Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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410 Rechtsprechung tigen Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheine unvereinbar. Nach der auf Vorlagefrage eines deutschen Strafgerichts ergangenen Entscheidung des EuGH kann die Nichtanerkennung des niederländischen Führerscheins des Antragstellers nicht auf die Vorschrift des § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV gestützt werden, weil diese Norm wegen des ihr entgegenstehenden vorrangigen Gemeinschaftsrechts im Hinblick auf im EU-Ausland ausgestellte Führerscheine unanwendbar ist (s. im Einzelnen EuGH, DAR 2004, 333 ; auch: VGH Baden- Württemberg v. 21. 06. 2004, DAR 2004, 606 f.; VG München v. 10. 05. 2004, Az.: M 6b S 04.867; VG Karlsruhe v. 18. 08. 2004, Az.: 11 K 476/03). Zwar bestimmt Art. 7 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 91/439/EWG, dass die Ausstellung eines Führerscheins vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes oder vom Nachweis der Eigenschaft als Student – während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten – im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaates abhängt. Nach der o. g. EuGH-Entscheidung ist aber die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Führerscheins hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 1 und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Wohnsitzvoraussetzung erfüllt sind, ausschließlich Sache des ausstellenden Mitgliedstaates. Die Regelung des Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 lit. b) und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG in der derzeit gültigen Fassung ist daher nach den Vorgaben des EuGH so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein die Anerkennung nicht deshalb versagen darf, weil nach den ihm vorliegenden Informationen der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaates gehabt hat. § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV kann daher der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland – generell und ohne Ausnahme – nicht im Wege stehen; für § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV verbleibt mithin kein Anwendungsbereich (Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ); einem „Aufnahmemitgliedstaat“ verbleibt im Falle eines Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip nur die Möglichkeit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 227 EGV gegen den ausstellenden Mitgliedstaat, wenn Letzterer nicht die erforderlichen Maßnahmen gegen den nach Ansicht des Aufnahmemitgliedstaates zu Unrecht erteilten Führerschein ergreift. bb) Für die Frage des Bestehens eines Rechtsschutzbedürfnisses für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt es mithin darauf an, ob dem Antragsteller von Gesetzes wegen im Hinblick auf § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV die Berechtigung fehlt, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen. Nach dieser Regelung gilt die Berechtigung des § 28 Abs. 1 FeV im Umfang der ausländischen Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Antragstellers erfüllt: Ihm ist mit Strafbefehl des Amtsgerichts X. die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen und bislang nicht von einer deutschen Behörde wiedererteilt worden. Mithin wäre ihm ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abzusprechen. Der Antragsteller hätte bereits – ohne dass es auf den Bescheid des Antragsgegners vom 27. Oktober 2004 ankäme – schon von Gesetzes wegen aufgrund § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV keine Berechtigung, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen. Ein gerichtlicher Ausspruch der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wäre für den Antragsteller ohne jeden Nutzen. Er müsste zunächst bei der Fahrerlaubnisbehörde einen Antrag auf Erteilung der Berechtigung nach § 28 Abs. 5 FeV stellen und ggf. im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO Eilrechtsschutz suchen. cc) Andererseits kann auch der Regelungskomplex gemäß § 28 Abs. 4 Nr. 3 i. V. mit Abs. 5 FeV wegen entgegenstehendem vorrangigen Gemeinschaftsrechts unanwendbar sein (vgl. EuGH v. 29. 04. 2004, DAR 2004, 333 ; VG Karlsruhe v. 18. 08. 2004, Az.: 11 K 4476/03). Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG verbürgt das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine. Dieses Prinzip darf nicht unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht eingeschränkt werden. Allerdings sieht das Gemeinschaftsrecht selbst Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG genannten Maßnahmen – Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis – angewendet wurde. Der EuGH (a. a. O.) geht ausdrücklich davon aus; dass nach Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung die Anwendung des Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht auf die Fälle beschränkt ist, in denen die Behörden eines Mitgliedstaates vom Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins mit einem Antrag auf Umtausch dieses Führerscheins befasst werden. Denn die Ausnahmeregelung soll es den Mitgliedstaaten gerade abweichend von der generellen Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ermöglichen, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Vorschriften über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden. Die Richtlinie ist also nicht auf vollständige Harmonisierung hinsichtlich der Führerscheinerteilung und -entziehung ausgerichtet, sondern enthält z. T. nur Mindestanforderungen, die einer strikteren Ausformung im Recht des einzelnen Mitgliedstaates

jedenfalls nicht grundsätzlich entgegenstehen (vgl. insofern auch Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ). Der EuGH (a. a. O.) geht jedoch davon aus, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist, u. a. weil Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG auch die Ausübung primärrechtlich garantierter Grundfreiheiten, wie z. B. der Dienstleistungsfreiheit, erleichtern soll. Nach dem EuGH-Urteil verbietet Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG daher einem Mitgliedstaat, die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins, der dem Betroffenen später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist, abzulehnen, sofern eine zusätzlich zu einer Maßnahme im Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bereits abgelaufen ist. Ein Mitgliedstaat dürfe sich nicht auf Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG berufen, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Hinsichtlich der innerstaatlichen Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die Anwendung des § 28 FeV sind in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Folgerungen gezogen worden: Nach dem Wortlaut der EuGH-Entscheidung scheint nunmehr § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV generell nicht anwendbar zu sein auf jede Konstellation, in der ein Betroffener nach innerstaatlichem Entzug im EU-Ausland eine EU-Fahrerlaubnis wiedererworben hat, wenn – wie auch im vorliegenden Fall – eine in der Entzugsentscheidung nach innerstaatlichem Recht angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis abgelaufen war, bevor der Führerschein bzw. die Fahrerlaubnis von dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist (so i. E. Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ; wohl auch VG Karlsruhe v. 18. 08. 2004, Az.: 11 K 4476/03). Hiernach wäre auch für den vorliegenden Fall die Konsequenz zu ziehen, dass der Antragsteller durch den Erwerb der holländischen Fahrerlaubnis aufgrund § 28 Abs. 1 FeV das Recht wiedererhalten hätte, Kraftfahrzeuge im Inland im Umfang der in dieser Fahrerlaubnis ausgesprochenen Berechtigung zu führen. In diesem Falle könnte ihm ein auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 27. Oktober 2004 gerichtetes Rechtsschutzbegehren nicht abgesprochen werden. Nach Geiger (DAR 2004, 342 f. sowie DAR 2004, 690 ) ist die EuGH-Entscheidung vom 29. April 2004 demgegenüber nicht dahingehend zu verstehen, dass generell und unbeschränkt eine nach Ablauf einer in Deutschland verhängten Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis ohne Rücksicht auf nationale materielle Wiedererteilungsanforderungen im Inland als gültig anzusehen ist. Eine solche Auslegung der EuGH-Entscheidung würde verkennen, dass die Voraussetzungen für die Fahrerlaubnisertei- Rechtsprechung 411 lung außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie nicht harmonisiert sind und es deshalb dem nationalen Gesetzgeber obliege zu bestimmen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um von der Wiedererlangung der Fahreignung oder Fahrfähigkeit nach Entzug ausgehen zu können. Die Entscheidung des EuGH müsse daher eingeschränkt interpretiert werden. Eine automatische Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis erfolge kraft Vorrang des Gemeinschaftsrechts nur in den Fällen, in denen eine Sperrfrist ausgesprochen worden, diese verstrichen sei und das nationale Fahrerlaubnisrecht keine weiteren Anforderungen an die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis stelle. Die vom EuGH geforderte Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV aufgrund vorrangigen Gemeinschaftsrechts (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG) im Sinne einer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zur Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat nach Ablauf einer Sperrfrist erteilten Fahrerlaubnis könne daher dann nicht gelten, wenn das nationale Recht nicht nur formale, sondern inhaltliche Anforderungen an die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis knüpfe. Dies lasse sich damit begründen, dass die Richtlinie außer allgemeinen Mindestanforderungen (vgl. insofern auch Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ) hinsichtlich der körperlichen und geistigen Tauglichkeit für das Führen von Kraftfahrzeugen in ihrem Anhang III keine materiellen Anforderungen enthalte. Deren Festlegung obliege vielmehr dem nationalen Gesetzgeber. Schreibe daher das nationale Recht z. B. vor, dass die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von der Beibringung eines (positiven) ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig ist – so etwa im Falle des Verlusts der Fahreignung wegen einer Teilnahme am Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von über 1,6 ‰, vgl. §§ 46 Abs. 3, 13 Nr. 2 lit. c) FeV, § 46 Abs. 2 FeV i.V. mit Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV –, könne nach Maßgabe nationalen Rechts (in Deutschland: § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV) dessen Fehlen der Anerkennung einer im Ausland nach Ablauf einer Sperrfrist erworbenen Fahrerlaubnis entgegen gehalten werden, ohne dass Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG entgegenstünde. Einen anderen Weg geht eine neuere Entscheidung des VGH Baden-Württemberg v. 12. 10. 2004, Az.: 10 S 1346/04. Hiernach hat die Bundesrepublik Deutschland von der Ermächtigung des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG gerade durch die Regelungen in § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 Gebrauch gemacht (VGH Mannheim v. 12. 10. 2004, Az.: 10 S 1346/04). Durch die nachträglich geschaffene Regelung des § 28 Abs. 5 FeV im Jahr 2002 und das hierin geregelte gesonderte Zuerteilungsverfahren habe die Bundesrepublik nunmehr dafür Sorge getragen, dass der jetzige Regelungskomplex gem. § 28 Abs. 4 Nr. 3 i. V. mit Abs. 5 FeV nunmehr uneingeschränkt mit Art. 1 Abs. 2 i. V. mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar sei (ablehnend insofern Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ). Denn der EuGH habe seine Entscheidung vom 29. April 2004 gerade unter Ausblendung des erst im Nachhinein geschaffenen und von Art. 8 Abs. 4 der BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

jedenfalls nicht gr<strong>und</strong>sätzlich ent<strong>gegen</strong>stehen (vgl. insofern<br />

auch Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ).<br />

Der EuGH (a. a. O.) geht jedoch davon aus, dass<br />

Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahmeregelung<br />

eng auszulegen ist, u. a. weil Art. 1 Abs. 2<br />

der Richtlinie 91/439/EWG auch die Ausübung pr<strong>im</strong>ärrechtlich<br />

garantierter Gr<strong>und</strong>freiheiten, wie z. B.<br />

der Dienstleistungsfreiheit, erleichtern soll. Nach dem<br />

EuGH-Urteil verbietet Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Art. 8<br />

Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG daher einem Mitgliedstaat,<br />

die Anerkennung der Gültigkeit eines<br />

Führerscheins, der dem Betroffenen später von einem<br />

anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist, abzulehnen,<br />

sofern eine zusätzlich zu einer Maßnahme <strong>im</strong><br />

Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angeordnete<br />

Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis<br />

<strong>im</strong> Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bereits<br />

abgelaufen ist. Ein Mitgliedstaat dürfe sich nicht auf<br />

Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG berufen, um<br />

einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine<br />

Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher<br />

von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet<br />

wurde, auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit die Anerkennung der<br />

Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr<br />

möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat<br />

ausgestellt wird. Hinsichtlich der innerstaatlichen<br />

Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die Anwendung<br />

des § 28 FeV sind in Literatur <strong>und</strong> Rechtsprechung<br />

unterschiedliche Folgerungen gezogen worden:<br />

Nach dem Wortlaut der EuGH-Entscheidung<br />

scheint nunmehr § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV generell nicht<br />

anwendbar zu sein auf jede Konstellation, in der ein<br />

Betroffener nach innerstaatlichem Entzug <strong>im</strong> EU-Ausland<br />

eine EU-Fahrerlaubnis wiedererworben hat,<br />

wenn – wie auch <strong>im</strong> vorliegenden Fall – eine in der<br />

Entzugsentscheidung nach innerstaatlichem Recht angeordnete<br />

Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis<br />

abgelaufen war, bevor der Führerschein bzw.<br />

die Fahrerlaubnis von dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt<br />

worden ist (so i. E. Otte/Kühner, NZV 2004,<br />

321 ; wohl auch VG Karlsruhe v. 18. 08. 2004,<br />

Az.: 11 K 4476/03). Hiernach wäre auch für den vorliegenden<br />

Fall die Konsequenz zu ziehen, dass der<br />

Antragsteller durch den Erwerb der holländischen<br />

Fahrerlaubnis aufgr<strong>und</strong> § 28 Abs. 1 FeV das Recht<br />

wiedererhalten hätte, Kraftfahrzeuge <strong>im</strong> Inland <strong>im</strong> Umfang<br />

der in dieser Fahrerlaubnis ausgesprochenen Berechtigung<br />

zu führen. In diesem Falle könnte ihm ein<br />

auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines<br />

Widerspruchs <strong>gegen</strong> den für sofort vollziehbar erklärten<br />

Bescheid vom 27. Oktober 2004 gerichtetes<br />

Rechtsschutzbegehren nicht abgesprochen werden.<br />

Nach Geiger (DAR 2004, 342 f. sowie DAR 2004,<br />

690 ) ist die EuGH-Entscheidung vom 29. April<br />

2004 dem<strong>gegen</strong>über nicht dahingehend zu verstehen,<br />

dass generell <strong>und</strong> unbeschränkt eine nach Ablauf einer<br />

in Deutschland verhängten Sperrfrist in einem anderen<br />

Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis ohne Rücksicht<br />

auf nationale materielle Wiedererteilungsanforderungen<br />

<strong>im</strong> Inland als gültig anzusehen ist. Eine solche<br />

Auslegung der EuGH-Entscheidung würde verkennen,<br />

dass die Voraussetzungen für die Fahrerlaubnisertei-<br />

Rechtsprechung<br />

411<br />

lung außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie<br />

nicht harmonisiert sind <strong>und</strong> es deshalb dem nationalen<br />

Gesetzgeber obliege zu best<strong>im</strong>men, welche Bedingungen<br />

erfüllt sein müssen, um von der Wiedererlangung<br />

der Fahreignung oder Fahrfähigkeit nach Entzug ausgehen<br />

zu können. Die Entscheidung des EuGH müsse<br />

daher eingeschränkt interpretiert werden. Eine automatische<br />

Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat<br />

ausgestellten Fahrerlaubnis erfolge kraft<br />

Vorrang des Gemeinschaftsrechts nur in den Fällen, in<br />

denen eine Sperrfrist ausgesprochen worden, diese<br />

verstrichen sei <strong>und</strong> das nationale Fahrerlaubnisrecht<br />

keine weiteren Anforderungen an die Wiedererteilung<br />

der Fahrerlaubnis stelle. Die vom EuGH geforderte<br />

Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 28<br />

Abs. 4 Nr. 3 FeV aufgr<strong>und</strong> vorrangigen Gemeinschaftsrechts<br />

(Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG) <strong>im</strong><br />

Sinne einer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zur<br />

Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat<br />

nach Ablauf einer Sperrfrist erteilten Fahrerlaubnis<br />

könne daher dann nicht gelten, wenn das nationale<br />

Recht nicht nur formale, sondern inhaltliche Anforderungen<br />

an die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis knüpfe.<br />

Dies lasse sich damit begründen, dass die Richtlinie<br />

außer allgemeinen Mindestanforderungen (vgl. insofern<br />

auch Otte/Kühner, NZV 2004, 321 ) hinsichtlich<br />

der körperlichen <strong>und</strong> geistigen Tauglichkeit für das<br />

Führen von Kraftfahrzeugen in ihrem Anhang III keine<br />

materiellen Anforderungen enthalte. Deren Festlegung<br />

obliege vielmehr dem nationalen Gesetzgeber. Schreibe<br />

daher das nationale Recht z. B. vor, dass die Wiedererteilung<br />

einer Fahrerlaubnis von der Beibringung eines<br />

(positiven) ärztlichen oder medizinisch-psychologischen<br />

Gutachtens abhängig ist – so etwa <strong>im</strong> Falle des<br />

Verlusts der Fahreignung wegen einer Teilnahme am<br />

Straßenverkehr mit einer <strong>Blutalkohol</strong>konzentration von<br />

über 1,6 ‰, vgl. §§ 46 Abs. 3, 13 Nr. 2 lit. c) FeV, § 46<br />

Abs. 2 FeV i.V. mit Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV –,<br />

könne nach Maßgabe nationalen Rechts (in Deutschland:<br />

§ 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV) dessen Fehlen der Anerkennung<br />

einer <strong>im</strong> Ausland nach Ablauf einer Sperrfrist<br />

erworbenen Fahrerlaubnis ent<strong>gegen</strong> gehalten werden,<br />

ohne dass Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie<br />

91/439/EWG ent<strong>gegen</strong>stünde.<br />

Einen anderen Weg geht eine neuere Entscheidung<br />

des VGH Baden-Württemberg v. 12. 10. 2004, Az.: 10<br />

S 1346/04. Hiernach hat die <strong>B<strong>und</strong></strong>esrepublik Deutschland<br />

von der Ermächtigung des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der<br />

Richtlinie 91/439/EWG gerade durch die Regelungen<br />

in § 28 Abs. 4 Nr. 3 <strong>und</strong> Abs. 5 Gebrauch gemacht<br />

(VGH Mannhe<strong>im</strong> v. 12. 10. 2004, Az.: 10 S 1346/04).<br />

Durch die nachträglich geschaffene Regelung des § 28<br />

Abs. 5 FeV <strong>im</strong> Jahr 2002 <strong>und</strong> das hierin geregelte gesonderte<br />

Zuerteilungsverfahren habe die <strong>B<strong>und</strong></strong>esrepublik<br />

nunmehr dafür Sorge getragen, dass der jetzige<br />

Regelungskomplex gem. § 28 Abs. 4 Nr. 3 i. V. mit<br />

Abs. 5 FeV nunmehr uneingeschränkt mit Art. 1 Abs. 2<br />

i. V. mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar<br />

sei (ablehnend insofern Otte/Kühner, NZV 2004,<br />

321 ). Denn der EuGH habe seine Entscheidung<br />

vom 29. April 2004 gerade unter Ausblendung des erst<br />

<strong>im</strong> Nachhinein geschaffenen <strong>und</strong> von Art. 8 Abs. 4 der<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>

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