Blutalkohol 2005 - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

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398 Rechtsprechung nicht berücksichtigt, dass hinsichtlich des Klägers keine verwertbaren Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er seit der über drei Jahre zurückliegenden Straftat erneut gewalttätig geworden sei. Der Cannabiskonsum des Klägers könne die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens nicht rechtfertigen. Die Beklagte habe die Frage von Eignungsmängeln wegen Cannabiskonsums gerade nicht in die Formulierung der Fragestellung an die Gutachterstelle aufgenommen. Im Übrigen rechtfertige der gelegentliche Cannabiskonsum des Klägers ohne Bezug zu einer Verkehrsteilnahme keine Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde. Bei ihrer erneuten Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag des Klägers müsse die Beklagte deshalb davon ausgehen, dass Bedenken gegen die Fahreignung des Klägers nicht bestehen und nur noch dessen Fahrbefähigung (theoretische und praktische Fahrprüfung) zu prüfen sei. Am 03. 06. 2004 ist der Beklagten der Beschluss des Senats über die Zulassung der Berufung zugestellt worden. Mit am 09. 06. 2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte zur Begründung der Berufung vorgetragen: Die Aufforderung zur Begutachtung sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts rechtmäßig. § 2 Abs. 12 Satz 2 StVG stehe der Verwertung des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 15. 12. 1999 nicht entgegen. Das Verwaltungsgericht habe bei seinen Ausführungen zu § 2 Abs. 12 Satz 2 StVG auf den früheren Wortlaut der inzwischen geänderten Norm abgestellt. Die Erhebung, Speicherung und Nutzung der übermittelten Daten sei im Sinne von § 13 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 LDSG zulässig, weil diese Informationen zur Erfüllung der Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde, die Überprüfung der Fahreignung, erforderlich gewesen seien. Die Datenübermittlung durch die Polizei sei aufgrund von § 41 PolG erfolgt. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG regele die Ermittlungsmöglichkeiten der Fahrerlaubnisbehörde nicht abschließend. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts hätte zur Folge, dass die Behörde z. B. Kenntnisse über den Konsum von Drogen, sich nicht in Eintragungen im Verkehrs- oder Bundeszentralregister niederschlage, nicht verwerten dürfe. Auch könne es im Hinblick auf die gebotene Überprüfung der Fahreignung keine Rolle spielen, ob der Betreffende zum Zeitpunkt der Auffälligkeit noch Jugendlicher gewesen sei oder noch keinen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis gestellt habe. Aus dem Urteil des Amtsgerichts vom 15. 12. 1999 gehe immerhin hervor, dass beim Kläger entwicklungsbedingte Verzögerungen vorgelegen haben. In dem angeforderten medizinischpsychologischen Gutachten hätte geklärt werden können, ob diese entwicklungsbedingten Verzögerungen noch vorhanden seien und ob diese Auswirkungen auf die Fahreignung haben. Angesichts des dem Strafurteil zugrundeliegenden Sachverhalts habe sich die Behörde nicht mit der lapidaren Feststellung des Amtsgerichts begnügen können, beim Kläger seien schädliche Neigungen nicht zu erkennen. Aus den Gründen: Die Berufung der Angeklagten ist zulässig und begründet. BLUTALKOHOL VOL. 42/2005 Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Verfügung der Beklagten vom 27. 01. 2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. vom 18. 07. 2003 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 15. 07. 2002 auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Beklagte musste den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B wegen seiner fehlenden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ablehnen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG). Die Anordnung der Beklagten zur Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens vom 19. 11. 2002 war sowohl in formeller (1) als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht (2) rechtmäßig. Der Kläger hat jedoch eine solche Untersuchung ohne ausreichenden Grund verweigert, so dass die Beklagte bei der Entscheidung über die Erteilung einer Fahrerlaubnis von der Nichteignung des Klägers ausgehen durfte (§ 11 Abs. 8 Satz 1 1. Alt. FeV). In der Aufforderung vom 19. 11. 2002 war der Kläger entsprechend § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV auch auf die Folgen der Verweigerung des Gutachtens hingewiesen worden. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht weist der Senat aber im Hinblick auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zum Cannabiskonsum des Klägers darauf hin, dass die Anhaltspunkte für eine gelegentliche Einnahme von Cannabis durch den Kläger für die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung nicht von Bedeutung sind. Die Beklagte hatte den Aspekt der Einnahme von Cannabis in der Gutachtensanforderung vom 19. 11. 2002 gerade nicht erwähnt. Umstände, die in einer Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens nicht aufgeführt sind, können die abschließende Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde über die Verweigerung oder Entziehung der Fahrerlaubnis nur dann rechtfertigen, wenn sie unmittelbar die Ungeeignetheit des Betreffenden ungeachtet der Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens belegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 05. 07. 2001 – 3 C 13.01 –, NJW 2002, 78 [= BA 2002, 133]). Die vorliegenden Hinweise auf einen bloß gelegentlichen Cannabiskonsum des Klägers ohne den Nachweis eines Zusatzelements im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung reichen hierfür aber nicht aus. 1) Die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 19. 11. 2002 genügte zunächst den sich aus § 22 Abs. 2 Satz 4 i.V. m. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ergebenden formellen Anforderungen. Die Anordnung muss im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein und der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Die verdachtsbegründenden Umstände müssen so genau bezeichnet sein, dass es dem Betroffenen möglich ist, auch unter Heranziehung eines Rechtsanwalts abzuschätzen, ob nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung hinreichender Anlass zu der

angeordneten Überprüfung besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 05. 07. 2001 – 3 C 13.01 –, a. a. O.; Senatsbeschl. v. 24. 06. 2002 – 10 S 985/02 –, NZV 2002, 580, 581 [= BA 2002, 245]). Diesen Vorgaben wird das Schreiben der Beklagten vom 19. 11. 2002 gerecht. Mit der Angabe des Urteils des Amtsgerichts und der sich anschließenden Auseinandersetzung mit dem dort abgeurteilten Verhalten des Klägers wurde der konkrete Anlass der Gutachtensanordnung benannt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV ermöglichte dem Kläger zudem die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufforderung hinsichtlich der von der Behörde herangezogenen Ermächtigungsgrundlage. 2) Die Aufforderung vom 19. 11. 2002 entsprach auch den an sie zu stellenden materiell-rechtlichen Anforderungen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Erteilung der Fahrerlaubnis bei Straftaten, bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestehen, die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen. Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens nur rechtmäßig ist, wenn die Fahrerlaubnisbehörde hinreichend konkrete Verdachtsmomente feststellt, die einen Eignungsmangel des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers als nahe liegend erscheinen lassen (BVerfG, Beschl. v. 24. 06. 1993, BVerfGE 89, 69, 85 f. [= BA 1993, 358]; Beschl. v. 20. 06. 2002 – 1 BvR 2062/96 –, Rn. 39, 51 und 53, NJW 2002, 2378 = DVBl 2002, 1265 [= BA 2002, 362]; Beschl. v. 08. 07. 2002 – 1 BvR 2428/95 –, Rn. 7, UPR 2002, 344 [= BA 2002, 370]; BVerwG, Urt. v. 05. 07. 2001 – 3 C 13.01 –, a. a. O.). Im Gegensatz zum Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die Beklagte vom Urteil des Amtsgerichts Stuttgart zu Recht Kenntnis erlangt hatte (a), die Beklagte dieses Urteil im Rahmen der Überprüfung der Fahreignung des Klägers auch verwerten durfte (b) und im Hinblick auf dieses Urteil die Voraussetzungen von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erfüllt waren (c). a) In Bezug auf das Erfordernis einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die Übermittlung von personenbezogenen Daten (vgl. BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1983 – 1 BvR 209/83 –, BVerfGE 65, 1, 44) an die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Fahrerlaubnisbehörde bestehen gegen die Verwendung des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 15. 12. 1999 keine rechtlichen Bedenken. Die Beklagte war von der Landespolizeidirektion Stuttgart lediglich auf das Urteil des Amtsgerichts vom 15. 12. 1999 hingewiesen worden, das Urteil selbst wurde der Beklagten von der Staatsanwaltschaft S. auf Anforderung übersandt. Sowohl für die Mitteilung der Landespolizeidirektion als auch für die der Staatsanwaltschaft bestand jeweils eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Die gesetzliche Grundlage für die Mitteilung der Landespolizeidirektion, eine Dienststelle des Polizei- Rechtsprechung 399 vollzugsdienstes (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 4 PolG), an die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Fahrerlaubnisbehörde ergab sich aus § 42 PolG. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob die Übermittlung bereits auf § 42 Abs. 1 PolG gestützt werden konnte, wonach die Polizeibehörden (vgl. zum Streit über den Begriff der Polizeibehörde im Sinne von § 42 Abs. 1 PolG, Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 42, Rn. 11 und § 61, Rn. 2 ff. m. w. Nachw.) und die Dienststellen des Polizeivollzugsdienstes einander personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist. Die Beklagte, die vorliegend in ihrer Eigenschaft als örtlich zuständige Fahrerlaubnisbehörde tätig wurde, ist auch Ortspolizeibehörde (§ 62 Abs. 4 Satz 1 PolG). Selbst wenn die Beklagte, die vorliegend nicht aufgrund von Eingriffsbefugnissen des Polizeigesetzes, sondern aufgrund des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrerlaubnis-Verordnung handelte, deshalb nicht als Polizeibehörde im Sinne von § 42 Abs. 1 PolG anzusehen gewesen wäre, wäre der Hinweis der Landespolizeidirektion gegenüber der Beklagten auf das Urteil des Amtsgerichts nach § 42 Abs. 2 PolG zulässig gewesen. Das Fahrerlaubnisrecht ist verkehrsbezogenes Gefahrenabwehrrecht (BVerfGE 40, 371, 380). Die Übermittlung dieser Daten durch die Landespolizeidirektion war auch im Sinne von § 42 Abs. 2 PolG zur Wahrnehmung der Aufgaben der Beklagten als Fahrerlaubnisbehörde erforderlich. Denn das Urteil des Amtsgerichts wies auf einen Aspekt der Persönlichkeit des Klägers hin, der die von der Beklagten nach § 2 Abs. 7 StVG zu klärende Frage der Fahreignung des Klägers betraf. Auch ist die in § 38 Abs. 2 PolG i.V. m. § 5 DVO PolG geregelte Frist für die Speicherung der Daten noch nicht abgelaufen. Auch die Übermittlung der Urteilsabschrift durch die Staatsanwaltschaft S. auf Anforderung der Beklagten beruhte auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Die Heranziehung von § 481 StPO ist ausgeschlossen, weil die Beklagte jedenfalls nicht aufgrund des Polizeigesetzes handelte. Nach § 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. StPO ist aber die Erteilung einer Auskunft an eine andere öffentliche Stelle zulässig, soweit dieser Stelle in sonstigen Fällen auf Grund einer besonderen Vorschrift von Amts wegen personenbezogene Informationen aus Strafverfahren übermittelt werden dürfen. § 474 StPO regelt die Auskunftserteilung aus Akten eines Strafverfahrens für verfahrensexterne Zwecke (vgl. BT-Drucks. 14/1484, Nrn. 14 und 15, S. 25), hier die Überprüfung der Fahreignung des Klägers. Die Auskunftserteilung, über die nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO die Staatsanwaltschaft zu entscheiden hatte, konnte nach § 477 Abs. 1 StPO auch durch die Überlassung einer Abschrift aus der Akte erfolgen. Besondere Vorschrift im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. StPO, die der Staatsanwaltschaft die Übermittlung personenbezogener Daten von Amts wegen an die Beklagte gestattete, war vorliegend § 14 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b EGGVG. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EGGVG gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts dieses Gesetzes u. a. für die Über- BLUTALKOHOL VOL. 42/2005

angeordneten Überprüfung besteht (vgl. BVerwG, Urt.<br />

v. 05. 07. 2001 – 3 C 13.01 –, a. a. O.; Senatsbeschl. v.<br />

24. 06. 2002 – 10 S 985/02 –, NZV 2002, 580, 581<br />

[= BA 2002, 245]). Diesen Vorgaben wird das Schreiben<br />

der Beklagten vom 19. 11. 2002 gerecht. Mit der<br />

Angabe des Urteils des Amtsgerichts <strong>und</strong> der sich anschließenden<br />

Auseinandersetzung mit dem dort abgeurteilten<br />

Verhalten des Klägers wurde der konkrete<br />

Anlass der Gutachtensanordnung benannt. Die ausdrückliche<br />

Bezugnahme auf die Vorschrift des § 11<br />

Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV ermöglichte dem Kläger zudem<br />

die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufforderung<br />

hinsichtlich der von der Behörde herangezogenen<br />

Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage.<br />

2) Die Aufforderung vom 19. 11. 2002 entsprach<br />

auch den an sie zu stellenden materiell-rechtlichen Anforderungen.<br />

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV kann<br />

die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln<br />

zur Vorbereitung einer Entscheidung über die<br />

Erteilung der Fahrerlaubnis bei Straftaten, bei denen<br />

Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestehen,<br />

die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich<br />

anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung<br />

(medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen.<br />

Diese Best<strong>im</strong>mung trägt dem Umstand Rechnung,<br />

dass <strong>im</strong> Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG <strong>und</strong> den Gr<strong>und</strong>satz<br />

der Verhältnismäßigkeit die Anordnung zur Beibringung<br />

eines Gutachtens nur rechtmäßig ist, wenn<br />

die Fahrerlaubnisbehörde hinreichend konkrete Verdachtsmomente<br />

feststellt, die einen Eignungsmangel<br />

des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers als nahe liegend<br />

erscheinen lassen (BVerfG, Beschl. v. 24. 06. 1993,<br />

BVerfGE 89, 69, 85 f. [= BA 1993, 358]; Beschl. v.<br />

20. 06. 2002 – 1 BvR 2062/96 –, Rn. 39, 51 <strong>und</strong> 53,<br />

NJW 2002, 2378 = DVBl 2002, 1265 [= BA 2002,<br />

362]; Beschl. v. 08. 07. 2002 – 1 BvR 2428/95 –,<br />

Rn. 7, UPR 2002, 344 [= BA 2002, 370]; BVerwG,<br />

Urt. v. 05. 07. 2001 – 3 C 13.01 –, a. a. O.). Im Gegensatz<br />

zum Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus,<br />

dass die Beklagte vom Urteil des Amtsgerichts Stuttgart<br />

zu Recht Kenntnis erlangt hatte (a), die Beklagte<br />

dieses Urteil <strong>im</strong> Rahmen der Überprüfung der Fahreignung<br />

des Klägers auch verwerten durfte (b) <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />

Hinblick auf dieses Urteil die Voraussetzungen von<br />

§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erfüllt waren (c).<br />

a) In Bezug auf das Erfordernis einer ausreichenden<br />

gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage für die Übermittlung von personenbezogenen<br />

Daten (vgl. BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1983<br />

– 1 BvR 209/83 –, BVerfGE 65, 1, 44) an die Beklagte<br />

in ihrer Eigenschaft als Fahrerlaubnisbehörde bestehen<br />

<strong>gegen</strong> die Verwendung des Urteils des Amtsgerichts<br />

Stuttgart vom 15. 12. 1999 keine rechtlichen<br />

Bedenken. Die Beklagte war von der Landespolizeidirektion<br />

Stuttgart lediglich auf das Urteil des Amtsgerichts<br />

vom 15. 12. 1999 hingewiesen worden, das<br />

Urteil selbst wurde der Beklagten von der Staatsanwaltschaft<br />

S. auf Anforderung übersandt. Sowohl für<br />

die Mitteilung der Landespolizeidirektion als auch für<br />

die der Staatsanwaltschaft bestand jeweils eine ausreichende<br />

gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage.<br />

Die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage für die Mitteilung der<br />

Landespolizeidirektion, eine Dienststelle des Polizei-<br />

Rechtsprechung<br />

399<br />

vollzugsdienstes (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 4 PolG), an die<br />

Beklagte in ihrer Eigenschaft als Fahrerlaubnisbehörde<br />

ergab sich aus § 42 PolG. Dabei kann hier dahingestellt<br />

bleiben, ob die Übermittlung bereits auf § 42<br />

Abs. 1 PolG gestützt werden konnte, wonach die Polizeibehörden<br />

(vgl. zum Streit über den Begriff der Polizeibehörde<br />

<strong>im</strong> Sinne von § 42 Abs. 1 PolG, Wolf/Stephan,<br />

Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl.,<br />

§ 42, Rn. 11 <strong>und</strong> § 61, Rn. 2 ff. m. w. Nachw.) <strong>und</strong> die<br />

Dienststellen des Polizeivollzugsdienstes einander<br />

personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies zur<br />

Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist.<br />

Die Beklagte, die vorliegend in ihrer Eigenschaft als<br />

örtlich zuständige Fahrerlaubnisbehörde tätig wurde,<br />

ist auch Ortspolizeibehörde (§ 62 Abs. 4 Satz 1 PolG).<br />

Selbst wenn die Beklagte, die vorliegend nicht aufgr<strong>und</strong><br />

von Eingriffsbefugnissen des Polizeigesetzes,<br />

sondern aufgr<strong>und</strong> des Straßenverkehrsgesetzes <strong>und</strong><br />

der Fahrerlaubnis-Verordnung handelte, deshalb nicht<br />

als Polizeibehörde <strong>im</strong> Sinne von § 42 Abs. 1 PolG anzusehen<br />

gewesen wäre, wäre der Hinweis der Landespolizeidirektion<br />

<strong>gegen</strong>über der Beklagten auf das Urteil<br />

des Amtsgerichts nach § 42 Abs. 2 PolG zulässig<br />

gewesen. Das Fahrerlaubnisrecht ist verkehrsbezogenes<br />

Gefahrenabwehrrecht (BVerfGE 40, 371, 380).<br />

Die Übermittlung dieser Daten durch die Landespolizeidirektion<br />

war auch <strong>im</strong> Sinne von § 42 Abs. 2 PolG<br />

zur Wahrnehmung der Aufgaben der Beklagten als<br />

Fahrerlaubnisbehörde erforderlich. Denn das Urteil<br />

des Amtsgerichts wies auf einen Aspekt der Persönlichkeit<br />

des Klägers hin, der die von der Beklagten<br />

nach § 2 Abs. 7 StVG zu klärende Frage der Fahreignung<br />

des Klägers betraf. Auch ist die in § 38 Abs. 2<br />

PolG i.V. m. § 5 DVO PolG geregelte Frist für die<br />

Speicherung der Daten noch nicht abgelaufen.<br />

Auch die Übermittlung der Urteilsabschrift durch<br />

die Staatsanwaltschaft S. auf Anforderung der Beklagten<br />

beruhte auf einer ausreichenden gesetzlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lage. Die Heranziehung von § 481 StPO ist ausgeschlossen,<br />

weil die Beklagte jedenfalls nicht aufgr<strong>und</strong><br />

des Polizeigesetzes handelte. Nach § 474 Abs. 2<br />

Satz 1 Nr. 2 1. Alt. StPO ist aber die Erteilung einer<br />

Auskunft an eine andere öffentliche Stelle zulässig, soweit<br />

dieser Stelle in sonstigen Fällen auf Gr<strong>und</strong> einer<br />

besonderen Vorschrift von Amts wegen personenbezogene<br />

Informationen aus Strafverfahren übermittelt<br />

werden dürfen. § 474 StPO regelt die Auskunftserteilung<br />

aus Akten eines Strafverfahrens für verfahrensexterne<br />

Zwecke (vgl. BT-Drucks. 14/1484, Nrn. 14<br />

<strong>und</strong> 15, S. 25), hier die Überprüfung der Fahreignung<br />

des Klägers. Die Auskunftserteilung, über die nach<br />

dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens<br />

gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO die Staatsanwaltschaft<br />

zu entscheiden hatte, konnte nach § 477 Abs. 1<br />

StPO auch durch die Überlassung einer Abschrift aus<br />

der Akte erfolgen. Besondere Vorschrift <strong>im</strong> Sinne von<br />

§ 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. StPO, die der Staatsanwaltschaft<br />

die Übermittlung personenbezogener<br />

Daten von Amts wegen an die Beklagte gestattete, war<br />

vorliegend § 14 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b EGGVG. Nach<br />

§ 12 Abs. 1 Satz 1 EGGVG gelten die Vorschriften des<br />

Zweiten Abschnitts dieses Gesetzes u. a. für die Über-<br />

BLUTALKOHOL VOL. 42/<strong>2005</strong>

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