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Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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410 Rechtsprechung<br />

tigen Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat<br />

ausgestellten Führerscheine unvereinbar. Nach<br />

der auf Vorlagefrage eines deutschen Strafgerichts ergangenen<br />

Entscheidung des EuGH kann die Nichtanerkennung<br />

des niederländischen Führerscheins des Antragstellers<br />

nicht auf die Vorschrift des § 28 Abs. 4<br />

Nr. 2 FeV gestützt werden, weil diese Norm wegen des<br />

ihr ent<strong>gegen</strong>stehenden vorrangigen Gemeinschaftsrechts<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf <strong>im</strong> EU-Ausland ausgestellte<br />

Führerscheine unanwendbar ist (s. <strong>im</strong> Einzelnen<br />

EuGH, DAR 2004, 333 ; auch: VGH Baden-<br />

Württemberg v. 21. 06. 2004, DAR 2004, 606 f.; VG<br />

München v. 10. 05. 2004, Az.: M 6b S 04.867; VG<br />

Karlsruhe v. 18. 08. 2004, Az.: 11 K 476/03).<br />

Zwar best<strong>im</strong>mt Art. 7 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie<br />

91/439/EWG, dass die Ausstellung eines Führerscheins<br />

vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes<br />

oder vom Nachweis der Eigenschaft als Student<br />

– während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten<br />

– <strong>im</strong> Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaates<br />

abhängt. Nach der o. g. EuGH-Entscheidung ist<br />

aber die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung<br />

des Führerscheins hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 1<br />

<strong>und</strong> Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen<br />

Wohnsitzvoraussetzung erfüllt sind, ausschließlich<br />

Sache des ausstellenden Mitgliedstaates. Die Regelung<br />

des Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1<br />

lit. b) <strong>und</strong> Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG in der derzeit<br />

gültigen Fassung ist daher nach den Vorgaben des<br />

EuGH so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einem von<br />

einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein<br />

die Anerkennung nicht deshalb versagen darf,<br />

weil nach den ihm vorliegenden Informationen der<br />

Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung<br />

des Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht<br />

<strong>im</strong> Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaates<br />

gehabt hat. § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV kann daher der Berechtigung<br />

zum Führen von Kraftfahrzeugen <strong>im</strong> Inland<br />

– generell <strong>und</strong> ohne Ausnahme – nicht <strong>im</strong> Wege<br />

stehen; für § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV verbleibt mithin kein<br />

Anwendungsbereich (Otte/Kühner, NZV 2004, 321<br />

); einem „Aufnahmemitgliedstaat“ verbleibt <strong>im</strong><br />

Falle eines Verstoßes <strong>gegen</strong> das Wohnsitzprinzip nur<br />

die Möglichkeit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens<br />

nach Art. 227 EGV <strong>gegen</strong> den ausstellenden<br />

Mitgliedstaat, wenn Letzterer nicht die erforderlichen<br />

Maßnahmen <strong>gegen</strong> den nach Ansicht des<br />

Aufnahmemitgliedstaates zu Unrecht erteilten Führerschein<br />

ergreift.<br />

bb) Für die Frage des Bestehens eines Rechtsschutzbedürfnisses<br />

für einen Antrag nach § 80 Abs. 5<br />

VwGO kommt es mithin darauf an, ob dem Antragsteller<br />

von Gesetzes wegen <strong>im</strong> Hinblick auf § 28<br />

Abs. 4 Nr. 3 FeV die Berechtigung fehlt, Kraftfahrzeuge<br />

<strong>im</strong> Inland zu führen. Nach dieser Regelung gilt die<br />

Berechtigung des § 28 Abs. 1 FeV <strong>im</strong> Umfang der ausländischen<br />

Berechtigung Kraftfahrzeuge <strong>im</strong> Inland zu<br />

führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,<br />

denen die Fahrerlaubnis <strong>im</strong> Inland vorläufig<br />

oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar<br />

oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde<br />

entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong><br />

bestandskräftig versagt worden ist oder denen die<br />

Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist,<br />

weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet<br />

haben. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich<br />

des Antragstellers erfüllt: Ihm ist mit Strafbefehl des<br />

Amtsgerichts X. die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen<br />

<strong>und</strong> bislang nicht von einer deutschen Behörde<br />

wiedererteilt worden. Mithin wäre ihm ein Rechtsschutzbedürfnis<br />

für einen Antrag auf Wiederherstellung<br />

der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs<br />

abzusprechen. Der Antragsteller hätte bereits – ohne<br />

dass es auf den Bescheid des Antragsgegners vom<br />

27. Oktober 2004 ankäme – schon von Gesetzes<br />

wegen aufgr<strong>und</strong> § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV keine Berechtigung,<br />

<strong>im</strong> Inland Kraftfahrzeuge zu führen. Ein gerichtlicher<br />

Ausspruch der Wiederherstellung der aufschiebenden<br />

Wirkung wäre für den Antragsteller ohne jeden<br />

Nutzen. Er müsste zunächst bei der Fahrerlaubnisbehörde<br />

einen Antrag auf Erteilung der Berechtigung<br />

nach § 28 Abs. 5 FeV stellen <strong>und</strong> ggf. <strong>im</strong> Wege eines<br />

Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung<br />

gem. § 123 VwGO Eilrechtsschutz suchen.<br />

cc) Andererseits kann auch der Regelungskomplex<br />

gemäß § 28 Abs. 4 Nr. 3 i. V. mit Abs. 5 FeV wegen<br />

ent<strong>gegen</strong>stehendem vorrangigen Gemeinschaftsrechts<br />

unanwendbar sein (vgl. EuGH v. 29. 04. 2004, DAR<br />

2004, 333 ; VG Karlsruhe v. 18. 08. 2004,<br />

Az.: 11 K 4476/03). Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie<br />

91/439/EWG verbürgt das Prinzip der <strong>gegen</strong>seitigen<br />

Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten<br />

Führerscheine. Dieses Prinzip darf nicht unter Verstoß<br />

<strong>gegen</strong> das Gemeinschaftsrecht eingeschränkt<br />

werden. Allerdings sieht das Gemeinschaftsrecht<br />

selbst Ausnahmen vom Prinzip der <strong>gegen</strong>seitigen Anerkennung<br />

der von den Mitgliedstaaten ausgestellten<br />

Führerscheine vor. Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie<br />

91/439/EWG kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die<br />

Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von<br />

einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt<br />

wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in<br />

Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG genannten<br />

Maßnahmen – Einschränkung, Aussetzung, Entzug<br />

oder Aufhebung der Fahrerlaubnis – angewendet<br />

wurde. Der EuGH (a. a. O.) geht ausdrücklich davon<br />

aus; dass nach Sinn <strong>und</strong> Zweck der Ausnahmeregelung<br />

die Anwendung des Art. 8 Abs. 2 <strong>und</strong> 4 der Richtlinie<br />

91/439/EWG nicht auf die Fälle beschränkt ist, in<br />

denen die Behörden eines Mitgliedstaates vom Inhaber<br />

eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten<br />

Führerscheins mit einem Antrag auf Umtausch<br />

dieses Führerscheins befasst werden. Denn die Ausnahmeregelung<br />

soll es den Mitgliedstaaten gerade abweichend<br />

von der generellen Pflicht zur <strong>gegen</strong>seitigen<br />

Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten<br />

Führerscheine ermöglichen, in ihrem Hoheitsgebiet<br />

ihre nationalen Vorschriften über den Entzug,<br />

die Aussetzung <strong>und</strong> die Aufhebung der Fahrerlaubnis<br />

anzuwenden. Die Richtlinie ist also nicht auf vollständige<br />

Harmonisierung hinsichtlich der Führerscheinerteilung<br />

<strong>und</strong> -entziehung ausgerichtet, sondern enthält<br />

z. T. nur Mindestanforderungen, die einer strikteren<br />

Ausformung <strong>im</strong> Recht des einzelnen Mitgliedstaates

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