Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...
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462 Zur Information kraut zu einer Blutalkoholkonzentration über 2 ‰ führen könnte. WOLLERSEN et al. (Bonn) stellten ihre Untersuchungsergebnisse auf Drogen an Blutproben aus dem Verkehrsbereich zwischen 1997 und 2003 vor. Am häufigsten waren Cannabinoide (59 %), gefolgt von Benzodiazepinen, Amfetaminen und Opiaten in je ca. 20 % nachweisbar. Signifikante Anstiege der Häufigkeiten ergaben sich im Untersuchungszeitraum für Cannabis und Amfetamine. Der Frage, worauf kognitive Defizite chronisch Heroinabhängiger zurückgeführt werden können, gingen WEBER et al. durch Untersuchungen des neuronalen Zelladhäsionsmoleküls PSA-NCAM im menschlichen Hippocampus bei tödlichen Heroinvergiftungen nach. In derartigen Fällen wurde eine signifikante Erhöhung im Vergleich zum Kontrollkollektiv festgestellt. BREITMEIER et al. untersuchten Ethanoleffekte am humanen kardialen Natriumkanal und kamen zu dem Ergebnis, dass hohe Alkoholkonzentrationen die Offenwahrscheinlichkeit sowie die Verfügbarkeit der Kanäle vermindert. Dadurch können Arrhythmien getriggert werden. Ebenfalls BREITMEIER et al. untersuchten Aktivitätsänderungen des „respiratory burst“ an neutrophilen Granulozyten durch Ethanol zur Aufklärung einer erhöhten Inzidenz von Infekten bei chronischen Alkoholikern. Eine Beeinträchtigung der Funktion der neutrophilen Granulozyten als Ursache wurde diskutiert. P. SCHMIDT et al. untersuchten retrospektiv den Einfluss von Analgetika auf die Fahrsicherheit anhand von Ermittlungsakten und Gerichtsentscheidungen. 16 von 51 Verkehrsteilnehmern standen unter dem Einfluss von Analgetika, insbesondere Morphin, Codein und anderen Opiaten. Trotz Auffälligkeiten, die durch Polizeibeamte bzw. die Blutentnahmeärzte dokumentiert wurden, wurden ca. 2/3 der Fälle eingestellt. Es würde den Rahmen des Beitrags sprengen, die zahlreichen Poster, die vielfach Falldarstellungen beinhalteten, im Einzelnen zu besprechen. Von praktischer Bedeutung können allerdings die Untersuchungen zur Alkoholeliminationsrate der Heidelberger Arbeitsgruppe um HAFFNER und DETTLING sein, wobei Blut- und Atemalkoholkonzentration ebenso wie Männer und Frauen untersucht wurden. Hinsichtlich der Atemalkoholkonzentration bei Frauen haben sich Rückrechnungswerte von mindestens 0,05 mg/L/h und maximal 0,13 mg/L/h ergeben, letztere korrespondierend zu einer maximalen Eliminationsrate der Blutalkoholkonzentration von 0,28 g/kg/h. Generell wurden für Frauen etwas höhere Eliminationsraten als für Männer gefunden. Wurde allerdings das Lebergewicht (2,3 % des Körpergewichts) berücksichtigt, ergaben sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede mehr. Der Posterpreis der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin ging an die Bonner Arbeitsgruppe um MUSSHOFF und MADEA für die Entwicklung einer Nachweismethode von Succinylcholin und seinem Metaboliten im biologischen Material und die professionelle Darstellung. Wie dargestellt reicht das Spektrum der wissenschaftlichen Beiträge im Bereich Alkohologie, Drogen- und Medikamentenbeeinflussung von der Grundlagenforschung bis zur anwendungsorientierten Untersuchung und Relevanz für die forensische Praxis. Die wissenschaftlich sehr bedeutsame Hamburger Tagung lässt erwarten, dass auch auf der nächsten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin – vom 26. bis 28. 09. 2006 in Innsbruck – wieder verkehrsmedizinisch und rechtsmedizinisch relevante Ergebnisse präsentiert werden. Prof. Dr. Herbert Käferstein, Köln BLUTALKOHOL VOL. 42/2005
Zur Information Zur Grenzwertproblematik bei der Atemalkoholmessung und beim Drogennachweis * ) Unterhaltungsmusiker, die einen erfolgreichen Hit gelandet haben, unterliegen Zeit ihres Lebens dem Zwang zur Reprise. Ähnlich ergeht es mir als Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin. So singe ich seit Jahren unverdrossen das hohe Lied der Rechtsmedizin und beklage bei jeder sich bietenden Gelegenheit den fortgesetzten Kahlschlag und dessen negative Folgen für Justiz und Rechtsstaat. Unverdrossen deshalb, weil ich die Hoffnung nicht aufgegeben habe, mit kritischen Anmerkungen zumindest das schlechte Gewissen der Verantwortlichen zu befördern. Außerdem bin ich mir natürlich bewusst, dass Ihnen der stete Zuspruch aus den höheren Etagen der Justiz gut tut. Die Wahl des Generalbundesanwalts als zweitem Träger der Fritz-Strassmann-Medaille unterstreicht dies in einer für mich ehrenden Weise. Ich danke der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin für diese Auszeichnung. Ich freue mich darüber. Denn Zeit meines Berufslebens hat mich der Blick über den Tellerrand des eigenen Fachgebietes gereizt. Das gilt für das Verkehrsrecht mit seinen verwandten Disziplinen und das gilt im besonderen Maße für die Rechtsmedizin. Seit Studienzeiten, seit den ersten staatsanwaltschaftlichen Gehversuchen und insbesondere in der Zeit, in der ich das Kapitaldezernat der Staatsanwaltschaft Kiel bearbeiten durfte, war ich der Rechtsmedizin und der forensischen Psychiatrie verbunden. Damals ist mir die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit von Justiz und Rechtsmedizin sozusagen am eigenen Verfahren klar geworden. Inzwischen habe ich allerdings die Erfahrung gemacht, dass es einer engen Kooperation nicht nur am konkreten Fall, sondern auch bei der Erarbeitung fachübergreifender rechtlicher oder rechtspolitischer Positionen bedarf. In welchem Maße Sprachlosigkeit oder mangelndes Verständnis der gegenseitigen Argumente Ressourcen binden, Streit provozieren und vernünftige Lösungen blockieren können, belegt die Geschichte der Atemalkoholmessung in eindrucksvoller Weise. In der berechtigten Sorge, ein qualitativ anerkanntes Instrumentarium und damit auch eine kontinuierlich sprudelnde Einnahmequelle der Institute zu gefährden, zog die Zunft der Rechtsmediziner nahezu einmütig gegen die Atemalkoholmessung zu Felde. Gewiss, die Argumente hatten und haben durchweg bis heute Gewicht: Probleme der Rückrechnung, die an der Blutalkoholkonzentration festgemachten Grenzen der Fahruntüchtigkeit und die allenfalls eingeschränkte Kompatibilität der Messergebnisse nötigen zu der Erkenntnis, bei der Messung von Atemalkohol und Blutalkohol handelt es sich um zwei unterschiedliche Seiten derselben Medaille. Das heißt, alle Versuche, beide Methoden unter ein Einheitsjoch zu zwingen, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Auf der anderen Seite hat die Messung des Atemalkohols bei bestimmten Konstellationen durchaus ihre unbestreitbaren Vorteile. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, zu welchem Zweck die jeweilige Technik zum Einsatz gelangt. Gilt es nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs, das heißt unter Anwendung des Zweifelssatzes, den Grad alkoholischer Beeinflussung zur Bestimmung der Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 316 StGB festzustellen, bedarf es ohne Frage exakter Werte unter Abzug von Sicherheitszuschlägen. Bestimmt dagegen der Gesetzgeber selbst, sei es im * ) Auszugsweise Wiedergabe der Dankesrede des Generalbundesanwalts Kay Nehm auf der 84. Jahrestagung der DGRM anlässlich der Verleihung der „Fritz-Strassmann-Medaille“. 463 BLUTALKOHOL VOL. 42/2005
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Zur Grenzwertproblematik bei der Atemalkoholmessung <strong>und</strong> be<strong>im</strong><br />
<strong>Drogen</strong>nachweis * )<br />
Unterhaltungsmusiker, die einen erfolgreichen Hit gelandet haben, unterliegen Zeit ihres<br />
Lebens dem Zwang zur Reprise. Ähnlich ergeht es mir als Ehrenmitglied der Deutschen<br />
Gesellschaft für Rechtsmedizin. So singe ich seit Jahren unverdrossen das hohe Lied der<br />
Rechtsmedizin <strong>und</strong> beklage bei jeder sich bietenden Gelegenheit den fortgesetzten Kahlschlag<br />
<strong>und</strong> dessen negative Folgen für Justiz <strong>und</strong> Rechtsstaat. Unverdrossen deshalb, weil<br />
ich die Hoffnung nicht aufgegeben habe, mit kritischen Anmerkungen zumindest das<br />
schlechte Gewissen der Verantwortlichen zu befördern. Außerdem bin ich mir natürlich<br />
bewusst, dass Ihnen der stete Zuspruch aus den höheren Etagen der Justiz gut tut.<br />
Die Wahl des Generalb<strong>und</strong>esanwalts als zweitem Träger der Fritz-Strassmann-Medaille<br />
unterstreicht dies in einer für mich ehrenden Weise. Ich danke der Deutschen Gesellschaft<br />
für Rechtsmedizin für diese Auszeichnung. Ich freue mich darüber. Denn Zeit meines Berufslebens<br />
hat mich der Blick über den Tellerrand des eigenen Fachgebietes gereizt. Das<br />
gilt für das Verkehrsrecht mit seinen verwandten Disziplinen <strong>und</strong> das gilt <strong>im</strong> besonderen<br />
Maße für die Rechtsmedizin. Seit Studienzeiten, seit den ersten staatsanwaltschaftlichen<br />
Gehversuchen <strong>und</strong> insbesondere in der Zeit, in der ich das Kapitaldezernat der Staatsanwaltschaft<br />
Kiel bearbeiten durfte, war ich der Rechtsmedizin <strong>und</strong> der forensischen Psychiatrie<br />
verb<strong>und</strong>en. Damals ist mir die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit von Justiz<br />
<strong>und</strong> Rechtsmedizin sozusagen am eigenen Verfahren klar geworden. Inzwischen habe ich<br />
allerdings die Erfahrung gemacht, dass es einer engen Kooperation nicht nur am konkreten<br />
Fall, sondern auch bei der Erarbeitung fachübergreifender rechtlicher oder rechtspolitischer<br />
Positionen bedarf. In welchem Maße Sprachlosigkeit oder mangelndes Verständnis<br />
der <strong>gegen</strong>seitigen Argumente Ressourcen binden, Streit provozieren <strong>und</strong> vernünftige<br />
Lösungen blockieren können, belegt die Geschichte der Atemalkoholmessung in eindrucksvoller<br />
Weise.<br />
In der berechtigten Sorge, ein qualitativ anerkanntes Instrumentarium <strong>und</strong> damit auch<br />
eine kontinuierlich sprudelnde Einnahmequelle der Institute zu gefährden, zog die Zunft<br />
der Rechtsmediziner nahezu einmütig <strong>gegen</strong> die Atemalkoholmessung zu Felde. Gewiss,<br />
die Argumente hatten <strong>und</strong> haben durchweg bis heute Gewicht: Probleme der Rückrechnung,<br />
die an der <strong>Blutalkohol</strong>konzentration festgemachten Grenzen der Fahruntüchtigkeit<br />
<strong>und</strong> die allenfalls eingeschränkte Kompatibilität der Messergebnisse nötigen zu der Erkenntnis,<br />
bei der Messung von Atemalkohol <strong>und</strong> <strong>Blutalkohol</strong> handelt es sich um zwei<br />
unterschiedliche Seiten derselben Medaille. Das heißt, alle Versuche, beide Methoden<br />
unter ein Einheitsjoch zu zwingen, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Auf der<br />
anderen Seite hat die Messung des Atemalkohols bei best<strong>im</strong>mten Konstellationen durchaus<br />
ihre unbestreitbaren Vorteile. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, zu welchem<br />
Zweck die jeweilige Technik zum Einsatz gelangt.<br />
Gilt es nach den Vorgaben des <strong>B<strong>und</strong></strong>esgerichtshofs, das heißt unter Anwendung des<br />
Zweifelssatzes, den Grad alkoholischer Beeinflussung zur Best<strong>im</strong>mung der Fahruntüchtigkeit<br />
<strong>im</strong> Sinne des § 316 StGB festzustellen, bedarf es ohne Frage exakter Werte unter<br />
Abzug von Sicherheitszuschlägen. Best<strong>im</strong>mt da<strong>gegen</strong> der Gesetzgeber selbst, sei es <strong>im</strong><br />
* ) Auszugsweise Wiedergabe der Dankesrede des Generalb<strong>und</strong>esanwalts Kay Nehm auf der 84. Jahrestagung der<br />
DGRM anlässlich der Verleihung der „Fritz-Strassmann-Medaille“.<br />
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