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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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498 Rechtsprechung<br />

der Tatsache, dass der Angeklagte auf Klingeln die<br />

Wohnungstür öffnete, war zumindest in Betracht zu<br />

ziehen, dass der Angeklagte auch als Fahrer des Tatfahrzeugs<br />

in Frage kam, weswegen dieser vor Befragung<br />

hätte gem. § 136 StPO über seine Rechte belehrt<br />

werden müssen. Da dies nicht geschah, sind entsprechende<br />

Ausführungen der vernehmenden Polizeibeamten<br />

<strong>im</strong> Wege des Zeugenbeweises nicht verwertbar,<br />

unterliegen einem Verwertungsverbot.<br />

Da ansonsten keine weiteren belastenden Umstände<br />

ersichtlich sind, war der Beschluss aufzuheben <strong>und</strong><br />

war dem Angeklagten der Führerschein zurückzugeben.<br />

93.*) 1. Ein Verschuldensvorwurf i. S. einer grob<br />

fahrlässigen Verursachung der Sicherstellung des<br />

Führerscheines i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG kann<br />

nicht an ein positives Drug-Wipe-Testergebnis<br />

be<strong>im</strong> Betroffenen geknüpft werden, wenn die daraufhin<br />

entnommene Blutprobe negativ ausfällt.<br />

Da<strong>gegen</strong> spricht die Unzuverlässigkeit des Drug-<br />

Wipe-Tests selbst als Vortest-Verfahren <strong>und</strong> die<br />

Nichtbeachtung einer naheliegenden Kontaminationsindikation<br />

be<strong>im</strong> Betroffenen <strong>und</strong> der geringen<br />

Nachweisdauer von <strong>Drogen</strong> <strong>im</strong> Blut, die <strong>gegen</strong>über<br />

der <strong>im</strong> Urin mehr als halbiert ist.<br />

2. Die Frage, ob <strong>und</strong> ggf. welcher Schaden <strong>und</strong><br />

ob dieser durch die Strafverfolgungsmaßnahme<br />

entstanden ist, wird nicht in der strafgerichtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>entscheidung geprüft, sondern ist dem Betragsverfahren<br />

vorbehalten.<br />

1. Amtsgericht Bremen,<br />

Beschluß vom 22. September 2003 – 94 Gs 123/03 –<br />

2. Landgericht Bremen,<br />

Beschluß vom 24. Februar 2004 – 11 Qs 350/03 –<br />

Aus den Gründen:<br />

1. Amtsgericht Bremen<br />

Die Staatsanwaltschaft Bremen hat <strong>gegen</strong> den Beschuldigten<br />

ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts<br />

der Trunkenheit <strong>im</strong> Verkehr geführt. Im Rahmen<br />

dieses Ermittlungsverfahrens haben am 21.06.2003 Polizeibeamte<br />

den Führerschein des Beschuldigten sichergestellt.<br />

Durch Verfügung vom 11.08. 2003 hat die Staatsanwaltschaft<br />

Bremen das Ermittlungsverfahren gemäß<br />

§ 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Bereits mit Verfügung<br />

vom 18. 07.2003 wurde die Herausgabe des Führerscheins<br />

an den Beschuldigten angeordnet.<br />

Die bezeichnete Sicherstellung ist nach § 2 Abs. 2<br />

Nr. 4 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen<br />

(StrEG) entschädigungsfähig.<br />

Gründe, die zum Ausschluß oder zur Versagung der<br />

Entschädigung führen könnten (§§ 5, 6 StrEG), sind<br />

nicht ersichtlich. Insbesondere kann dem Beschuldigten<br />

nicht vorgeworfen werden, die Sicherstellung<br />

i. S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 StrEG grob fahrlässig verursacht<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

zu haben. Der Beschuldigte ist anlässlich einer Verkehrskontrolle<br />

angehalten worden. Da die einschreitenden<br />

Polizeibeamten seine körperlichen Befindlichkeiten,<br />

die situativ bedingt gewesen sein mögen, in<br />

Richtung eines <strong>Drogen</strong>konsums deuteten, absolvierte<br />

er auf deren Angebot hin einen freiwilligen Drug-<br />

Wipe-Test, der positiv in Bezug auf Cannabiskonsum<br />

ausfiel. Dieses Ergebnis muss offensichtlich falsch gewesen<br />

sein, da die Untersuchung der dem Beschuldigten<br />

entnommenen Blutprobe zu dem Ergebnis führte,<br />

dass <strong>Drogen</strong> nicht nachweisbar seien. Ein solcher<br />

falsch positiver Test aber kann dem Beschuldigten<br />

nicht angelastet werden: Darüber hinaus hat der Beschuldigte<br />

sich ausweislich des Berichts der einschreitenden<br />

Polizeibeamten vor Ort nur noch dahingehend<br />

geäußert, dass er nichts genommen habe. Das alles<br />

müsse hier nur ein Witz sein. Auch dieser Äußerung ist<br />

nicht zu entnehmen, dass der Beschuldigte die Sicherstellung<br />

des Führerscheins in vorwerfbarer Weise verursacht<br />

hat.<br />

Nach herrschender <strong>und</strong> zutreffender Meinung wird<br />

die Frage, ob <strong>und</strong> ggf. welcher Schaden <strong>und</strong> ob dieser<br />

durch die Strafverfolgungsmaßnahme entstanden ist,<br />

nicht in der strafgerichtlichen Gr<strong>und</strong>entscheidung geprüft<br />

(vgl. Kleinknecht/Meyer, StPO, 41. Auflage, A 5<br />

StrEG, § 8 Rdnr. 1 m. w. N.); diese Prüfung ist dem Betragsverfahren<br />

vorbehalten.<br />

Deswegen ist auf den fristgerechten Antrag des bevollmächtigten<br />

Verteidigers des Beschuldigten die<br />

Entschädigungspflicht der Staatskasse dem Gr<strong>und</strong>e<br />

nach festzustellen.<br />

2. Landgericht Bremen<br />

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft<br />

Bremen <strong>gegen</strong> den Beschluss des Amtsgerichts Bremen<br />

vom 22. 09. 2003 wird aus den weiterhin zutreffenden<br />

Gründen der angefochtenen Entscheidung als<br />

unbegründet zurückgewiesen.<br />

Ergänzend weist die Kammer auf Folgendes hin:<br />

Wegen des Ausnahmecharakters von § 5 Abs. 2<br />

StREG ist bei der Beurteilung des Verhaltens des Beschuldigten<br />

ein strenger Maßstab anzulegen <strong>und</strong> in<br />

Zweifelsfällen <strong>gegen</strong> einen Ausschluss der Entschädigung<br />

zu entscheiden (vgl. Meyer Strafrechtsentschädigung,<br />

5. Aufl. Rdnr. 39 ff. zu § 5).<br />

Der Drug-Wipe-Test ist selbst als Vortest-Verfahren<br />

unzuverlässig. Bei Versuchen wurde bei positiver<br />

Reaktion lediglich in 58 % der Fälle die Wirksubstanz<br />

THC auch <strong>im</strong> Blut nachgewiesen. Auch ist der<br />

Schweißtest schon dann positiv, wenn sich die getestete<br />

Person mit Marihuana-Konsumenten <strong>im</strong> selben Raum<br />

aufgehalten hat (vgl. Mußhoff, Institut für Rechtsmedizin<br />

der Universität Bonn, in www.innovationsreport.de<br />

/html/berichte/medizin_ges<strong>und</strong>heit/bericht-0161.html).<br />

Bei der Nachweisempfindlichkeit von 3 ng/cm 2 für<br />

THC kann daher nie ausgeschlossen werden, dass mit<br />

einer Fehlerhäufigkeit von 40–50 % lediglich Kontaminationen,<br />

<strong>und</strong> nicht Konsum indiziert werden. Deswegen<br />

weist der Hersteller ausdrücklich darauf hin,<br />

dass als Probeentnahmeort nur solche genommen<br />

werden dürfen, an denen Kontaminationen ausge-

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