Fürstin war die moralische Erziehung ihrer Söhne wichtig. Sie forderte von<br />

Ballhorn, beide vor dem Tabakrauchen zu bewahren. Oben an stand die Forderung,<br />

die Söhne vor den Sünden der Wollust zu behüten. Die Fürstin verlangte<br />

wiederholt, dies auf drastische Weise herbeizuführen, wobei die Kliniken am Ort<br />

vermutlich eine Rolle spielten. Ballhorn hatte den Söhnen ekelhafte Kranke dieser Art<br />

sehen zu lassen und ihnen mit Ernst die Folgen des Sinnenrausches so zu entwickeln, dass phisischer<br />

Abscheu zu den moralischen Wiederwillen sich gatte. 1430 Als sich Ballhorn bereit erklärte,<br />

zu den ausgemachten Bedingungen die Funktion eines Gouverneurs zu<br />

übernehmen, verlieh Fürstin Pauline ihm den Titel eines Hofrats und versprach<br />

ihm für später eine Anstellung in Detmold.<br />

Am 11. 7. 1814 wandte sich Ballhorn an das Staats- und Kabinettsministerium zu<br />

Hannover und zeigte an, dass die Fürstin zur Lippe ihm den Hofratstitel als<br />

Gunstbeweis beigelegt habe. Beide Prinzen des Hauses würden mit Anfang des<br />

nächsten Semesters die hiesige Universität beziehen. Die Fürstin und Regentin<br />

habe ihn mit der Direktion der Studien beauftragt. Da er als Mitglied des Spruchkollegiums<br />

und als Wangenheimscher Gerichtsverwalter kurhannoverscher Staatsdiener<br />

sei, bat er um die Genehmigung, den Titel gebrauchen zu dürfen. Als bloßer<br />

Privatdozent hätte Ballhorn nicht um eine Genehmigung einkommen müssen.<br />

Da man im Kuratorium fand, dass Ballhorns neue Tätigkeit der Universität zum<br />

Vorteil und Ruhm gereiche, entschied Georg IV. am 16. 8. 1814 durch eigenhändige<br />

Unterschrift, dass man unbedenklich so verfahren dürfe. 1431<br />

Im September 1814 holte Ballhorn seine zuvor eingesegneten Zöglinge in Detmold<br />

ab. Zu dem stupiden Erbprinzen fand er während seiner Mentorentätigkeit<br />

kein befriedigendes Verhältnis. Dieser sah sich unter ständiger Beaufsichtigung,<br />

und als notorischer Langschläfer wurde er durch seinen Gouverneur schon in<br />

früher Morgenstunde zur Vor- und Nachbereitung wissenschaftlicher Vorträge<br />

veranlasst. Versuche von Ballhorn, durch gesellige Ereignisse den Ernst der Gelehrsamkeit<br />

zu kompensieren, missfielen dem Erbprinzen ebenfalls, da er als<br />

mundfauler Langweiler auch für die Bälle der Honoratioren, für die Bürgerklubs<br />

und die Besuche der Freimaurerloge kein Interesse aufbrachte. Am Ende des Göttinger<br />

Studiums fuhr die Fürstin am 24. 3. 1815 ihren heimkehrenden Söhnen<br />

entgegen, froh darüber, dass die Universitätsklippe ohne die befürchteten Komplikationen<br />

überwunden war, denn neuerdings machte sich eine unruhige Kriegsgeneration<br />

an der Universität breit: Rohheit, Duelle, Spielsucht und politische Aufsässigkeit<br />

unter den Studenten nahmen zu.<br />

1429 Vgl. unten Seite 725 und Wolf (wie Anm. 80), S. 57 f.<br />

1430 Stache-Weiske (wie Anm. 1386), S. 531.<br />

1431 UAG: Kur 4. III. d1. 27, Bl. 13.

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